Novartis verliert Patentstreit um Krebsmittel
1. April 2013Nach sieben Jahren juristischen Streits hat der Schweizer Pharmakonzern Novartis den Patentstreit um sein Krebsmittel Glivec in Indien endgültig verloren. Der Oberste Gerichtshof des Landes entschied, dass das Unternehmen kein Patent für das Medikament erhält. Es erfülle nicht die indischen Patentregeln, hieß es zur Begründung.
Novartis wollte bereits 2006 ein Patent für Glivec anmelden. Doch die Behörden lehnten dies ab. Als Begründung wurde damals vorgebracht, dass nur geringfügige Änderungen an dem Vorgänger-Medikament vorgenommen worden seien - eine Praxis, die als "Evergreening" bezeichnet wird. Beobachter sehen in der höchstrichterlichen Entscheidung einen Präzedenzfall, der für andere Patentklagen in Indien wegweisend sein könnte - sowohl mit Blick auf die internationalen Pharmakonzerne als auch die indische Industrie. Novartis beklagt, dass in der Zwischenzeit indische Unternehmen deutlich billigere Generika, also Kopien, seiner teuren Medikamente auf den Markt gebracht hätten.
Novartis: Urteil entmutigt Unternehmen
Die indische Generika-Produktion umfasst jährlich 26 Milliarden Dollar (mehr als 20 Milliarden Euro). Aus Sicht von Hilfsorganisationen ist das Urteil ein Meilenstein, der fundamentale Konsequenzen haben werde. Ärzte ohne Grenzen teilte mit, weltweit hingen Menschen von erschwinglichen Nachahmer-Medikamenten aus Indien ab. Das Medikament Glivec etwa wird gegen Leukämie und andere Krebsarten eingesetzt. Eine Behandlung damit kostet in Indien pro Monat umgerechnet etwa 2.000 Euro. Das Nachahmer-Mittel ist bereits für weniger als 140 Euro zu bekommen. Mittlerweile machen preiswertere Nachahmer-Medikamente in Indien bereits 90 Prozent der Verkäufe aus. In den vergangenen Jahren hatten auch Pharmakonzerne wie Roche und Bayer bei Patentklagen in Indien schwere Niederlagen erlitten.
Novartis erklärte nach dem Richterspruch, das Urteil entmutige die Unternehmen, innovative Medikamente zu entwickeln. Neue Pharmaprodukte zu erforschen sei sehr teuer und riskant und nur möglich, wenn die Mittel dann auch für eine gewisse Zeit patentiert werden könnten. Indiens Pharmaunternehmen, die sich auf das Kopieren von bestehenden Präparaten spezialisiert haben, begrüßten das Urteil. Sie können damit nach dem Ablauf der meist 20-jährigen Patentfrist die Präparate als Generika herstellen und zu einem Bruchteil des Original-Preises verkaufen.
sti/gmf (dpa, apd, rtr)