1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

OECD: Corona-Erholung wird dauern

1. Dezember 2020

Wohl erst Ende 2021 wird sich die globale Wirtschaftsleistung an ihr Niveau vor der Pandemie annähern, schätzt die OECD. Allerdings verläuft die Erholung je nach Region sehr unterschiedlich.

https://p.dw.com/p/3m3eJ
China | Luftaufnahme von Containern am Hafens Qingdao
Bild: Zhang Jingang/VCG/MAXPP/picture-alliance

"Zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie gibt es jetzt Hoffnung auf eine bessere Zukunft", schreibt OECD-Chefvolkswirtin Laurence Boone im neuen Wirtschaftsausblick der Industrieländerorganisation. Um gleich hinzuzufügen, der Weg der Erholung sei voller Gefahren und außerdem für einige Länder länger als für andere.

Die Weltwirtschaft wird in diesem Jahr um 4,2 Prozent schrumpfen, im nächsten Jahr aber um dieselbe Rate wachsen, so der Bericht. Bei den 37 Mitgliedsstaaten der OECD wird es in diesem Jahr tiefer bergab gehen (-5,5 Prozent), die anschließende Erholung zudem weniger stark ausfallen. Deutschland kann sich zumindest damit trösten, dass seine Wirtschaft in diesem Jahr weniger schrumpft als die der Eurozone.

Infografik - BIP-Wachstum in Prozent - DE

Dass die Weltwirtschaft insgesamt besser abschneidet als etwa die USA oder die Eurozone, ist vor allem China geschuldet. Das Land, von dem aus sich COVID-19 über die Welt verbreitete, ist die einzige große Volkswirtschaft, die im laufenden Jahr nicht schrumpft (+1,8 Prozent). Hinzu kommt im nächsten Jahr ein Wachstum, das mit prognostizierten acht Prozent besonders stark ausfällt.

Die Erwartungen der OECD für das Ausmaß der globalen Rezession in diesem Jahr decken sich in etwa mit der Prognose, die der Internationale Währungsfonds (IWF) im Herbst vorgelegt hat. Was die Erholung im kommenden Jahr angeht, ist die OECD allerdings deutlich weniger optimistisch (+4,2 Prozent) als der IWF (+5,2 Prozent) - eine Konsequenz der inzwischen in vielen Ländern wütenden zweiten Coronawelle.

Am Impfstoff hängt alles

Voraussetzung für jede Erholung ist laut OECD, dass erneute Ausbrüche des Virus begrenzt werden können und ein Impfstoff bis Ende 2021 weitgehend verfügbar ist. Was aber, wenn es dabei ernsthafte Verteilungsschwierigkeiten oder unerwartete Nebenwirkungen gibt? "Das würde die Wirtschaft hart belasten und das Risiko erhöhen, dass schwächere Volkswirtschaften und Unternehmen in finanzielle Schieflage geraten, mit globalen Auswirkungen", so Chefvolkswirtin Boone.

Die Arbeitslosigkeit liegt im Median der OECD-Länder heute um eineinviertel Prozentpunkte höher als vor der Pandemie. In den USA und Kanada ist sie stärker gestiegen als in Europa. Das liegt vor allem an den zahlreichen Kurzarbeitsprogrammen in der EU, bei denen der Staat einen Teil der Lohnkosten übernimmt, damit Firmen auf Entlassungen verzichten können.

Ungleichheit nimmt zu

Hart getroffen wurde vor allem der Niedriglohnsektor. "Für Arbeiter mit geringen Qualifikationen und für solche mit geringen Einkommen ist die Zahl der Arbeitsstunden besonders stark zurückgegangen", so der Bericht. "Das erhöht das ohnehin hohe Maß an Ungleichheit, das vor der Pandemie existierte, noch weiter."

Auch junge Menschen, die jetzt eine Arbeit suchen, sind derzeit benachteiligt. "Es ist extrem schwer, mitten in der Krise auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen", sagte Boone der DW.

Der OECD-Bericht lobt die zahlreichen Rettungspakete, mit denen Staaten - oft flankiert von Zentralbanken - ihre Volkswirtschaften vor dem Schlimmsten bewahren konnten.

Jetzt sei es "entscheidend, dass die politisch Verantwortlichen diese Unterstützung weiter gewähren, um Branchen, Unternehmen und den damit verbundenen Arbeitsplätzen das Überleben zu sichern", so Chefvolkswirtin Boone. "Die Lektion der vergangenen Monate ist: Die Maßnahmen waren und sind angemessen."

Empfehlungen für die Politik

Der Bericht warnt ausdrücklich davor, die Hilfsmaßnahmen zu früh zu beenden. "Das Ziel sollte für alle Länder sein, ein zu frühes und abruptes Ende der Stützungsprogramme zu vermeiden", so der Bericht. Regierungen sollten zudem darauf achten, dass wirklich jenen geholfen wird, die besonders stark von der Krise getroffen sind.

Drei Empfehlungen macht die OECD den politisch Verantwortlichen. Zum einen müssten sie in grundlegende Bereiche wie "Bildung, Gesundheit und die physische und digitale Infrastruktur" investieren. Zweitens sollten sie entschieden handeln, um "den Anstieg von Armut und Einkommensungleichheit umzukehren". Drittens drängt die OECD alle zu mehr internationaler Zusammenarbeit: "Die Welt kann eine globale Krise nicht lösen, indem jedes Land nur für sich selbst handelt."

Am Ende gibt OECD-Chefvolkswirtin noch eine Kostprobe ihrer sehr moderaten Form von Optimismus: Sie hoffe, die Welt nach der Pandemie werde "vielleicht weitgehend dieselbe, aber doch ein bisschen besser" sein.

Einfach erklärt: Kurzarbeitergeld - keine Arbeit, aber Lohn

Andreas Becker
Andreas Becker Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Geldpolitik, Globalisierung und Verteilungsfragen.