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Maren Ade hat Chancen auf die Goldene Palme

Jochen Kürten19. Mai 2016

Die deutsche Regisseurin hat mit "Toni Erdmann" bei den Filmfestspielen in Cannes eine Palme in Aussicht. Doch noch ist das Rennen nicht vorbei. Die Jury entscheidet Sonntag. Bei den Kritikern liegt Ade vorn.

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Frankreich Cannes Festival Regisseurin Maren Ade
Bild: Reuters/Y. Herman

Seit zwölf Jahren veröffentlicht die britische Zeitung "Screen" während der Filmfestspiele in Cannes einen sogenannten Kritikerspiegel. Darin beurteilen elf renommierte Kritiker aus aller Welt die Filme des Wettbewerbs. Vier Sterne für einen Film bedeuten bei diesem Spiel die Höchstnote. Ein Film, der von allen elf Kritikern mit dieser Auszeichnung bedacht werden würde, bekäme also die Note 4.

Maren Ades Wettbewerbsbeitrag "Toni Erdmann" führt diese Rangliste seit ein paar Tagen und damit kurz vor Schluss des Festivals souverän an. Ihr Film erreicht eine Zustimmungsnote von 3,8. Experten, die diese Liste seit ihrer Einführung vor zwölf Jahren akribisch beobachten, kommen auf lediglich einen Film, der in Cannes in diese Sphären gestoßen ist: Mike Leighs Künstlerporträt "Mr. Turner" vor zwei Jahren.

Regisseurin Ade und ihre Hauptdarstellerin Sandra Hüller in Cannes (Foto: Pascal Le Segretain/Getty Images)
Regisseurin Ade und ihre Hauptdarstellerin Sandra HüllerBild: Getty Images/P. Le Segretain

Auch die Rangliste der Fachzeitschrift "The Hollywood Reporter", die seine Kritiker ebenfalls um eine Bewertung bittet, zeigt bisher einen eindeutigen Favoriten: "Toni Erdmann" aus Deutschland. In die "Hollywood Reporter"-Wertung fließen sogar alle Filme des diesjährigen Cannes-Jahres ein, also auch die der anderen Programmsektionen.

Starke Palmenkonkurrenz zum Schluss

Zu früh sollte sich Maren Ade jedoch nicht freuen. Was die Kritiker gut finden, ist nicht immer deckungsgleich mit dem Urteil der Jury. Dafür lassen sich zahlreiche Beispiele aus den letzten Jahren finden. Und in den letzten Festivaltagen bis Samstag folgen ja auch noch einige hochkarätige Namen im Wettbewerb um die Goldene Palme: der Kanadier Xavier Dolan oder der Iraner Asghar Farhadi zum Beispiel.

"Toni Erdmann" wurde schon in viele Länder verkauft

Doch wie immer der australische Regisseur und Jurypräsident George Miller und seine Mitstreiter am Sonntag entscheiden werden, "Toni Erdmann" ist Ruhm und Ehre schon jetzt sicher. Eine Palme für Ades Film gilt als ziemlich sicher, wenn's nicht die Goldene werden sollte, stehen Miller & Co noch einige andere Preise zur Verfügung, die für die beste Regie, das beste Drehbuch, die für die Schauspieler oder auch der sogenannte Große Preis der Jury - eine Art Silbermedaille nach der Goldenen Palme.

Xavier Dolan (Foto: REUTERS/Eric Gaillard)
Sein neuer Film wird noch mit Spannung erwartet: der kanadische Regisseur Xavier DolanBild: Reuters

Die ungeheuer positive Resonanz, auf die Maren Ades dritter Spielfilm in Cannes bei der Kritik gestoßen ist, zeigt sich auch noch in anderer Hinsicht. Direkt nach der Uraufführung des Films wurden zahlreiche Verkäufe gemeldet. "Toni Erdmann" wird demnächst nicht nur in Deutschland zu sehen sein, sondern auch in vielen europäischen Ländern. Auch die US-Amerikaner können sich auf Ades Film freuen. Sony Pictures Classics erwarb die Rechte für Nordamerika.

Diskussionen um den Frauenanteil im Kino

Nach vielen Jahren Pause, in denen kein deutscher Film zum Wettbewerb nach Cannes eingeladen wurde, feiert das deutsche Kino an der Croisette einen unerwarteten Triumph. Dass dieser nach den vielen in Cannes geführten Diskussionen über die Missachtung von Regisseurinnen auch noch einer Frau zukommt, ist ein weiterer Mosaikstein in dieser phantastischen Geschichte. Jetzt heißt es nur noch Warten: Am Sonntagabend weiß die Filmwelt mehr. Wenn George Miller verkündet: "The Winner is…"