Große Herausforderungen
5. November 2008Der 47-jährige Demokrat siegte bei der Präsidentschaftswahl mit einem deutlichen Vorsprung vor dem Republikaner John McCain. In seiner ersten Rede schwor der Wahlsieger vor mehr als 200.000 Menschen in seiner Heimatstadt Chicago die USA auf schwierige Aufgaben und einen Neuanfang ein: "Change has come to America", sagte er (Der Wandel ist in Amerika angekommen).
Barack Obama warnte vor überzogenen Erwartungen. Die Zeit seiner Präsidentschaft beginne mit immensen Herausforderungen: "Zwei Kriege, ein Planet in höchster Gefahr, die schwerste Finanzkrise in einem Jahrhundert." Jetzt sei die Zeit, mit der Arbeit zu beginnen. Er wolle auch Präsident derjenigen Amerikaner sein, die ihn nicht gewählt hätten.
Weltweiter Jubel
Obamas Anhänger begrüßten das Ergebnis stürmisch. Schwarze und Weiße lagen sich bei der Feier in Chicago in den Armen und schwenkten jubelnd das Sternenbanner. In New York zogen Amerikaner aller Hautfarben vom Broadway zum Wahlbüro Obamas. In Washington blockierten hupende Autofahrer bis in die Nacht die Straßen. Vor dem Weißen Haus versammelten sich Hunderte Menschen, einige von ihnen mit Trommeln.
Weltweit stellten viele Politiker in ihren Glückwünschen das Thema Zusammenarbeit heraus. So schrieb Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): "Ich bin überzeugt, dass wir in enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und Europa den neuartigen Gefahren und Risiken entschlossen begegnen." Merkel lud Obama zu einem baldigen Besuch nach Deutschland ein.
McCain gratuliert
Der republikanische Kandidat John McCain gratulierte Obama zu seinem Wahlsieg. "Das amerikanische Volk hat gesprochen", sagte der 72-Jährige vor enttäuschten Anhängern in Arizona. Er hätte sich ein anderes Ergebnis gewünscht, sagte McCain.
Das Duell der beiden hat die Amerikaner an die Wahlurnen gelockt wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die Wahlbeteiligung lag nach ersten Schätzungen bei 64,1 Prozent. Das wäre die höchste Beteiligung seit dem Zweiten Weltkrieg und noch höher als die beim Duell zwischen John F. Kennedy und Richard Nixon 1960 (63,8 Prozent).
Der 44. Präsident der USA
Zusammen mit dem designierten Vizepräsidenten Joe Biden wird Obama am 20. Januar 2009 in Washington den Amtseid ablegen. Dann endet auch die achtjährige Regierungszeit des Republikaners George W. Bush. Obama wird der 44. Präsident der USA.
Obama gewann in mindestens 27 US-Staaten und sammelte so 349 Wahlmännerstimmen - für den Sieg war eine Mehrheit von 270 der 538 Stimmen erforderlich. McCain konnte Obama in mindestens 18 Staaten bezwingen, was mit 147 Wahlmännerstimmen aber für den von ihm erhofften Umschwung in letzter Minute nicht ausreichte. Knapper fiel das landesweite Stimmenverhältnis aus - hier erreichte Obama einen Anteil von 52 Prozent, McCain folgte mit 47 Prozent dicht dahinter.
Entscheidend waren Florida, Ohio und Pennsylvania
Entscheidend für den Wahlerfolg waren Siege Obamas in den Schlüsselstaaten Florida, Ohio, Pennsylvania und Virginia. Der Kandidat der Demokraten sicherte sich zunächst die erwarteten Siege im Nordosten, einer traditionell liberalen Region, und im Mittleren Westen der USA. Der Senator von Illinois gewann in seinem Heimatstaat und war auch im heftig umkämpften Pennsylvania erfolgreich.
Dort hatte McCain einen besonders intensiven Wahlkampf geführt, um die erwarteten Verluste in anderen Staaten auszugleichen. Obama siegte auch in Ohio und Iowa, wo vor vier Jahren noch der Republikaner George W. Bush die Wahlmännerstimmen holte. Bislang konnte noch nie ein Republikaner ohne einen Sieg in Ohio die Präsidentschaftswahl gewinnen.
McCain war vor allem im konservativen Süden der USA erfolgreich. Er gewann wie erwartet in Staaten wie Utah, Arkansas, Kansas, Kentucky und Tennessee.
Absolute Mehrheit im Kongress für Demokraten
Die Demokratische Partei gewann die absolute Mehrheit im Senat und im Repräsentantenhaus. Bei der Wahl von 35 der 100 Sitze im Senat gelang es demokratischen Kandidaten, die Zahl ihrer Senatoren von 49 auf mindestens 56 auszubauen. Auch im Repräsentantenhaus konnten die Demokraten ihre bisherige Mehrheit ausbauen. Sie kamen auf mindestens 249 Sitze, die Republikaner auf 169 Sitze. Die übrigen Mandate waren noch nicht ausgezählt. Für eine absolute Mehrheit braucht man 218 Sitze.
Auch bei den Gouverneurswahlen gewannen die Demokraten einen weiteren Posten hinzu. Sie verdrängten in Missouri die Republikaner von der Regierung. Damit werden jetzt 29 Staaten von demokratischen Politikern geführt und 21 von Republikaner.
Wirtschaft wichtigstes Thema
Sechs von zehn Wählern im ganzen Land nannten die Sorge um die Volkswirtschaft als wichtigsten Faktor ihrer Wahlentscheidung, wie eine Wählernachfrage der Nachrichtenagentur AP ergab. Kein anderes Thema, darunter die Energiepolitik, der Irak-Krieg, der Terrorismus und die Gesundheitsversorgung, hatte bei den Wählern einen höheren Anteil als zehn Prozent. Die Wählernachfrage beruht auf einer Stichprobe von nahezu 10.000 Wählern nach ihrer Stimmabgabe. Sie ergab auch, dass fast 60 Prozent der Frauen Obama für den besseren Kandidaten hielten. Auch bei den Erstwählern lag Obama deutlich vorn. (mas)