Pistorius sieht in US-Waffen einen "Auftrag an Deutschland"
11. Juli 2024Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius sieht die geplante Stationierung von Langstreckenwaffen der USA als Auftrag für Deutschland, selbst in derartige Waffen zu investieren. Am Rande des NATO-Gipfels hatten die Vereinigten Staaten und Deutschland in einer gemeinsamen Erklärung bekannt gegeben, dass ab 2026 wieder Marschflugkörper in die Bundesrepublik verlegt werden. Das sei zunächst "zeitweilig" geplant und solle später "dauerhaft" werden.
Da die Langstreckenwaffen "nur auf Rotationsbasis nach Deutschland kommen", sei damit "ganz klar die Erwartung der USA verbunden, dass wir selber in die Entwicklung und Beschaffung von derartigen Abstandswaffen investieren", sagte Pistorius im Deutschlandfunk. Die temporäre Stationierung werde genau die benötigte Zeit dafür geben, den Auftrag umzusetzen.
Der Minister betonte auch, dass es sich bei dem aktuellen Verteidigungslage in Deutschland um eine "durchaus ernstzunehmende Fähigkeitslücke in Europa" handle. Es sei auch "ein Bestandteil unserer Nationalen Sicherheitsstrategie, dass wir diesen Bedarf dort ausgemacht haben". Die Waffen seien zur Abschreckung gegen Russland gedacht.
Unter den Langstreckenwaffen sollen künftig auch Tomahawk-Raketen sowie Hyperschallwaffen sein, die noch entwickelt werden. Mit Tomahawks können Ziele in deutlich mehr als 2000 Kilometern Reichweite getroffen werden. Mit dieser Ankündigung wollen die USA den Angaben zufolge ihr Engagement für die NATO und die Abschreckung in Europa verdeutlichen. Die Vereinigten Staaten hatten solche Waffen mit großer Reichweite zuletzt in den 1990er Jahren in Deutschland stationiert.
Kritik kommt aus Regierungspartei
Die Grünen sehen noch Klärungsbedarf bei der zwischen Berlin und Washington vereinbarten Stationierung in Deutschland. Die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sara Nanni, forderte Bundeskanzler Olaf Scholz zu einer Erklärung über die Hintergründe und die finanziellen Aspekte der geplanten Stationierung auf: "Diese weitreichende Entscheidung steht im Kontrast zur aktuellen Haushaltseinigung und zur vergleichsweise zurückhaltenden Kommunikation über den Ernst der Lage durch Olaf Scholz selbst." Der Kanzler habe bisher nur "spärlich die tatsächliche Bedrohungslage der NATO thematisiert".
Neben den Grünen kommt Kritik auch aus den Reihen der oppositionellen Linken wie auch von BSW-Chefin Sarah Wagenknecht. Beide Parteien warnen vor einem neuen Rüstungswettlauf, der nicht die Sicherheit erhöhe, sondern im Gegenteil die Gefahr, dass Deutschland selbst zum Kriegsschauplatz werde.
ch/sti (afp, rtr)