Taiwan bleibt ein brisantes Thema bei Olympia
20. Februar 2022Huang Yu-ting war mit ihren Leistungen bei den Olympischen Winterspielen überwiegend unzufrieden. Die taiwanesische Eisschnellläuferin erzielte über 500 und 1000 Meter langsamere Zeiten als vor vier Jahren in Pyeongchang. "Aber", sagte sie der DW, sie sei "wirklich froh", dass sie in ihrem 1500-Meter-Rennen "nicht aufgegeben" habe, als sie, wie bei den 500 Metern, auf Platz 26 landete.
Das große Highlight für sie war jedoch, zusammen mit ihrem Landsmann und alpinen Skiläufer Ho Ping-jui Fahnenträgerin für ihr Land zu sein, das bei Olympia unter Chinesisch Taipeh geführt wird. "Das hatte ich nicht erwartet. Es ist wirklich eine Ehre, mit der Flagge in das Stadion einzulaufen," sagte die 33-Jährige.
Der Moment hatte eine besondere Bedeutung angesichts der Tatsache, dass Yu-ting nach Pyeongchang 2018 darüber nachgedacht hatte, ihre Karriere zu beenden. Ihr Vater stimmte sie letztendlich um. "Mir kamen fast die Tränen, als ich ins Stadion eingelaufen bin. Alle haben gejubelt und dann hältst du die Flagge und denkst dir nur: Ich kann nicht fassen, dass ich wieder hier bin," sagte sie. "Auch wenn ich keine Medaille gewonnen habe, war es eine ziemlich coole Erfahrung in meinem Leben."
"Nur ein China"
Seit 1981 treten taiwanesische Sportler unter dem "Pflaumenblütenbanner" von Chinesisch Taipeh an. Die Einführung des absichtlich zweideutigen Namens erfolgte nach jahrelangem Streit darüber, ob bei den Olympischen Spielen sowohl die Volksrepublik China als auch die Republik China (Taiwan) anerkannt werden sollten.
Chinas Politik ist klar: Die autokratisch regierte Volksrepublik sieht das demokratische Taiwan als einen regionalen Zweig seiner Nationalmannschaft. Die Versuche, die Souveränität Taiwans zu untergraben, haben unter dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping deutlich zugenommen. Deshalb bleibt weiterhin umstritten, wie taiwanesische Athleten bei den Olympischen Spielen repräsentiert sein sollen.
Das Olympische Komitee von Taiwan hatte ursprünglich angekündigt, dass seine Athleten weder an der Eröffnungs- noch an der Abschlusszeremonie der Olympischen Winterspiele in Peking teilnehmen würden - bevor es seinen Kurs änderte.
Die Gastgeber nutzten zudem bei Olympia die Gelegenheit, ihren Kurs deutlich zu machen. Yan Jiarong, eine Sprecherin des Pekinger Organisationskomitees, gab auf einem Briefing eine Erklärung zum Status Taiwans ab, die im Einklang mit Xi's "Ein-China"-Politik stand.
"Was ich sagen möchte, ist, dass es nur ein China auf der Welt gibt", sagte Yan. "Taiwan ist ein unteilbarer Teil Chinas, und das ist ein anerkannter internationaler Grundsatz." Die Regierung in Taiwan protestierte. Daraufhin berief das Internationale Olympische Komitee (IOC), das sich zu politischer Neutralität verpflichtet hat, ein Treffen mit dem Organisationskomitee ein. Politik solle aus den Spielen in Peking herausgehalten werden.
Ansturm auf Huangs Social Media Kanäle
Auf großer Bühne bleibt der Streit zwischen China und Taiwan heikel, aber ebenso im kleinen. Huang musste dies auf die harte Tour erfahren. Am 23. Januar veröffentlichte die Eisschnellläuferin ein Video von sich, in dem sie im chinesischen Trainingsoutfit einer Freundin trainiert. Das Video wurde von taiwanesischen Internetnutzern heftig kritisiert und Yins Social-Media-Kanäle wurden mit Hasskommentaren überschwemmt.
Huang reagierte, indem sie ein Musikvideo von Taylor Swift mit dem Titel "Shake it off" veröffentlichte. Als Überschrift fügte sie die Worte "Liebe Hasser, das ist für euch" an. Das Video löste eine dermaßen große Gegenreaktion aus, dass sie es wenig später wieder entfernte. Auf die Frage, warum sie das Video mit dem chinesischen Outfit überhaupt hochgeladen habe, betonte Huang, es sei harmlos gemeint gewesen. "Es ist einfach eine Freundschaft für mich. Sie hat mir den Trainingsanzug gegeben und ich habe ihn nur beim Training getragen," sagte Huang. "Ich hatte keine bösen Absichten. Ich wollte nur allen sagen: 'Hey, ich gehe zu den Olympischen Spielen.' Das ist alles."
Politische Neutralität bleibt Wunschtraum
Eines scheint klar: Wenn taiwanesische Athleten an Wettbewerben teilnehmen, stehen sie zumeist im Mittelpunkt einer sehr aufgeladenen politischen Debatte. Obwohl das IOC politisch neutral bleiben will und Athleten wie Huang anscheinend einfach nur an Wettkämpfen teilnehmen wollen, findet ein solcher Diskurs oft einen Weg in die Wettbewerbe, die sie zu schützen versuchen.
Dieser Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert von Mathias Brück.