1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Kunst

Paul Klee: "Konstruktion des Geheimnisses"

Gaby Reucher
28. Februar 2018

Paul Klee machte sich am Bauhaus viele Kunststile zu eigen, auch den Konstruktivismus der 1920er Jahre. Und doch gab er ihm ein ganz eigenes Gesicht, das auch heute noch überrascht. Eine Ausstellung auf Spurensuche.

https://p.dw.com/p/2tSUX
Paul Klee Ausstellung "Konstruktion des Geheimnisses"
Bild: Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Räume, die wie abstrakte Gemälde wirken. So habe man die Pinakothek der Moderne noch nie gesehen, meint Oliver Kase, Kurator der Ausstellung "Paul Klee. Konstruktion des Geheimnisses". Die Wände sind in Grau-Blau, Gelb oder Schwarz gehalten, geometrische graue Elemente im Raum dienen als Sitzgelegenheiten.

"Der Geist des Konstruktivismus hat die Räume total verändert", sagt Kase begeistert, "mit diesen Farben holen wir das Meisteratelier von Paul Klee in die Pinakothek." Es sind Farben und Formen, wie sie in den 1920er Jahren typisch für das sogenannte "Bauhaus" waren. 

Blick in die Ausstellungsräume
Bild: Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Foto: Haydar Koyupinar

Das Bauhaus, 1919 von dem Architekten Walter Gropius in Weimar gegründet, stand als Kunstschule für die Gleichberechtigung der Künste. Künstler und Handwerker sollten gemeinsam arbeiten, lehren und neue Ideen entwickeln. Klees Schaffensphase am Bauhaus steht im Mittelpunkt der Münchner Ausstellung. Von den rund 150 Werken, die gezeigt werden, stammen 130 teils seltene Leihgaben aus internationalen und privaten Sammlungen, auch aus den USA und Japan.

Paul Klee, universales Künstlergenie

Deutschland Paul Klee Maler
Paul Klee 1921Bild: picture-alliance/akg-images

Paul Klee, am 18. Dezember 1879 in der Schweiz geboren, gilt als einer der bedeutendsten Künstler der klassischen Moderne. Sein umfangreiches Werk folgt vielen Kunstströmungen, vom Expressionismus über den Konstruktivismus bis hin zum Surrealismus. Immer wieder hat er neue Formen und Techniken ausprobiert. Erkenntnisse aus Wissenschaft und Technik fließen in seine Werke genauso ein wie die Eindrücke von zahlreichen Reisen in den Süden.

Paul Klee sah sich als universaler Künstler, der als Dichter, Musiker, Naturforscher und Philosoph nach der göttlichen Vollkommenheit strebt. So, wie es ein Leonardo da Vinci oder ein Wolfgang von Goethe vorgelebt hatten.

Er selbst stammte aus einer Musikerfamilie, wandte sich dann aber der Malerei zu. 1911 schloss er sich der Künstlergruppe "Der blaue Reiter" um Franz Marc und Wassiliy Kandinsky an. Mit Kandinsky verband Klee auch am Bauhaus noch eine intensive Freundschaft.

Die Macht des Universums auf die Kunst

Schon damals reizte Paul Klee das Transzendentale, der Kosmos mit seinen Planeten, die als Symbole in vielen seiner Werke auftauchen. "Klee hat sich ja sehr erfolgreich stilisiert als der weltabgewandte Künstler der Versunkenheit, der nur mit den Gestirnen und dem Kosmos im Dialog steht", erläutert Kurator Oliver Kase. In seinem Tagebuch schreibt Klee: "Diesseitig bin ich gar nicht fassbar."

Roter Mond auf beiger Fläche, die einen Berg andeutet
Der rote Mond zieht sich wie ein roter Faden durch die Werke Paul KleesBild: Hickey-Robertson, Houston

Nach dem Ersten Weltkrieg machte Paul Klee auch mit kunsttheoretischen Texten auf sich aufmerksam. "Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar", schrieb er 1920 in seiner Anthologie "Schöpferische Konfession". "Diese Programmatik passt zum frühen Bauhaus, zu Johannes Itten, Lyonel Feiniger und sie passt auch zu dieser Experimentierstation für Utopien", so Oliver Kase. Ein Jahr später holte Walter Gropius Paul Klee als "Formmeister" an das Staatliche Bauhaus in Dessau.

Moderne Zeiten im Dienste der Industrie

Die 1920er Jahre der Weimarer Republik waren Jahre des Aufbruchs. Durch Auto und Telefon wuchs die Mobilität, der Informationsfluss wurde schneller. Die fortschreitende Technik und die Industrialisierung veränderte das Leben der Menschen. Gleichzeitig wuchs eine Sehnsucht nach Stille und Romantik, nach einer Welt fern der hektischen Realität. Künstler beschäftigten sich mit der Metaphysik, Opium war die Droge der Zeit.

Paul Klee Ausstellung "Konstruktion des Geheimnisses"
Verkehrte Welt: Nicht der Raum im Haus, sondern die "Häuser im Raum" von 1921 Bild: Galerie Kornfeld, Bern

Auch das Bauhaus passte sich den neuen Zeiten an, stellte sich mit praktischem Design in den Dienst der Industrie. "Das Bauhaus rückt von seinem expressionistischen Schwerpunkt am Anfang ganz stark ab und wird zu einer Architektur und Designschule, wo es um die Gesellschaft der Zukunft, um die Fortschrittsutopie geht", meint Oliver Kase. Die Idee des universalen Künstlers ist Mitte der 20er Jahre nicht mehr gefragt.

Künstler wie der Maler Johannes Itten oder der Dramaturg Lothar Schreyer verließen das Bauhaus, als es nur noch um Linien, geometrische Formen und um strenge Konstruktion ging. Paul Klee blieb. Ganze zehn Jahre.

Die Konstruktion des Geheimnisses

Warum er blieb und wie er die Zeiten des Umbruchs im wahrsten Sinne des Wortes "verarbeitete", war für Kurator Oliver Kase eine entscheidende Frage. In seinen Schriften hat sich Paul Klee dazu kaum geäußert. "Die These der Ausstellung ist, dass er das in seinen Werken abhandelt, dass seine Werke die Kommentare und die Reaktionen auf den Konstruktivismus und die Technik sind."

Gepunktete Vierecke sind mit Linien verbunden auf rosa- und gelbfarbenem Hintergrund
Linien ohne klare Perspektive - Paul Klee verwirrt mit irrationalen RäumenBild: Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Geometrische Figuren ließ Paul Klee spielerisch an Seilen tanzen in einem Raum, der keinen Anfang und kein Ende hat. So gelang es ihm in seinen Bildern, Rationalität und Mysterium zu verbinden. "Er greift diesen Rationalismus auf, aber er verknüpft ihn mit seinem eigenen Weltbild, und das ist immer noch die Dominanz des Methaphysischen, der Bezug zum Transzendenten",  erläutert Kase. Paul Klee nannte es die "Konstruktion des Geheimnisses". Ein Paradoxon, denn ein Geheimnis lässt sich nicht konstruieren. "Aber Klee schafft es, dieses Paradoxe in seinem Werk zu verknüpfen und das ist auch ein bisschen sein Betriebsgeheimnis."

Die Zeit nach dem Bauhaus

1931 verließ Paul Klee das Bauhaus und wechselte an die Kunstakademie in Düsseldorf. Dort wurde er 1933 von den Nationalsozialisten diffamiert und entlassen. Paul Klee zog sich zurück in die Schweiz, in die Berge. Mitte der 30er Jahre wurde er von einer seltenen Autoimmunkrankheit, der Sklerodermie, heimgesucht, die letztendlich zu seinem Tod im Juni 1940 führte.

Engel mit gespenstig weißem Kopf schematisch einfach gemalt
Wesen aus einer anderen Welt: Klees Todesengel von 1940Bild: Zentrum Paul Klee, Bern, Bildarchiv

Dennoch hinterließ er ein umfangreiches Spätwerk, unter anderem die bekannten großformatigen "Engelsbilder" und Werke mit Monden und Gestirnen, die in der Ausstellung zu sehen sind. Es sind Symbole, die sich wie ein roter Faden vom Frühwerk bis zum Spätwerk ziehen. Paul Klees künstlerisches Selbstverständnis vom universalen Künstlergenie, der nach dem Göttlichen strebt, hat sich auch über die Bauhaus-Zeit hinweg nicht geändert. Ein künstlerisches Selbstverständnis, das Oliver Kase gerade in der heutigen Zeit spannender denn je findet.

"Wir sind ja mit vergleichbaren Herausforderungen konfrontiert wie die 20er Jahre. Heute heißt das Informationsgesellschaft, Digitalisierung oder Selbstoptimierung", erläutert der Kurator. "Auf der anderen Seite gibt es immer noch diese Seite des Romantischen, des Mystischen, des Emotionalen. Und insofern glaube ich, dass Klee als Künstler mit seiner Herangehensweise auch eine Relevanz für unsere Gegenwart hat."

Die Ausstellung "Paul Klee. Konstrukiton des Geheimnisses" ist vom 1. März bis zum 10. Juni in der Pinakothek der Moderne in München zu sehen.