Neuseeland wirbt mit Mittelerde
27. November 2003Für den entscheidenden Kampf von Gut gegen Böse dürfte kein Ort auf der Welt besser gerüstet sein als Neuseelands sonst eher beschauliche Hauptstadt Wellington. Wenn dort am Montag (1.12.2003) mit der Weltpremiere von "Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs" der letzte Teil der Filmtrilogie über die Leinwand des ehrwürdigen "Embassy Theatre"-Kinos flimmert, versinkt man dort im Fantasy-Fieber: Jeder prominente Platz der gerade einmal 400.000 Einwohner zählenden Stadt soll dann Zeugnis ablegen, dass einer der größten Spielfilmerfolge der vergangenen Jahre eben nicht in Hollywood, sondern im sonst so abgelegenen Neuseeland.
Hauptstadt von Mittelerde
Schon für den Kinostart des ersten Teils "Die Gefährten" 2001 benannte sich Wellington per Dekret in "Mittelerde" um, die größte Zeitung brachte zur Premiere eine Sonderausgabe. Wenn die Verfilmung des Bestsellers von J. R. R. Tolkien nun abgeschlossen sein wird, setzen Stadtobere und Neuseelands Regierung noch eines drauf: In einer Parade sollen 15 Darsteller, darunter Liv Tyler (Arwen), Sir Ian McKellen (Gandalf), Elijah Wood (Frodo) und Orlando Bloom (Legolas) durch Wellington ziehen, während ein mit "Herr der Ringe"-Motiven bemalter Jumbo-Jet der Fluggesellschaft Air New Zealand in 300 Metern Höhe über ihre Köpfe und die der Fans donnern soll, von denen die Organisationen einige tausend erwarten.
Fünf Web-Kameras sollen den Marsch der Hauptdarsteller, der zuletzt auch über einen 470 Meter langen roten Teppich führen wird, weltweit per Internet übertragen. Auf Wellingtons Flughafen sitzt derweil ein sechs Meter hoher Gollum, während ein neun Meter großer
Höhlentroll Keulen schwingend auf dem Rathausdach platziert ist.
Neuseeland statt Hollywood
Alle drei Teile des Epos wurden zwischen Oktober 1999 und Dezember 2000 in Neuseeland gedreht. Die spektakuläre Landschaft mit ihren grünen Hügeln und schroffen Bergen gaben "Mittelerde" ihre Gestalt. Sämtliche der preisgekrönten Spezial- und Digitaleffekte entstammten nicht Computern in den fernen USA, sondern waren Werk der "Weta Ltd." in Wellington, wo auch die Postproduktion stattfand - in einem Land, das mit seinen knapp vier Millionen Einwohnern sonst eher für Kiwis, Milchprodukte, Lammfleisch und Segelregatten bekannt ist.
Und auch Regisseur Peter Jackson ist waschechter Neuseeländer, aufgewachsen in Wellington. Er war es, der die US-Produktionsfirma New Line Cinema bat, die Weltpremiere erstmals in seine Heimatstadt zu verlegen - und das "Embassy Theatre" zum Schauplatz zu machen. Denn in dem neoklassizistischen Bau aus dem Jahr 1924 sah Jackson als Junge seinen ersten Kinofilm. Weil die 758 Sitzplätze naturgemäß nicht ausreichen, wird das 3 Stunden und 12 Minuten lange Leinwandabenteuer über die letzte Schlacht um "Mittelerde" am Premierenabend parallel in den zehn Sälen eines nahen Multiplex-Kinos gezeigt.
Tue Großes und rede darüber
Was nach prallem Stolz eines kleinen Landes über einen bislang mit sechs Oscars ausgezeichneten Kinotriumph aussieht, ist freilich auch staatliches Kalkül. "Wir wollen, dass jeder weiß, dass dies ein Film aus Neuseeland und von Neuseeländern ist", sagte Peter Hodgson, beauftragter Minister für die "Herr der Ringe"-Projekte der Regierung, vor einem Jahr. Denn seit dem Start von "Die Gefährten" vor zwei Jahren ist es erklärtes Ziel, mit Hilfe der Film-Trilogie nicht nur mehr Touristen ins Land zu locken, sondern das Epos auch "als Schaufenster für unsere Technologie" zu nutzen.