Niederlande verbieten Vollverschleierung
29. November 2016Wie erwartet hat eine Mehrheit im niederländischen Parlament für das Verbot der islamischen Vollverschleierung gestimmt. "Das Gesetz ist angenommen", sagte der Sprecher des Parlamentspräsidenten Khadija Arib und verwies auf das Gesetz, das auch das Tragen einer Burka in öffentlichen Verkehrsmitteln verbietet. Der Senat muss das Gesetz noch bestätigen.
Bis zu 400 Euro Geldstrafe bei Verstoß
Das Verbot sei losgelöst vom Thema Religion, sagte Ministerpräsident Mark Rutte vor der Abstimmung. "Wir wollen erreichen, dass man Menschen in bestimmten Situationen wie bei Dienstleistungen in die Augen schauen kann", sagte er. Mit dem Gesetz würden Burkas, Niqabs und Integralhelme in der Ausbildung, in öffentlichen Verkehrsmitteln, Krankenhäusern und Regierungsgebäuden verboten. Verstöße könnten laut der Zeitung "Trouw" künftig bis zu 400 Euro Geldstrafe geahndet werden.
Die Koalition aus Rechtsliberalen und Sozialdemokraten hatte das Gesetz bereits vor vier Jahren angekündigt. Gegner führten an, dass ein Verbot die Religionsfreiheit von muslimischen Frauen einschränke. Auch hatten Oppositionsparteien das Gesetz als reine Symbolpolitik kritisiert. In den Niederlanden gibt es nach Schätzungen der Regierung rund 100 Musliminnen, die eine Verschleierung tragen.
Verschleierungsverbot europaweit
In Deutschland ist ein Ganzkörperschleier oder Gesichtsschleier generell nicht untersagt. Es gibt aber Einschränkungen: Hessen erließ 2011 als erstes deutsches Bundesland ein Verschleierungsverbot für den öffentlichen Dienst. Grundlage der Entscheidung war ein Streit mit einer muslimischen Mitarbeiterin des Frankfurter Bürgeramtes.
Auch in anderen europäischen Ländern wurden Verschleierungsverbote bereits diskutiert oder eingeführt:
Frankreich hatte 2011 als erstes Land in Europa das Tragen von Vollschleiern in der Öffentlichkeit untersagt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) billigte das Verbot 2014 in einem europaweit maßgebenden Urteil, als es die Klage einer französischen Muslimin zurückwies.
Belgien folgte im Juli 2011 mit einem Verbot. Wer dort sein Gesicht im öffentlichen Leben so verhüllt, dass er nicht mehr zu identifizieren ist, muss mit einer Geldstrafe oder im Extremfall mit mehreren Tagen Haft rechnen. Das Verfassungsgericht wies wenige Monate später eine Klage zweier Frauen zurück, die das Verbot kippen wollten.
In Bulgarien ist muslimischen Frauen das Verhüllen seit September diesen Jahres verboten. Das Parlament hatte ein entsprechendes Gesetz verabschiedet und begründete es mit der Verteidigung der nationalen Sicherheit in Zeiten drohender Terrorgefahr. Ausnahmen gibt es für Gebetshäuser, im Beruf oder beim Sport. Bei einem Verstoß drohen Geldstrafen von umgerechnet bis zu 750 Euro.
In der Schweiz gilt ein Verschleierungsverbot seit Juli 2016 im Ferienkanton Tessin. Im September stimmte das Parlament in Bern mit knapper Mehrheit dem Antrag der nationalkonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) zu, auch landesweit ein Burkaverbot gesetzlich zu verankern. Dass der Ständerat - die kleine Parlamentskammer mit den Vertretern der 26 Schweizer Kantone - zustimmt, gilt aber als unwahrscheinlich.
myk/se (dpa, AFP)