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Papst mahnt Kirche zu mehr Mitgefühl

20. September 2013

In seinem ersten großen Interview spricht Franziskus von Barmherzigkeit für Homosexuelle und Geschiedene. Er zeigt sich progressiv wie kein Papst vor ihm - und fordert mehr Einfluss für Frauen in der Kirche.

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Papst Franziskus, von der Sonne beschienen, winkt nach seiner Generalaudienz am 18. September Gläubigen zu. (Foto: TIZIANA FABI/AFP/Getty Images)
Bild: Tiziana Fabi/AFP/Getty Images

Franziskus: Kampfansage an konservativen Klerus

Die offizielle Haltung der Kirche zu Abtreibung, gleichgeschlechtlicher Heirat und Verhütung sei bekannt, so das Kirchenoberhaupt in dem Interview mit Antonio Spadaro, dem Chefredakteur der Jesuitenzeitschrift "Civiltà Cattolica". Es sei aber nicht nötig, andauernd davon zu sprechen.

Auch Homosexuelle und Geschiedene müssten "ausgehend von ihren Bedingungen" begleitet werden. Die Kirche müsse stets den "Mensch" im Blick haben.

Das Interview wurde von etwa 15 weiteren christlichen Publikationen abgedruckt, darunter die "Stimmen der Zeit" aus München. Franziskus wiederholte, was er auf dem Rückflug vom Weltjugendtag in Rio de Janeiro vor Journalisten gesagt hatte: "Wenn eine homosexuelle Person guten Willens ist und Gott sucht, wer bin bin ich, über sie zu urteilen."

Wie ein Feldlazarett

Die Kirche, forderte der Papst, müsse zuallererst "Wunden heilen und die Herzen der Gläubigen erwärmen". Sie sei wie ein Feldlazarett nach einer Schlacht, wo es unnütz sei, einen Schwerverletzten zu fragen, ob seine Cholesterinwerte in Ordnung seien.

Es sei nötig, ein neues Gleichgewicht zu finden, sonst drohe "das moralische Gebäude der Kirche wie ein Kartenhaus einzustürzen".

Auch zur Rolle der Frau äußerte sich der 76-Jährige. Die weibliche Präsenz in der Kirche müsse erweitert werden. “Der weibliche Genius", so Franziskus, "ist nötig an den Stellen, wo wichtige Entscheidungen getroffen werden.“

Begonnen hatte der christliche Journalist Spadaro das Interview mit der Frage: "Wer ist Jorge Mario Bergoglio?" Die Antwort des Papstes: "Ich bin ein Sünder. Das ist die treffendste Definition."

Nicht nur in Italien, wo die Kirche in gesellschaftspolitischen Fragen traditionell großen Einfluss hat, erregten Franziskus' Äußerungen Aufsehen. Der angesehene Mailänder "Corriere della Sera" nannte sie revolutionär, doch auch deutsche Zeitungen sprachen von einem "historischen" Interview.

de/se/mm (epd/afp/dpa)