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Agrarindustrie Hand in Hand mit Entwicklungspolitik

Richard Fuchs29. Januar 2013

Entwicklungsminister Dirk Niebel setzt im Kampf gegen Hunger auf die Wirtschaft. Eine enge Kooperation mit Multimilliardär Bill Gates und deutschen Unternehmen soll jetzt Asiens Reisanbau flott machen.

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Dirk Niebel und Bill Gates in Berlin (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Es war ein Treffen ganz nach dem Geschmack von Entwicklungsminister Dirk Niebel, als er am Dienstag (29.1.2013) auf Microsoft-Gründer Bill Gates traf. Der Software-Milliardär und heutige Ko-Vorsitzende der Bill & Melinda Gates-Stiftung war nach Berlin gekommen, um mit dem Minister und Vertretern der Ernährungs- und Agrarindustrie über gemeinsame Projekte im Kampf gegen den weltweiten Hunger zu beraten. Niebel zeigte sich sichtlich zufrieden, was in der eng mit der Wirtschaft abgestimmten Entwicklungszusammenarbeit für die rund zwei Milliarden mangelernährten Menschen weltweit alles erreicht werden kann.

Niebel: Gemeinsam Abhängigkeiten von Agrarmärkten reduzieren

"Gemeinsam werden wir die Wertschöpfungsketten von Grundnahrungsmitteln wie Reis und Kartoffeln voranbringen, wodurch wir die Abhängigkeit der Kleinbauern von internationalen Agrarmärkten reduzieren", gab der Minister die Richtung der gemeinsamen Zusammenarbeit vor. Auf dem Treffen vereinbarten das deutsche Entwicklungsministerium, die Gates-Stiftung sowie die rund 35 deutschen und internationalen Konzerne 80 Millionen Euro für Hilfsprojekte bereitzustellen. Je 20 Millionen Euro sollen dabei von der Gates-Stiftung und der deutschen Entwicklungszusammenarbeit fließen. Weitere 40 Millionen Euro kommen aus der Industrie. Unter den Unterstützern finden sich der Chemie-Gigant BASF, der Saatgut-Konzern Syngenta und der Pflanzenschutz-Hersteller Bayer CropScience AG, die alle seit vergangenem Jahr Mitglied der Ernährungs-Allianz "German Food Partnership" sind.

Dirk Niebel, Bill Gates und Unternehmensvertreter in Berlin Foto:Michael Sohn/AP/dapd
Dirk Niebel, Bill Gates und Unternehmensvertreter in BerlinBild: AP

Gemeinsam soll jetzt in die Produktivität der Landwirtschaft in ländlichen Gebieten investiert werden, um so Mangelernährung und Hunger zu überwinden. 14 Millionen Euro fließen in die Entwicklung des Cashew-Sektors in Westafrika, 23 Millionen Euro in den Ausbau der Knollenfrüchte-Produktion in Subsahara-Afrika und rund 52 Millionen Euro in die nachhaltige Baumwollproduktion in neun Erzeugerländern Afrikas. Stifter Bill Gates will so aus Agrar-Importnationen echte Agrar-Exportnationen machen, was er am Beispiel Nigerias erläuterte: "Das Land sollte sich eigentlich bestens selbst mit dem Grundnahrungsmittel Reis versorgen können, importiert aber bis heute tonnenweise davon, weil es an Ausbildung, am richtigen Saatgut und am Pflanzenschutz fehlt."

Mehr und besserer Reis für Asien

Hier soll in Zukunft mehr rauskommen: Reisanbau-Hilfsprojekt AGBRI ddp images/AP Photo/Chitose Suzuki
Hier soll in Zukunft mehr rauskommen: Reisanbau-Hilfsprojekt AGBRIBild: AP

Auf der Suche nach Lösungen habe man gemeinsam eine Antwort gefunden, sagte Gates. Zusammen mit Indonesien, Vietnam, Thailand und den Philippinen wurde so ein Modellprojekt aus der Taufe gehoben, das zur Steigerung der Qualität und Produktion im Reisanbau beitragen soll und weltweite Vorbildfunktion haben könnte. Die "Asian-German Better Rice Initiative" (AGBRI) soll mit einem Finanzvolumen von rund acht Millionen Euro mit Einzelmaßnahmen den Nährwert des Grundnahrungsmittels Reis erhöhen.

"Es ist völlig inakzeptabel, dass jedes dritte Kind weltweit seine Potentiale nicht ausschöpfen kann, weil ihm Vitamine und Mineralstoffe fehlen", so Liam Condon, Vorstandsvorsitzender der Bayer CropScience AG. Es gehe jetzt deshalb darum, durch bessere Anbaumethoden, ausgebildete Landwirte, höhere Saatgutqualitäten und ein besseres Wassermanagement den gesamten Produktionskreislauf beim Reis zu verbessern. "Genau diese Art von Initiativen zwischen der Privatwirtschaft und dem öffentlichen Sektor ebnen den Weg für eine grüne Revolution“,  ist Condon überzeugt.

Kommt mit der Hilfe auch die Gentechnik?

Zu nah an Gentechnik-Konzernen dran: Thilo Hoppe, Die Grünen Copyright: DW/Eva Usi
Kritik an Nähe zu Gentechnik-Konzernen: Thilo Hoppe, Die GrünenBild: DW

Für den Grünen-Bundestagsabgeordneten Thilo Hoppe handelt es sich vor allem um eine öffentlich-private Allianz gegen Hunger, die in erster Linie "neue Absatzmärkte für große Agrarunternehmen" erschließen soll. Bayer CropScience AG, BioAnalyt GmbH, Royal DSM, Lemken GmbH & Co KG und Syngenta Germany GmbH: viele der beteiligten Unternehmen hätten großes Interesse am Verkauf gentechnisch manipulierten Saatgutes. Kleinbauern in Entwicklungsländern würden so in neue Abhängigkeit von Saatgutkonzernen und in die Schuldenspirale getrieben, sagt Hoppe in einer Pressemitteilung. 

Mäzen Bill Gates widerspricht dieser Sicht der Dinge vehement: "Was wir hier bei Baumwolle-, Cashew- und sonstigem Grundnahrungsmittel-Anbau gemeinsam machen wollen, das beinhaltet keine gentechnisch veränderten Pflanzen." Gates betonte aber, dass seine Organisation sehr wohl in die Erforschung der grünen Gentechnik investiere, um dann den jeweiligen Ländern die Wahl zu lassen, ob sie solches Saatgut anpflanzen wollten oder nicht. "In unseren bisherigen Projekten ist das nicht vorgesehen“, betont auch Bundesentwicklungsminister Niebel, der den Forschungsaktivitäten der Agrarunternehmen in der Allianz gegen Hunger aber eine wichtige Rolle beimisst: "Wir sprechen nicht mehr nur über die Quantität von Nahrungsmitteln, sondern mittlerweile auch über die Qualität“, argumentiert Niebel. "Und ich finde, das ist eine gute Entwicklung."