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Niemals schmeckt das Essen besser

Stefanie Duckstein19. Oktober 2004

Freitag beginnt es, das Aufhören. Streiten, lügen, lästern - nichts ist erlaubt. Erst recht nicht essen, trinken und beischlafen nach Sonnenaufgang. Diese Gebote gelten während des Ramadan für alle gläubigen Muslime.

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Etwa 1,2 Milliarden Muslime weltweit begehen den RamadanBild: AP

"Es ist, obwohl ich ja schon einige Male den Ramadan durchlebt habe, doch immer wieder etwas Besonderes.“ Während er das sagt, reibt sich Hüseyin Midik genüsslich die Hände, dehnt jeden Finger, bis die Gelenke knacken. „Dieser Fastenmonat Ramadan ist so besonders, weil die Leute noch ein bisschen religiöser sind als sonst. Auch die, die sonst nicht so dahinter stehen. Damit will man zeigen, dass man Gott ergeben ist. Außerdem fühle ich auch einmal am eigenen Leib, was Hunger heißt, was Durst haben bedeutet. Damit denkt man auch an die Leute, die das ganze Jahr nicht so viel haben wie wir Durchschnittsleute in Deutschland.“

Hüseyin Midik, in der Türkei geboren, lebt seit 25 Jahren in Berlin und hat noch keinen Ramadan ausgelassen. Er ist einer von 3,3 Millionen Muslimen in Deutschland. Nicht alle sind streng gläubig und halten sich an das Fastengebot.

Reisende und Kranke sind vom Fasten befreit, ebenso schwangere und stillende Frauen.

Kein Streiten, Lügen, Lästern

Das Fasten zählt neben dem Glaubensbekenntnis, dem Gebet fünf Mal am Tag, dem Spenden von Almosen an Bedürftige und die Pilgerfahrt nach Mekka zu den fünf heiligen Pflichten im Islam.

Mond: Sichel
Ich sehe was, was Du nicht siehst.Bild: DPA

Nach alter Schule beginnt der Ramadan, sobald die erste Mondsichel nach dem Neumond mit bloßem Auge zu erkennen ist. So entstehen die unterschiedlichen Daten für Beginn und Ende des „heißen Monats“. Denn beispielsweise lässt sich der Neumond in der arabischen Wüste leichter beobachten als im wolkigen Mitteleuropa. Um solchen Wirren vorzubeugen, gibt es heute Kalender mit ausgeklügelten Gebetszeiten.

Während des Ramadan ist jeder gläubige Moslem für 30 Tage zu strikter Abstinenz angehalten. Von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang wird weder gegessen noch getrunken. Auch Begehrlichkeiten wie Rauchen und Beischlaf sind verboten. Streiten, lügen, lästern - all das ist zu vermeiden. Als erstrebenswert gilt, sich besonders duldsam und tolerant anderen Menschen gegenüber zu erweisen. Eine Herausforderung auch für Hüseyin. "Wenn mich jemand einfach so anpöbelt, dann sage ich 'Ich faste, geh mir aus dem Weg'. Das ist eben eine Zeit der Besinnung. Ein wenig abrücken vom Alltag. Man merkt dann, wie endlich man eigentlich ist."

Fastenbrechen - ein heiteres Miteinander

Am Ende eines enthaltsamen Tages wird man belohnt mit dem Iftar, dem feierlichen Fastenbrechen. Im Kreise der Familie oder mit Freunden werden üppige Speisen serviert. Die Nächte des Ramadan sind eine Zeit der fröhlichen Intensivierung des sozialen und religiösen Lebens. Dreißig Mal folgt der angestrengten asketischen Spannung des Tages die Entspannung der Nacht.

Stand mit Datteln auf einem Markt in Istanbul, Türkei
Datteln - klassisch fürs FastenbrechenBild: AP

Schon einige Male hat Hüseyin den Ramadan in der Türkei verbracht. Doch gebe es keinen großen Unterschied, ob man nun in Deutschland oder in der Türkei in die Moschee ginge. Nun gut, die Feste des Nachts sind in der Türkei vielleicht etwas ausschweifender als hier in Berlin. Die Deutschen hätten eben einen anderen Rhythmus. Da tickt das Leben eher bei Tageslicht.

Ramadan und Tagewerk

Um den Gläubigen den Arbeitstag während des Ramadan etwas zu erleichtern, haben auch deutsche Unternehmen reagiert. Das BMW-Werk in Berlin beschäftigt etwa 300 ausländische Mitarbeiter. Die meisten sind türkischer Herkunft und gläubige Muslime. Für Dietmar Krohm, Pressesprecher bei BMW, ist die Religionsausübung zwar eine höchst persönliche Angelegenheit, doch ist er stolz auf ein kleines Entgegenkommen. "Wir haben seit rund 20 Jahren einen Gebetsraum bei uns im Werk. Jeder Mitarbeiter kann dort hingehen. Das aber nur in den entsprechenden Pausenzeiten. Der Produktionsfluss darf letztlich nicht beeinträchtigt werden. Das funktioniert aber sehr gut. Der Raum wird rege frequentiert."

Zuckersüß

Pralinen
Zucker für alleBild: dpa

Nach 30 Tagen Enthaltsamkeit wird man auf ganz weltliche Weise entschädigt. Mit dem Fest des Fastenbrechens, dem Zuckerfest Bairam, endet der Ramadan und nicht allein Kinder werden mit Süßigkeiten in rauen Mengen beschenkt.