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OECD halbiert Wachstumsprognose für Deutschland

5. Februar 2024

Die Industriestaatenorganisation OECD hat die Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft im laufenden Jahr merklich angehoben. Für Deutschland sieht es eher düster aus.

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Ein Lkw mit einem Container verlässt den Containerhafen Bremerhaven
Für die Weltwirtschaft sieht es wieder besser aus, für die deutsche Volkswirtschaft eher nichtBild: Jochen Tack/picture alliance

Die deutsche Wirtschaft wird nach Prognose der Industriestaaten-Organisation (OECD) auch in diesem Jahr beim Wachstum international hinterherhinken. Sie halbierte am Montag ihre Prognose für den Anstieg des Bruttoinlandsproduktes auf 0,3 Prozent, nachdem es im vergangenen Jahr sogar leicht geschrumpft war. Ein deutlich besseres Abschneiden wird den anderen großen Euro-Ländern Frankreich (0,6 Prozent), Italien (0,7 Prozent) und Spanien (1,5 Prozent) zugetraut.

Besser schlagen dürften sich auch andere Industrienationen wie die USA (2,6 Prozent) oder Großbritannien (0,7 Prozent), so die in Paris ansässige OECD. Nur Argentinien soll merklich schlechter abschneiden. Hier könnte das BIP um 2,3 Prozent sinken, laut Vorhersage. Für 2025 senkte die OECD ihre Prognose für Deutschland von 1,2 auf 1,1 Prozent, womit sie erneut unter dem Schnitt der Euro-Zone von 1,3 Prozent bleibt.

"Dies liegt vor allem daran, dass die energieintensive Industrie ein größeres Gewicht in der deutschen Wirtschaft hat als in anderen Ländern der Euro-Zone", erklärte OECD-Expertin Isabell Koske das erwartete schwache Abschneiden von Europas größer Volkswirtschaft. "Die Abhängigkeit von russischen Energieimporten war in Deutschland größer als zum Beispiel in Frankreich." Das habe nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine zu einer stärkeren Verteuerung von Energie in Deutschland geführt. Diese beeinträchtige die Produktion in energieintensiven Industrien noch immer.

Haushaltskrise bremst Wirtschaftsentwicklung

"Zudem hat die Haushaltskrise die Unsicherheit für die Unternehmen und Haushalte erhöht", nannte Koske auch ein hausgemachtes Problem. Die Bundesregierung ist nach dem Verfassungsgerichtsurteil zur Schuldenbremse auf einen Sparkurs eingeschwenkt. Die Krise habe zum Rückgang der Investitionen im vierten Quartal 2023 geführt und den privaten Konsum trotz gestiegener Reallöhne zurückgehalten.

Der Arbeitsmarkt zeigt sich trotz konjunktureller Dauerflaute vergleichsweise robust. "Der Fachkräftemangel ist das größte Problem für viele deutsche Unternehmen", sagte Koske. "Trotz gegenwärtig schlechter Geschäftslage halten deshalb viele Unternehmen an ihren Arbeitskräften fest."

Mehr Planungssicherheit nötig

Um die Konjunktur wieder in Schwung zu bekommen, muss nach den Worten vom OECD-Experten Robert Grundke vor allem die Finanzierung der geplanten Projekte im Klima- und Transformationsfonds über 2024 hinaus geklärt werden, um für Unternehmen und Haushalte Planungssicherheit zu schaffen.

"Um die Energiewende und die Digitalisierung zu beschleunigen, müssen die Infrastrukturplanung und die lokale Verwaltungskapazität verbessert und der Verwaltungsaufwand verringert werden", sagte Grundke. Verbindliche und einheitliche IT-Standards sollten aufgestellt, kommunen- und länderübergreifend die Harmonisierung der Verwaltungsverfahren sowie gemeinsame Software-Entwicklung gefördert werden.

Anreize schaffen über Steuerpolitik

"Sehr hohe Steuern auf Arbeit verringern zudem das Arbeitsangebot", sagte Grundke. Geringere Steuern und Sozialabgaben für untere und mittlere Einkommen sollten durch eine Streichung von verzerrenden und regressiven Steuervergünstigungen finanziert werden - etwa bei der Erbschaftssteuer oder der Besteuerung von Bestandsimmobilien und dem Wegfall von Dienstwagenprivileg und Dieselsubvention.

Zudem arbeite die Hälfte aller Frauen Teilzeit in Stellen, für die sie überqualifiziert seien. "Die Anreize für das Arbeitsangebot von Frauen im Steuer- und Sozialleistungssystem sollten verbessert werden", sagte Grundke. Gefördert werden könne dies etwa durch die Reform des Ehegattensplittings oder die Abschaffung der Mitversicherung des geringfügig beschäftigten Ehepartners in der Krankenversicherung. Auch sollten ältere Menschen dazu befähigt werden, länger zu arbeiten.

hb/iw (rtr,afp)