Orban will ein rechtes Europa
28. Juli 2018"Diese Wahl kann von der einzigen ernsthaften gemeinsamen europäischen Frage handeln, von der Migration", sagte der rechtskonservative Politiker in einer Rede vor Anhängern im rumänischen Kurort Baile Tusnad, wo viele ethnische Ungarn leben. "Wenn Europa über die Einwanderung entscheidet", fügte er hinzu, "dann entscheidet es auch über die europäische Elite." Diese habe nämlich bei der Bewältigung der Flüchtlingswanderungen 2015 "ihren Bankrott erklärt". Sie habe sich als unfähig erwiesen, Europa "gegen die Einwanderung zu verteidigen".
"Die christliche Demokratie ist illiberal"
Gleichzeitig zeigte er die Alternative zur jetzt herrschenden europäischen Elite auf. Diese Alternative müsse eine "christliche Demokratie" sein, die Multikulturalismus und Migration ablehne, anti-kommunistisch sei und für christliche Werte einstehe. "Die christliche Demokratie ist nicht liberal, sie ist illiberal, wenn Sie so wollen", sagte Orban. Die europäische Elite wolle den Kontinent transformieren und in eine post-christliche Ära ohne Nationen führen. Dieser Prozess müsse durch die EU-Wahlen aufgehalten werden, forderte Orban. "Wir stehen vor einem großen Moment: Wir sagen 'Auf Wiedersehen' nicht nur zur liberalen Demokratie, sondern zur Elite der 1968er."
Ähnlich wie die Rechtspopulisten in Westeuropa macht Orban die westeuropäischen Studentenrevolten von 1968 und den dadurch angestoßenen gesellschaftlichen Wandel für die Probleme der modernen und globalisierten Welt verantwortlich. Der 1963 geborene Ungar wurde zur Zeit der demokratischen Wende in Osteuropa um 1989/90 politisch aktiv.
Orban unterstützt die rechte Sammlungsbewegung von Steve Bannon
In Ungarn verfolgt Orban eine Politik der strikten Abschottung gegenüber Flüchtlingen und Migranten. Mit seiner fremdenfeindlichen und populistischen Rhetorik errang er bei Wahlen im April erneut eine Zweidrittelmehrheit im Budapester Parlament.
Die rechtsgerichtete Fidesz-Partei Orbans liegt in Ungarn in den Umfragen zur Europawahl vorn. Noch am Freitag hatte Orban die Gründung einer Anti-EU-Bewegung des früheren Beraters von US-Präsident Donald Trump, Steve Bannon, begrüßt. Bannon will bei der Wahl die rechtsgerichteten Kräfte in Europa stärken. Welche Art von Wahlkampf dann in Europa Einzug halten könnte, hat die Deutsche Welle den Publizisten und Autor Tilman Jens gefragt. Die beunruhigenden Antworten lesen Sie hier.
nob/gri (dpa, rtr)