Papst setzt Chiles Bischöfe unter Druck
18. Mai 2018Noch im Januar hatte Franziskus bei seinem Besuch in Chile den Bischof Juan Barros öffentlich vor Journalisten in Schutz genommen. Barros soll den wegen Missbrauchs verurteilten ehemaligen Priesterausbilder Fernando Karadima gedeckt haben. Später revidierte Franziskus seine Meinung. So äußerte er im April "Scham" und "Schmerz" angesichts des Leidens der Missbrauchsopfer. Später entschuldigte er sich für seine Wortwahl und leitete neue Ermittlungen zu dem Skandal ein. "Angesichts dieser schmerzlichen Vorfälle des Missbrauchs - von Minderjährigen, von Macht und von Gewissen - haben wir vertiefend sowohl ihre Schwere wie auch die tragischen Folgen, welche sie vor allem für die Opfer hatten, angeschaut", schrieb Franziskus.
Weihe trotz Vorwürfen
Die Vatikanjustiz hatte Karadima 2010 wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger in den 1980er und 1990er Jahren schuldig gesprochen. Der Papst hatte Barros 2015 trotz der gegen ihn erhobenen Vorwürfe zum Bischof von Osorno ernannt. Katholische Gruppen in Barros' Diözese verlangen vom Papst, den Bischof wegen seiner Beziehungen zu Karadima seines Amtes zu entheben.
Um nötige Reformen in die Wege zu leiten, hatte Franziskus Chiles Bischöfe zur Audienz gebeten. In seiner moderaten Art machte er unmissverständlich klar, dass sich der Zustand in der Katholischen Kirche des latainamerikanischen Landes ändern müsse. In einem vom Heiligen Stuhl veröffentlichten kurzen Schreiben an die 34 chilenischen Bischöfe "dankt" Franziskus ihnen für die kürzlich im Vatikan geführten Gespräche. Er würdigt zugleich ihre Bereitschaft zur Mitarbeit an den "kurz-, mittel- und langfristig" anstehenden "Änderungen und Entscheidungen" für die Wiederherstellung von "Gerechtigkeit und kirchlicher Gemeinschaft".
Strafen?
In dem auf Spanisch abgefassten Brief erwähnt der argentinische Papst die "feste Absicht" der chilenischen Prälaten, "die angerichteten Schäden zu reparieren". Von möglichen Bestrafungen oder Maßregelungen von Geistlichen im Zusammenhang mit der Affäre ist in dem Schreiben keine Rede.
Nach Ansicht des spanischen Theologen Jordi Bertomeu hat das Treffen "eine große Bedeutung für die gesamte Kirche". "Ich glaube, wir schreiben Geschichte", sagte Bertomeu. Zusammen mit dem maltesischen Erzbischof Charles Scicluna hatte er im Februar 64 chilenische Missbrauchsopfer befragt. Er erwarte demnächst Konsequenzen, so Bertomeu. Im Unterschied zu den Missbrauchsskandalen in den USA und in Irland gehe es in Chile nicht nur um sexuellen Missbrauch, sondern auch um den von Macht.
cgn/rb (afp, dpa, kna)