Papst trifft muslimische Spitzen
26. Mai 2014Die Begegnung fand auf dem Tempelberg statt, mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee die drittheiligste Stätte des Islam nach Mekka und Medina. Neben Mohammed Hussein (im Artikelbild links) nahm auch der Vorsitzende des Obersten Muslimrates, Ikrima Sabri, an dem Treffen teil. Franziskus sprach sich erneut für einen Gedankenaustausch zwischen den Religionen aus. Er verwies auf Abraham als gemeinsamen Stammvater von Juden, Christen und Muslimen.
Zu Beginn des Besuchs in Jerusalem besichtigte Franziskus den Felsendom. Das islamische Heiligtum erhebt sich über dem Ort, an dem der Überlieferung nach das biblische Opfer Abrahams stattfand. Bis zur Zerstörung im Jahr 70 durch die Römer befand sich an dieser Stelle der jüdische Tempel. Franziskus zog beim Betreten nach islamischer Sitte die Schuhe aus. Bei der anschließenden Begegnung mit den islamischen Spitzen warnte er vor religiös motivierter Gewalt: "Niemand gebrauche den Namen Gottes als Rechtfertigung für Gewalt. Arbeiten wir gemeinsam für die Gerechtigkeit und den Frieden."
Gebet an der Klagemauer
Danach begab sich Franziskus zur jüdischen Klagemauer, um dort zu beten. An der heiligsten Stätte der Juden steckte er dem jüdischen Brauch folgend einen Zettel mit einem Gebet in eine Ritze der Klagemauer. Die benachbarten heiligen Stätten sind religiöser Brennpunkt des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern um Jerusalem.
Der dritte und letzte Besuchstag von Franziskus im Heiligen Land steht im Zeichen des Dialogs mit Muslimen und Juden. Am Grab des Initiators des modernen Staates Israel Theodor Herzl (1860-1904) legte der Papst einen Kranz nieder.
In der Gedenkstätte Yad Vashem gedachte der Papst der sechs Millionen Opfer des Holocaust und betete für sie. In einer kurzen Ansprache nannte er den Holocaust eine "unermessliche Tragödie". Zugleich bat er Gott um die "Gnade, uns zu schämen für das, was Menschen zu tun fähig gewesen sind". Zuvor sprach Franziskus kurz mit Überlebenden des Holocaust. Dabei wurde er von Staatspräsident Schimon Peres und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu begleitet.
Friedensgebet im Vatikan
Am Sonntag hatte Franziskus hat den israelischen Präsidenten Shimon Peres und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zu einem gemeinsamen Friedensgebet in den Vatikan eingeladen. Peres und Abbas nahmen die Einladung nach Angaben des Vatikan umgehend an, die Franziskus am Sonntag bei seiner dreitägigen Nahost-Reise aussprach. Ein Datum für die Reise von Peres und Abbas in den Vatikan wurde zunächst nicht bekannt. Da Peres' Amtszeit am 15. Juli endet, wird mit dem Treffen vor diesem Termin gerechnet.
Israelis und Palästinenser dürften "nichts unversucht lassen", um zu einer Friedenslösung zu gelangen, betonte Franziskus am Sonntag kurz nach seiner Ankunft in Israel. Das Recht des Staates Israel auf eine friedliche und sichere Existenz müsse ebenso anerkannt werden wie das Recht der Palästinenser auf ein Leben in Würde mit Reisefreiheit in einem souveränen Staat. Dafür müssten sich beide Seiten unermüdlich um Dialog und Versöhnung bemühen.
Zudem würdigte Franziskus die Opfer des Holocaust und warnte vor neu aufflammender Judenfeindlichkeit. "Ich bete zu Gott, dass sich nie wieder ein solches Verbrechen ereignet", sagte der Papst in Tel Aviv. Antisemitismus dürfe in modernen Gesellschaften keinen Platz mehr haben, "egal in welcher Form er sich zeigt".
Ökumenisches Spitzentreffen
Religiöser Höhepunkt der Papst-Visite war das Zusammentreffen des katholischen Kirchenoberhauptes mit dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomäus I., am Sonntagabend in Jerusalem. In einer Erklärung bekannte sich der Papst zusammen mit dem Ökumenischen Patriarchen zu entschiedenen Bemühungen um ein Ende der Kirchenspaltung zwischen Katholiken und Orthodoxen. Darin betonen der Papst und der Patriarch ihre Hoffnung auf gemeinsame Abendmahlsfeiern von Katholiken mit Orthodoxen. Mit der Erklärung erinnerten die Kirchenoberhäupter an das Treffen zwischen Papst Paul VI. und Patriarch Athenagoras I. vor 50 Jahren in Jerusalem, das mit der Aufhebung der gegenseitigen Exkommunikation beider Kirchen aus dem Jahr 1054 den Grundstein für den Dialog legte. Das Treffen mit Bartholomäus und der anschließende ökumenische Gottesdienst in der Grabeskirche von Jerusalem waren Anlass der dreitägigen Papstreise ins Heilige Land.
kle/zam (kna, dpa, epd)