Obama bestätigt Festhalten an Militärtribunalen
15. Mai 2009Trotz heftiger Kritik von Bürgerrechtlern sollen die Militärverfahren gegen Guantanamo-Häftlinge fortgesetzt werden. Diesen Entschluss hat US-Präsident Barack Obama am Freitag (15.05.2009) in einer Erklärung bekanntgeben. Als eine seiner ersten Entscheidungen nach der Amtsübernahme im Januar hatte Obama die von seinem Vorgänger George W. Bush 2006 eingeführten Militärtribunale zunächst bis zum 20. Mai aussetzen lassen. Bush hatte das Camp auf Kuba nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 als Gefängnis für mutmaßliche Terroristen einrichten lassen.
Mehr Rechte für Angeklagte
Die Tribunale laufen nun in abgeänderter Form weiter. Dabei sollen die Terrorverdächtigen zusätzliche Garantien für den Rechtsschutz bekommen. Das teilte das Weiße Haus am Freitag mit. Dazu gehöre, dass Aussagen, die unter Folter gemacht wurden, nicht mehr zugelassen werden.
Dies schließe auch Aussagen ein, die Gefangene nach dem so genannten Waterboarding gemacht hätten. Bei dieser Verhörpraxis haben die Betroffenen das Gefühl, kurz vor dem Ertrinken zu stehen. Obama hat Waterboarding als Folter bezeichnet und inzwischen untersagt. Auch sollen Beweise, die auf Hörensagen beruhen, nur noch unter verschärften Bedingungen verwendet werden dürfen.
Prozesse gegen Drahtzieher des 11. September
Nach Informationen der Nachrichtenagentur AP sind Militärprozesse gegen 20 der insgesamt noch rund 240 Gefangenen in Guantanamo geplant. 13 Verfahren seien derzeit ausgesetzt, unter ihnen die Prozesse gegen fünf Terrorverdächtige, die eine entscheidende Rolle bei den Anschlägen vom 11. September 2001 gespielt haben sollen. Dazu gehört auch der mutmaßliche Chef-Planer des Terrornetzwerks El Kaida, Khalid Sheikh Mohammed.
Die Amerikanische Bürgerrechtsunion (ACLU) kritisierte Obamas Entscheidung. Es sei enttäuschend, dass Obama "dieses fehlgeschlagene Experiment" wiederaufleben lasse, sagte ACLU-Anwalt Jonathan Hafetz. In Guantanamo sei kein Häftling, dem nicht vor einem ordentlichen US-Bundesgericht der Prozess gemacht werden könne, sagte Hafetz weiter. Auch die geplanten Änderungen legitimierten die Tribunale nicht. Die fehlgeleitete Praxis der Bush-Regierung werde damit nur fortgeführt.
Regierung im Dilemma
Nach Ansicht von Beobachtern ist die Entscheidung für die Fortsetzung der Militärtribunale Ausdruck eines Dilemmas, in dem die US-Regierung steckt. Sollten mutmaßliche Terroristen vor ordentliche US-Gerichte gestellt werden, würden die Richter vermutlich kein Urteil fällen. Stattdessen würden sie die Verfahren angesichts der Misshandlungen, die Inhaftierte in Guantanamo erdulden mussten, wegen Gesetzesverstößen vorzeitig einstellen, analysierte unlängst die "New York Times". Laut der Nachrichtenagentur AP stehen zurzeit 13 Verfahren in den Militärtribunalen an. In fünf Fällen geht es um den Vorwurf der Beihilfe zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Vermutlich werden die Prozesse nach einer Anpassung der Richtlinien in vier Monaten wiederaufgenommen. Bisher wurden nach Regierungsangaben drei Häftlinge von den Tribunalen schuldig gesprochen.
Unabhängig von der Frage der Militärtribunale will Obama Guantanamo bis 2010 endgültig schließen. Die US-Regierung hat bereits bei ihren Verbündeten - auch in Berlin – angefragt, ob sie Gefangene, von denen keine Gefahr ausgeht, aufnehmen würden. (det/chr/wl/mag/dpa/ap/afp/rtr)