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Papas Tochter will Peru regieren

Astrid Prange4. Juni 2016

Schafft sie es oder schafft sie es nicht? Bei der Stichwahl in Peru richten sich alle Augen auf Keiko Fujimori. Die ehemalige First Lady liefert sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Ökonomen Pedro Pablo Kuczynski.

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Peru Präsidentschaftswahlen Keiko Fujimori (Foto: Reuters/ M. Bazo)
Bild: Reuters/M. Bazo

Es ist eine Wahl zwischen zwei Regierungsstilen: autoritär-populistisch gegen konservativ-liberal. Die Kandidaten könnten unterschiedlicher kaum sein. Keiko Fujimori, 41 Jahre jung, ist ehemalige First Lady des Landes: Nach der Scheidung ihres Vaters, des damaligen peruanischen Präsidenten, war ihr als Tochter 1998 diese Rolle zugefallen. Ihr Gegner: Pedro Pablo Kuczynski, ehemaliger Wirtschafts- und Finanzminister, 77 Jahre alt.

Trotz der gegensätzlichen Persönlichkeiten verbinden die politischen Rivalen zwei Gemeinsamkeiten: Keiko Fujimori und Pedro Kuczynski sind bereits bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2011 angetreten. Und stammen beide aus Einwandererfamilien.

Jung gegen alt

"Sie verkauft sich gut, genauso wie ihr Vater, der mit dem Traktor auf die Dörfer gefahren ist und jede Brücke persönlich eingeweiht hat", räumt ihr politischer Gegenpart Kuczynski in der spanischen Tageszeitung "El País" ein. "Mein Alter ist definitiv kein Pluspunkt."

Doch der 1938 in Lima geborene Sohn eines Berliner Arztes, der während des Nationalsozialismus nach Peru emigrierte, holt auf. Die letzten Umfragen vor der Wahl am 5. Juni weisen ein technisches Patt auf. Danach kommt Keiko Fujimori auf 50,3 Prozent und Kuczynski auf 49,7 Prozent der Stimmen.

Beim ersten Wahlgang am 10. April 2016 sah das noch ganz anders aus: Fujimori führte die Umfragen mit 40 Prozent der Stimmen an, Kuczynski schaffte es mit 21 Prozent gerade noch in die Stichwahl. Die Entscheidung über den Wahlausgang liegt nun bei den Unentschiedenen. Sie stellen rund 19 Prozent der insgesamt 23 Millionen Wahlberechtigten in Peru.

Peru Präsidentschaftskandidat Pedro Pablo Kuczynski (Bild: picture-alliance/AP Images/M. Mejia)
Punktet mit Erfahrung, aber nicht mit Charme: Ex-Zentralbankchef Pedro Pablo KuczynskiBild: picture-alliance/AP Images/M. Mejia

Wünsch Dir was

Fujimori hat unterdessen die Flucht nach vorn ergriffen und wirbt mit einer Fülle von Versprechungen um die verschiedenen Interessensgruppen. Polizisten sicherte sie zu, dass sie in ihrer Freizeit wieder für private Sicherheitsfirmen arbeiten dürften. Evangelikalen versprach sie, Abtreibungen und gleichgeschlechtliche Ehen zu "bremsen". Und Milchbauen machte sie Hoffnung auf höhere Preise.

Es scheint eine peruanische Märchenstunde zu sein. Während die Bevölkerung in den Nachbarländern Venezuela, Brasilien und Argentinien unter Spardiktaten und höheren Energiepreisen ächzt, erfreut sich das Andenland wirtschaftlichen Wachstums. Nach Angaben der Weltbank wuchs Perus Wirtschaft in den vergangenen zehn Jahren um jährlich durchschnittlich 5,9 Prozent. Die Armutsrate sank zwischen 2005 und 2015 von 55 Prozent auf 22 Prozent.

Die peruanische Tageszeitung "El Comercio" hat trotz der positiven wirtschaftlichen Eckdaten für "populistische Angebote" kein Verständnis. "Vielleicht kann man den einen oder anderen Vorschlag mit bedauernswertem Unwissen entschuldigen", kommentiert das Blatt. "Bei dem Vorschlag, die Milchpreise zu kontrollieren, handelt es sich jedoch um Vorsatz."

Harte Hand oder harter Sparkurs?

Beide Präsidentschaftskandidaten kämpfen mit ihrer politischen Vergangenheit. Während Kuczynski, ehemaliger Finanzminister und Chef der peruanischen Zentralbank, als neoliberaler Marktwirtschaftler gilt, werden Keiko Fujimori antidemokratische Absichten unterstellt.

Peru Protest gegen Keiko Fujimori (Foto: Reuters/M.Bazo)
Kollektive Wut: Frauen erinnern an die Zwangssterilisierungen unter Ex-Präsident Alberto FujimoriBild: Reuters/M.Bazo

Ihr Vater, Ex-Präsident Alberto Fujimori, sitzt eine 25-jährige Haftstrafe wegen Korruption und Menschenrechtsverletzungen ab. Er regierte das Land von 1990 bis 2000. Im Jahr 1992 löste er mit Hilfe des Militärs den peruanischen Kongress auf und schwang sich zum Alleinherrscher auf.

Unter Fujimori wurde zwischen 1996 und 2000 das höchst umstrittene "Nationale Programm zur reproduktiven Gesundheit und Familienplanung" umgesetzt. Unter dem Deckmantel der Familienplanung wurden rund 300.000 Frauen aus armen Bevölkerungsschichten, insbesondere Indigenas, zwangssterilisiert.

Ende des "Leuchtenden Pfads"

Doch gerade in den abgelegenen ländlichen Andenregionen gilt Ex-Präsident Fujimori immer noch als Held, wegen seines Sieges über den "Leuchtenden Pfad". Von 1980 bis 2000 dauerte der Bürgerkrieg mit der maoistischen Guerilla, in dem 70.000 Menschen ums Leben kamen.

Die Anhänger von Keiko Fujimori hoffen darauf, dass sie ähnlich wie ihr Vater "mit harter Hand" gegen Kriminelle vorgeht. Ihre Kritiker hingegen befürchten das Comeback von Autokratie, Populismus und Klientelismus.

So warnt die Zeitung "El País" vor einer Rückkehr des Fujimori-Klans an die Macht: "Zu viele Kritiker von Keiko haben sich darauf konzentriert, sie wegen ihrer Vergangenheit anzugreifen", heißt es in einem Leitartikel. "Viel gefährlicher sind jedoch die politischen Konsequenzen ihres Wahlsieges für die Zukunft des Landes."