Nobelpreis für Chemie: Gar nicht abgehoben
Der Nobelpreis für Chemie wird seit 1901 verliehen. Oft heißt es, die prämierten Entdeckungen seien für Laien nur schwer verständlich. Aber unsere Bildergalerie zeigt: Das stimmt gar nicht!
1902: Zuckersüße Chemie
Süß ging es zu Beginn des letzten Jahrhundert zu: Als erster Deutscher durfte sich Hermann Emil Fischer über einen Chemie-Nobelpreis freuen. Die Auszeichnung erhielt er für seine Arbeiten über Zucker. Unter anderem entwickelte er eine Methode, die komplizierten dreidimensionalen Strukturen von Zuckermolekülen zu Papier zu bringen.
1904: Der Inhalt von Heliumballons
Der Schotte Sir William Ramsay entdeckte die reaktionsträgen Edelgase. Sie sind Bestandteile der Luft um uns herum und reagieren nur sehr selten mit anderen Verbindungen. Zu den Edelgasen zählt das Helium, das Kinderballons Richtung Himmel streben lässt. Auch Neon aus den nach ihm benannten Lampen ist ein Edelgas.
1907: Bierherstellung auch ohne Leben
Der Deutsche Eduard Buchner entdeckte, dass es für Gärprozesse nicht zwingend lebende Zellen braucht. Bei der Gärung zersetzen beispielsweise Hefezellen Zuckermoleküle zu Alkohol, etwa in der Bierherstellung. Buchner zeigte, dass dieser Vorgang auch mit toten, zerkleinerten Hefezellen funktioniert. Das war zur damaligen Zeit unvorstellbar.
1911: Strahlende Bekanntschaft
Marie Curie erhielt sogar gleich zwei Nobelpreise: 1903 in Physik und acht Jahre später in Chemie. Sie entdeckte die radioaktiven Elemente Radium und Polonium. Sie zersetzen sich spontan und senden dabei Strahlung aus. Das giftige Polonium kommt natürlicherweise in Uranerzen vor. Größere Konzentrationen finden sich in Tabakrauch.
1915: Schöne bunte Pflanzen
Der deutsche Chemiker Richard Willstätter erhielt den Nobelpreis für seine Untersuchungen zu Farbstoffen im Pflanzenreich. Vor allem das Chlorophyll war eine Auszeichnung wert: Es gibt den Pflanzen ihre grüne Farbe und ermöglicht es ihnen, aus Sonnenlicht, Wasser und Kohlendioxid Zucker herzustellen.
1918: Dünger für die Welt
Der Deutsche Fritz Haber erforschte, wie sich Ammoniak aus den Elementen Wasserstoff und Stickstoff herstellen lässt. So wurde es möglich, Kunstdünger herzustellen und die wachsende Weltbevölkerung besser zu ernähren. Andererseits war die Ammoniaksynthese auch die Geburtsstunde der Sprengstoffherstellung.
1927: Natürliche Verdauungshilfen
Heinrich Otto Wieland, ebenfalls Deutscher, wurde mit dem Nobelpreis geehrt, weil er die Zusammensetzung der Gallensäure herausfand. Die Gallensäuren als Bestandteil der Galle werden in der Leber hergestellt. Sie helfen dem Körper dabei, Fett zu verdauen und aufzunehmen.
1939: Warum Frauen Frauen sind und Männer Männer
Der Deutsche Adolf Butenandt erhielt den Nobelpreis für seine Arbeiten an menschlichen Sexualhormonen. Hitler verbot ihm aber, den Preis anzunehmen. Butenandt isolierte erstmals viele der Hormone, die unsere Sexualfunktionen steuern. Die Substanzen sind dafür verantwortlich, dass weibliche und männliche Embryonen zu Frauen bzw. Männern werden.
1944: Atomkerne spalten - für Strom oder Bomben
Otto Hahn entdeckte die Kernspaltung von Atomen. Schießt man ein kleines Teilchen, das Neutron, auf einen schweren Atomkern, zerlegt sich dieser in zwei kleinere Atomkerne. Dabei wird viel Energie frei - und weitere Neutronen. Es entsteht eine Kettenreaktion. Hahn machte so Kernkraftwerke, aber auch die Entwicklung der Atombombe möglich.
1958: Stoff für Diabetiker
Der Brite Frederick Sanger klärte die Struktur des Hormons Insulin auf. Diabetiker können kein oder nicht genug Insulin produzieren und müssen die Verbindung daher regelmäßig spritzen, um am Leben zu bleiben. Insulin wird inzwischen problemlos in großen Mengen mit Gentechnik hergestellt.
1963: Endlich Plastiktüten!
Der Deutsche Karl Waldemar Ziegler teilte sich 1963 den Preis mit dem italienischen Chemiker Guilio Natta. Die beiden entwickelten ein Verfahren, um den Kunststoff Polyethylen herzustellen. Aus dem bestehen beispielsweise Plastiktüten.
1995: Wie Ozonlöcher entstehen
Paul Crutzen, Mario Molina und Frank Rowland erforschten die Chemie der Erdatmosphäre, insbesondere die Bildung und den Abbau von Ozon. Die drei Forscher zeigten auch, wie empfindlich die Ozonschicht auf menschengemachte Emissionen reagiert und erklärten damit das Ozonloch. Das war dem Nobelpreiskomitee eine Auszeichnung wert.
2008: Grün leuchtende Mäuse
Etwas abgehoben wird es doch noch: Wenn es um das grün fluoreszierende Protein geht. Das erforschten Osamu Shimomura, Martin Chalfie und Roger Tsien. Das Eiweiß kommt natürlicherweise in einigen Quallenarten vor. Mit der Gentechnik stellen es auch Mäuse her. So lassen sich Stoffwechselprozesse im lebenden Organismus beobachten.
2013: Chemie im Cyberspace
Computerprogrammen analysieren komplexe chemische Strukturen, zerpflücken sie und kombinieren sie kreativ wieder neu. So lassen sich ihre Reaktionen voraussagen. Die drei Nobelpreisträger Martin Karplus, Michael Levitt und Arieh Warshel legten den Grundstein dafür. Und bereiteten damit auch den Weg für die Entwicklung von Medikamenten am Computer.
2014: Helden der Mikroskopie
Der deutsche Physiker Stefan Hell und die beiden US-Amerikaner Eric Betzig und William Moerner entwickelten eine neue Mikroskopie-Methode. Diese verschiebt die Grenzen der Lichtmikroskopie in den Nanobereich - und selbst lebendes Gewebe, etwa Krebszellen, lassen sich damit eingehend untersuchen.
2018: Revolution der Evolution
Frances H. Arnold sowie George P. Smith und Gregory P. Winter haben in die Evolution eingegriffen und dadurch im Labor etwas erschaffen, das die Natur selbst nicht hervorgebracht hat. Claes Gustafsson vom Nobelpreiskomitee sagte: "Sie haben die Prinzipien von Charles Darwin im Reagenzglas angewendet." Mit ihren Methoden produzieren Medikamentenhersteller heute zum beispiel Insulin für Diabetiker.