1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Olympia und Politik

Bei Olympia geht es nicht nur um Weltrekorde und Werbemillionen, sondern auch oft um Politik, um Krieg und Frieden - vor allem für das irakische Team.

https://p.dw.com/p/5YvP
Irak schlug Portugal im olympischen Vorrundenspiel 4:2Bild: AP

Der Traum der Menschen vom Frieden ist uralt - im antiken Olympia hatte er vor fast 3000 Jahren sogar schon Gesetzeskraft. "Und alle Welt sei rein von Mord und Verbrechen und still von Waffengeklirr", verkündeten Herolde. Alle vier Jahre ruhten dann im alten Olympia für rund drei Monate die Waffen. Der olympische Frieden, war heilig. Er garantierte, dass die Athleten und ihr Gefolge, Würdenträger, Festgesellschaften und Zuschauer sicher nach Elis kamen, wo das Sportspektakel des Altertums vom achten Jahrhundert vor bis zum vierten Jahrhundert nach Christus ausgetragen wurde.

Bühne für Demonstrationen

Brandherde der Politik haben im 20. Jahrhundert auch auf Coubertins Spiele der Neuzeit ausgestrahlt. Die Politik hat Olympia oft als Bühne für die besonders sensibilisierte Weltöffentlichkeit benutzt: 1980 boykottierte der Westen die Spiele in Moskau wegen des Einmarschs der UdSSR in Afghanistan, 1984 revanchierte sich der Ostblock mit dem Fernbleiben von den Spielen in Los Angeles.

München Olympiade 1972 Hubschauber
1972: Ausgebrannter Hubschrauber in München-FürstenfeldbruckBild: AP

Unvergessen bleiben die getöteten israelischen Sportler bei den Olympischen Spielen 1972 in München, aber auch die in den Himmel gereckten Handschuh-Fäuste der farbigen US-Sprinter Tommie Smith und John Carlos, die auf dem Siegerpodest gegen Diskriminierung protestiert. Unterdrückte Völker und Minderheiten verschafften sich Gehör; Probleme in den bilateralen Beziehungen zwischen Nationen wurden bei Olympia bewusst und gekonnt ins Spiel gebracht. Auch die Spiele in Athen werden politisiert: Unter anderem wollen Aktivisten aus Tibet gegen die Besetzung durch China protestieren, Nordkorea-Aktivisten gegen die Verletzung der Menschenrechte in ihrem Land.

"Erster Schritt von tausend Meilen"

Weiter Angriffe auf US-Truppen im Irak
Täglich gibt es Gewalt im IrakBild: AP

Besondere Bedeutung haben die Olympischen Spiele 2004 für das Team des geschundenen Irak. In der Vergangenheit sollen Sportler im Irak auf Befehl von Saddams Sohn Uday gefoltert worden sein, heute nennt Iraks NOK-Präsident Ahmed Assamarai Olympia den "ersten Schritt von tausend Meilen". Im Irak gibt es täglich Tote, Training ist oft nur unter Lebensgefahr möglich. NOK-Funktionäre werden von den Militanten als Teil der Polit-Elite und damit als Kollaborateure betrachtet. Das NOK-Gebäude in Bagdad wurde Ziel eines Bombenangriffs, es gab Tote und Verletzte. NOK-Präsident Ahmed el Samarrai überlebte am 12. Juli ein Attentat unverletzt. Dennoch: 28 Sportler reisten nach Athen - in Sydney waren es nur vier.

Internationale Hilfe im Sinne von Fair Play

Angst und Leid prägen das Leben der Sportler im Irak - wie zum Beispiel das des 26-jährigen Schwimmers Mohammed Abbas. Im Krieg versteckte sich der einstige Soldat im Haus seiner Eltern in Bagdad. Bis zum Februar konnte er überhaupt nicht trainieren. Die irakischen Olympia-Athleten konnten sich nur vernünftig auf die Spiele vorbereiten, weil sie von Nationen wie Kanada, Japan, Ägypten oder Deutschland zu Trainingsaufenthalten eingeladen worden waren und das Olympic-Solidarity-Programm des IOC mit einer Millionensumme half. Die Olympia-Anreise des Teams nach der Verabschiedung durch den Staatspräsidenten Ghazi Al-Yawar in Bagdad machten in letzter Minute die australischen Luftstreitkräfte mit einem Sonderflug möglich.

Nichts ist unmöglich

Alaa Jassim - irakische Sprinterin
Die irakische Sprinterin Alaa Jassim (rechts) in AktionBild: dpa

Dabei sein ist dann für irakischen Athleten alles. Von der zweiten olympischen Medaille in der Geschichte des Irak träumte niemand, obwohl erstmals eine Goldprämie von 25.000 Dollar ausgelobt ist. Aber dennoch ist der Irak immer wieder für Sensationen gut: Die einst von dem Deutschen Bernd Stange betreute Fußball-Olympiaauswahl, die ohne jede Vorbereitung millionenschwere Nationen wie Kuwait auf dem Weg nach Athen in den Schatten stellte, lieferte die ganz große Überraschung der Spiele und besiegte das portugiesische Team um Superstar Christiano Ronaldo mit 4:2. "Das war das beste Spiel, was ich je von einer irakischen Mannschaft gesehen habe", sagte Stange, als sich seine ehemaligen Schützlinge im griechischen Patras in den Armen lagen. (sams)

Irak-Mannschaftsfoto mit Trainer Bernd Stange
Mannschaftsfoto mit Trainer Bernd StangeBild: dpa