Kameruns Langzeitpräsident Präsident Paul Biya ist 90
13. Februar 2023An diesem 13. Februar sind die Blicke der Kameruner auf den kleinen Ort Mvomeka'a, etwa 80 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Yaoundé, gerichtet, wo Kameruns Langzeitpräsident vor 90 Jahren geboren wurde. Paul Biya veranstaltet dort in Begleitung seiner Frau Chantal und einer Handvoll engster Vertrauter ein pompöses Fest, ganz nach seinem Stil.
An Paul Biya scheiden sich in Kamerun die Geister: Für die einen ist er eine Institution, die die Stabilität und Einheit des Staates garantiert. Für die anderen ist er ein Despot, der weder Demokratie noch Rechtstaatlichkeit anerkennt und die Rechte von Minderheiten unterdrückt.
Autokratischer Regierungsstil
Biya regiert als Autokrat alten Stils, der Opposition gegen sich nur widerwillig duldet. 2008 änderte er sogar die Verfassung, die dem Präsidenten bis dahin nur eine begrenzte Zahl an Amtszeiten erlaubte.
2018 ließ er sich dann im Amt bestätigen. Nach offiziellen Angaben kam er damals auf über 71 Prozent der Stimmen. Aber nur 53 Prozent der 6,6 Millionen Kameruner waren überhaupt zur Wahl gegangen.
Oppositionsanhänger warfen Biya und seinen Mitstreitern Wahlbetrug vor. Der autoritäre Präsident regierte mit harter Hand, Proteste gegen das Wahlergebnis wurden brutal niedergeschlagen.
Kritiker werfen ihm vor, den Draht zur Bevölkerung längst verloren zu haben. "Biya ist blind für die Verhältnisse in Kamerun, denn unkontrollierte Macht macht blind für die Realität", sagt Jean-Pierre Bekolo, ein kamerunischer Filmregisseur, der im US-Exil lebt.
Tatsächlich sehen Kritiker Anzeichen dafür, dass sich Biya für unersetzlich hält: Er sei der einzige Garant für Stabilität, für die staatliche Einheit und für den Frieden, sagte Biya im Wahlkampf 2018 bei einem seiner seltenen Auftritte. Seine aktuelle Amtszeit endet 2025, ein Nachfolger ist jedoch nicht in Sicht.
Dschihadisten im Norden, Separatisten im Westen
Die politischen und ethnischen Spannungen zwischen dem Präsidenten-Lager und der Opposition verschärften sich nach der Wahl. Wie brisant die politische Situation ist, zeigt der Konflikt im Westen des Landes: Dort fordern Separatisten die Unabhängigkeit zweier Regionen, in denen der überwiegende Teil der englischsprachigen Bevölkerung lebt.
Etwa ein Fünftel der Kameruner gehört der anglophonen Minderheit an, die übrigen Bewohner der französischsprachigen Mehrheit. Die sprachliche Teilung des Landes ist eine Folge der Kolonialzeit. Kamerun war vor dem Ersten Weltkrieg eine deutsche Kolonie. Nach der deutschen Niederlage teilten die Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien das Land untereinander auf und setzten ihre jeweilige Sprache durch.
Biya hatte im September 2019 in den Staatsmedien einen nationalen Dialog zur Lösung des Konflikts angekündigt. Seine Botschaft: Nur er sei in der Lage, die Dschihadisten von Boko Haram im Norden und die anglophonen Separatisten im Westen wirksam zu bekämpfen: "Wir sagen allen unseren Mitbürgern in diesen gebeutelten Regionen, dass wir sie vor ihren selbsternannten Befreiern beschützen werden", rief Biya seinen Anhängern zu.
Die Spannungen sind geblieben: Tödliche Angriffe von unterschiedlichen separatistischen Milizen auf Militärposten und Fahrzeuge der kamerunischen Armee finden weiterhin statt.
Regieren per Dekret
Im Laufe der Jahre hat sich Paul Biya zunehmend aus der Tagespolitik zurückgezogen. Anstatt sich mit dem Parlament und anderen politischen Instanzen auseinanderzusetzen, regiert er immer öfter per Dekret. Öffentliche Posten wie Minister und Staatssekretäre oder Leitungspositionen in Staatsunternehmen besetzt er mit Vertrauten, die ihm gegenüber absolut loyal sind. "Absent et représenté" - "Er ist abwesend und lässt sich vertreten" nennen Oppositionelle und Kommentatoren inzwischen seinen Stil.
Dafür zieht sich Biya immer öfter ins Ausland zurück, vor allem in die Schweiz, wo er regelmäßig ausgedehnte Erholungsurlaube genießt. Nach Angaben des internationalen Rechercheverbundes OCCRP soll Biya in seiner 40-jährigen Präsidentschaft mindestens viereinhalb Jahre auf privaten Reisen verbracht haben.
"Der Luxus, den Paul Biya und die ihm nahe stehende Elite des Landes sich gönnen, steht im krassen Widerspruch zu der grassierende Armut im Lande", sagt der kamerunische Regisseur Jean-Pierre Bekolo.
Aufstieg aus bescheidenen Verhältnissen
Paul Biya stammt aus einem bescheidenen Elternhaus. Nachdem er in den 1940er-Jahren eine Missionsschule besuchte, zog es ihn in den 1950ern nach Paris, wo er studierte. 1962 holte ihn der erste Präsident Kameruns, Ahmadou Ahidjo, in die Heimat zurück und berief ihn in seine Regierung. 1975 übernahm Biya das Amt des Regierungschefs. Am 6. November 1982 kam er an der Spitze des Staates an: Zwei Tage nach dem Rücktritt Ahidjos übernahm er das Amt des Staatspräsidenten.
"Ein Amt, das er mit großem Reformeifer begann", erinnert sich Hervé Emmanuel Nkom von der inzwischen allgegenwärtigen Regierungspartei RDPC, die 1985 von Paul Biya gegründet wurde. Hervorzuheben sei vor allem Biyas Beitrag zur Modernisierung des politischen Systems Kameruns, so Nkom: "Er führte zahlreiche demokratische Reformen im Land ein: das Mehrparteiensystem, viele demokratische Freiheiten sowie einige soziale und wirtschaftliche Entwicklungen in einem nicht immer günstigen internationalen Umfeld."
Anders sieht es der kamerunische Historiker und Philosoph Achille Mbembe. Er zog 2018 eine negative Bilanz von Biyas politischem Wirken: Biya sei in allen Belangen gescheitert, sagte Mbembe im DW-Interview. Unter seiner Herrschaft seien viele wertvolle Jahre verloren gegangen - von seiner Wiederwahl sei nichts zu erwarten.
Inzwischen werden Rufe nach seinem Abtritt lauter: Denis Nkemlemo, ein Sprecher der oppositionellen Sozialdemokratischen Front, forderte 2022, Biya solle die Macht abgeben, wenn er sein Volk liebe. Er bezweifelte, dass Biya angesichts seines fortgeschrittenen Alters noch in der Lage sei, das Land zu führen.
Dies ist eine aktualisierte und ergänzte Fassung eines DW-Artikels, der erstmals im November 2018 veröffentlicht wurde.