Neues Regierungsbündnis sagt Adé zum Sparen
18. Mai 2018Eine große Hürde auf dem Weg zu einer populistischen italienischen Regierung ist genommen: Nach wochenlangem Taktieren haben die beiden europakritischen Parteien Lega und Fünf Sterne ein Regierungsprogramm verabschiedet. Das Programm sei "endlich" in allen Punkten zu Ende verhandelt, erklärte Fünf Sterne-Chef Luigi Di Maio auf Facebook. Er veröffentlichte den "Vertrag für eine Regierung des Wandels", der nach seinen Angaben die Umsetzung vieler Wahlversprechen seiner Partei anstrebt. Die vergangenen 70 Tage seien "sehr intensiv" gewesen.
Auf der Webseite der Fünf Sterne können die Eingeschriebenen der Bewegung bis Freitagabend (20 Uhr MESZ) über das Programm abstimmen. Auch die Lega will ihre Mitglieder am Wochenende über das Papier entscheiden lassen. Es wird mit einer Zustimmung gerechnet. Allerdings steht noch nicht fest, wer künftig Regierungschef sein soll. Über diese heikle Frage müssen die beiden europakritischen Parteien noch in den kommenden Tagen verhandeln.
Abschied vom Sparkurs
Forderungen nach einem Ausstieg aus dem Euro oder einem Referendum darüber enthält das Regierungsprogramm nicht – es verabschiedet sich aber vom bisherigen Sparkurs. So wollen die beiden Parteien als Regierungspartner die Konjunktur mit "begrenzten" schuldenfinanzierten Ausgaben anschieben. Vorgesehen ist zudem ein Grundeinkommen von 780 Euro im Monat. Zudem müssten mit den EU-Partnern die Haushaltspolitik der Gemeinschaft sowie der Euro-Stabilitätspakt überprüft werden. Ferner seien die europäischen Verträge "neu zu diskutieren". Die Ausgaben für Investitionen sollten nicht in die Defizitberechnungen einfließen. Italien ist eines der Länder mit der höchsten Staatsverschuldung der Welt.
In ihrem Programm stehen Lega und Sterne-Bewegung für eine Außenpolitik ein, die die nationalen Interessen in den Mittelpunkt stellt. Die Zugehörigkeit Italiens zur NATO wird bekräftigt, doch gleichzeitig wird von einer Öffnung zu Russland gesprochen, das keine Bedrohung sei, sondern ein zunehmend wichtiger Wirtschaftspartner.
Erwartet wird, dass die Parteien den Vertrag Anfang der Woche Staatspräsident Sergio Mattarella vorlegen werden, wenn auch ein Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten gefunden ist. Der Präsident muss dann den Auftrag zur Regierungsbildung vergeben.
Aktienkurse rutschen ab
Nach Bekanntgabe der Regierungspläne geriet die Mailänder Börse erneut unter Druck. Investoren trennten sich am Freitag von Staatsanleihen und trieben dadurch die Rendite der zehnjährigen Titel in die Höhe. Da die italienischen Banken zahlreiche dieser Papiere halten, gingen ihre Aktien in die Knie. Der örtliche Branchenindex rutschte um zwei Prozent ab. Damit summiert sich das Minus der vergangenen drei Tage auf knapp sieben Prozent. Das ist der größte Kursrutsch seit fast eineinhalb Jahren. Im Sog der Finanzwerte gab der Leitindex der Mailänder Börse um 1,1 Prozent nach.
Bei der Parlamentswahl am 4. März waren die regierenden Sozialisten abgewählt worden. Di Maios Fünf-Sterne-Bewegung wurde mit 32,7 Prozent der Stimmen stärkste Einzelgruppierung, braucht aber einen Partner, um regieren zu können. Die Lega von Parteichef Matteo Salvini wurde mit 17,3 Prozent stärkste Kraft innerhalb des rechten Wahlbündnisses mit Forza Italia und den neofaschistischen Fratelli d'Italia.
kle/stu (afp, dpa, rtr)