"One Night in Miami": Treffen vier schwarzer Legenden
16. Januar 2021"One Night in Miami" beruht auf einer wahren Begebenheit: Am 25. Februar 1964 verbrachten der Bürgerrechtler Malcolm X, der Boxer Cassius Clay, der Footballspieler Jim Brown und der Soul-Sänger Sam Cooke eine Nacht in einem Motel in Miami. Sie trafen sich, um Clays überraschenden Titelgewinn in der Boxweltmeisterschaft im Schwergewicht zu feiern. Ihm war es überraschend gelungen, "Sonny" Liston zu besiegen, der damals als unschlagbarer Gegner galt. Zehn Tage später änderte der 22-jährige Boxer Cassius Clay seinen Namen: Fortan nannte er sich Muhammad Ali.
Der Film "One Night in Miami" (Start 15. Januar 2021 auf Amazon Prime) verwandelt diese historische Nacht in Fiktion und erzählt, was sich abgespielt haben könnte, als die vier Ikonen aufeinandertrafen. Ein Meisterwerk, das gute Chancen auf einen Oscar hat.
Oscar-Aussichten: Regina Kings Regiedebüt
Der Film basiert auf einem Bühnenstück von Kemp Powers und ist das Regiedebüt der Schauspielerin Regina King, die für die beste Nebenrolle in "Beale Street" (2018) mit einem Oscar ausgezeichnet wurde. Nach der Weltpremiere bei den Filmfestspielen von Venedig im September 2020 war "Beale Street" auf zahlreichen Festivals zu sehen.
Für alle Kinofans, die mit den Biografien von Malcolm X, im Film gespielt von Kingsley Ben-Adir, Cassisus Clay (Eli Goree), Jim Brown (Aldis Hodge) und Sam Cooke (Leslie Odom Jr.) nicht so vertraut sind, gibt es hier einen kurzen Überblick.
Cassius Clay alias Muhammad Ali
Cassius Clay (1942-2016) ging 1964 in die Geschichte ein, weil er als jüngster Boxer einem amtierenden Schwergewichts-Champion den Titel abnahm (inzwischen hat Mike Tyson diesen Rekord wieder gebrochen). Cassius Clay änderte seinen Namen, als er zum Islam konvertierte. Er schloss sich der Nation of Islam an, einer afroamerikanischen religiösen Bewegung, die 1930 gegründet wurde und deren selbsterklärtes Ziel darin bestand, die spirituelle, gesellschaftliche und wirtschaftliche Situation der Afroamerikaner zu verbessern.Mit dem Spitznamen "The Greatest" ("Der Größte") galt Ali nicht nur als einer der besten Boxer aller Zeiten, sondern wurde auch als kulturelle Ikone gefeiert, weil er sich als Bürgerrechtler engagierte. Muhammad Ali starb im Jahr 2016.
Malcolm X
Aufgrund einer Einbruchserie landete der als Malcolm Little geborene Bürgerrechtler (1925-1965) 1946 im Gefängnis. Sechs Jahre später wurde er wieder entlassen. Während seiner Haft verbrachte er viel Zeit mit dem Studium von Büchern. Außerdem schloss er sich der Nation of Islam an und nannte sich "Malcolm X" - das "X" steht für den "wahren afrikanischen Familiennamen", den er "nie kennenlernen konnte".
Wie es in "One Night in Miami" dargestellt wird, war Malcolm X derjenige, der Cassius Clay davon überzeugte, ebenfalls der Nation of Islam beizutreten. Am 8. März 1964 fasste Malcolm X den Entschluss, die Nation of Islam wieder zu verlassen. Vier Tage später gründete er eine eigene islamische Organisation namens "Muslim Mosque Inc." - sie sollte ein neues religiöses Zentrum werden, das sich aktiv in den afroamerikanischen Befreiungskampf einmischen wollte.
Seine Ansichten kollidierten mit denen von Martin Luther King, der eine gewaltlose Bürgerrechtsbewegung wollte. Malcolm X hingegen trat dafür ein, dass sich Schwarze "mit allen Mitteln" gegen ihre Unterdrückung zur Wehr setzen sollten. 1965, im Alter von nur 39 Jahren, wurde er während einer Rede in New York erschossen. Drei Mitglieder der Nation of Islam wurden für seinen Mord verurteilt. Inzwischen sind neue Beweise aufgetaucht, die das Urteil in Frage stellen.
Jim Brown
Der heute 84-jährige Jim Brown (geb. 1936) war von 1957 bis 1965 ein Football-Star der Cleveland Browns. Trotz seiner beeindruckenden sportlichen Erfolge litt er unter dem Rassismus, der in seinem Team herrschte.1964, während des Treffens der vier Männer in Miami, hatte Brown bereits darüber nachgedacht, nach Hollywood zu gehen. Er war 30 Jahre alt und auf dem Höhepunkt seiner Karriere, als er sich vom Football zurückzog. Nach einer Rolle in "Das dreckige Dutzend" (1967) übernahm er in den 1970-er Jahren weitere Rollen in sogenannten "Blaxploitation"-Filmen (Filme, die aus der Sicht von Afroamerikanern gedreht werden, Anmerk. d.Red.), die als Reaktion auf die Bürgerrechtsbewegung entstanden. Er spielte später auch in Filmen wie Tim Burtons "Mars Attacks!" (1996) und Oliver Stones "An jedem verdammten Sonntag" (1999) mit. Als Civil Rights-Aktivist hat Brown außerdem diverse Programme zur Förderung US-amerikanischer Minderheiten gegründet und geleitet.
Sam Cooke
Sam Cooke (1931-1964) gilt als King of Soul, der auch anderen schwarzen Musik-Legenden wie Aretha Franklin, Al Green, Stevie Wonder oder Marvin Gaye zum Erfolg verholfen hat.Als sich die vier Giganten in der Nacht vom 25. Februar 1964 treffen, ist Cooke auf dem Höhepunkt seiner Karriere angelangt. Seit 1957 hatte er eine Reihe von Hits gelandet und gerade erst einen lukrativen Fünfjahresvertrag unterschrieben. In einer Filmszene von "One Night in Miami" wirft Malcolm X dem Sänger diesen finanziellen Erfolg vor, den er innerhalb der vorherrschenden weißen Musikindustrie aufgebaut habe, und fordert ihn auf, einen radikaleren Ansatz zu wählen.
Heute ist der Sänger wohl vor allem durch seinen Song "A Change is Gonna Come" bekannt - eine Hymne der Bürgerrechtsbewegung. Sam Cooke starb am 11. Dezember 1964 im Alter von nur 33 Jahren. Er wurde von einer Motelmanagerin erschossen - angeblich aus Notwehr. Die genauen Umstände sind bis heute unklar.
Adaption: Sabine Oelze.