Obama will 10.000 Soldaten abziehen
21. Juni 2011Die USA wollen nach amerikanischen Medienberichten bis Jahresende rund 10.000 Soldaten aus Afghanistan zurückrufen. Aus dem Verteidigungsministerium verlautete am Dienstag (21.06.2011), dass dieses Jahr voraussichtlich zwei Brigaden vom Hindukusch abrücken würden. Rund 5.000 Soldaten würden im Sommer heimkehren, weitere 5.000 bis Jahresende. Präsident Barack Obama werde sich zu dem Thema an diesem Mittwoch um 20.00 Uhr Ortszeit (02.00 MESZ am Donnerstag) in einer Rede an die Nation äußern, teilte das Weiße Haus mit.
Bis Ende 2012 solle die Zahl amerikanischer Soldaten in Afghanistan um insgesamt 30.000 schrumpfen, berichten Medien unter Berufung auf Regierungsbeamte. Ein Teil heimkehrender Soldaten solle nicht mehr ersetzt, auf erwogene Neustationierungen verzichtet werden, meldet der Fernsehsender CNN. Aus Regierungskreisen verlautete, dass der Präsident in seiner Rede auf langsame, aber erkennbare Erfolge seiner Strategie verweisen werde. Vor allem im Süden Afghanistans seien die aufständischen Taliban zurückgedrängt worden.
USA sind größter Truppensteller
Zurzeit sind etwa 100.000 US-Soldaten am Hindukusch im Einsatz. Damit stellen die USA den Löwenanteil der internationalen Schutztruppe. Es war ohnehin geplant, dass die USA und die NATO bis 2014 die Verantwortung für die Sicherheitslage an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben. Ende 2009 hatte Obama das damalige Truppenkontingent um gut 30.000 Soldaten aufgestockt, um die wachsende Gewalt in Afghanistan zu stoppen.
Obamas Ankündigung kommt zu einem kritischen Zeitpunkt: In anderthalb Jahren steht die Wahl an, und unter Abgeordneten beider Parteien steigt der Widerstand gegen eine Fortsetzung des teuren und unbeliebten Krieges am Hindukusch. Hinzu kommt, dass die US-Regierung unter erheblichem finanziellen Druck steht.
Bevölkerung will Truppenabzug
Nach einer CNN-Umfrage befürworten dreiviertel der Amerikaner, dass die USA einige oder alle Soldaten aus Afghanistan zurückziehen. Dieser Wert sei seit Mai um zehn Prozentpunkte gestiegen. Das sei wohl als Ergebnis des Todes von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden, erklärte der Sender.
Ende vergangener Woche hatten die USA erstmals offiziell bestätigt, dass sie Gespräche mit den Taliban mit dem Ziel einer politischen Konfliktlösung führen. Die US-Regierung ging allerdings nicht so weit, von Friedensverhandlungen zu sprechen.
Gates warnt vor zu großer Eile
Erst Anfang des Monats hatte der scheidende US-Verteidigungsminister Robert Gates vor einer zu schnellen Reduzierung der Truppenzahl gewarnt. "Ich würde die Kampfstärke so lange wie möglich maximal halten, solange der Prozess (des Abzugs) dauert - das ist doch völlig klar", sagte er bei einem Besuch in Afghanistan. "Ich würde die Schützen behalten und die Unterstützungstruppen zuerst abziehen."
Bundesverteidigungsminister Thomas de Maiziere hatte bei einem Besuch in Washington Ende April an die US-Regierung appelliert, nicht zu viele Soldaten heimzuholen. Er bat Gates, "die psychologischen Wirkungen eines zu ehrgeizig dimensionierten Abzugs der amerikanischen Seite auf die deutsche und europäische Öffentlichkeit zu beachten".
Ist die Bundeswehr betroffen?
Für den Einsatz der Bundeswehr ist es entscheidend, ob die USA auch Truppen aus dem Norden Afghanistans abziehen. Dort, im deutschen Verantwortungsbereich, unterstützen die USA die Bundeswehr massiv mit Hubschraubern und Soldaten. Ein Verzicht vor allem auf die US-Hubschrauber würde die Bundeswehr schwer treffen.
Auch die Bundesregierung will erste deutsche Soldaten noch in diesem Jahr heimholen, falls die Sicherheitslage dies zulässt. Vor allem Bundesaußenminister Guido Westerwelle hatte auf den Abzugsbeginn noch in diesem Jahr gedrängt, während Sicherheitsexperten sich skeptisch zeigen. Derzeit sind knapp 5000 deutsche Soldaten im Afghanistan-Einsatz.
Autor: Reinhard Kleber (dpa, dapd, rtr, afp)
Redaktion: Hajo Felten