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Neuer WM-Anlauf der DFB-Frauen

Calle Kops (sid/dpa)5. Juni 2015

Vier Jahre nach der Bruchlandung bei der Heim-WM werden die Erwartungen im Lager der deutschen Fußballfrauen vor der Endrunde in Kanada auffallend vorsichtig formuliert. Gründe dafür gibt es viele.

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Melanie Leupolz (2.v.l.) trainiert mit ihren Nationalmannschaftskolleginnen in Ottawa (Foto: Dennis Grombkowski/Bongarts/Getty Images)
Bild: Getty Images/D. Grombkowski

Optimismus und Zuversicht ja, Siegesgewissheit nein: Die DFB-Frauen gehen mit dem nötigen Respekt in die Fußball-Weltmeisterschaft in Kanada. Entsprechend lautet ihr WM-Motto "TITELTRAUM". Dieser Slogan treffe die Situation im deutschen Team sehr genau, erklärte die 21-jährige Mittelfeldspielerin Melanie Leupolz: "Wir haben einige Spielerinnen, die noch nie eine WM gespielt oder den Titel gewonnen haben. Deshalb ist das ein Traum für uns, der noch in weiter Ferne schwebt, aber auf jeden Fall realistisch ist." Und Nationalmannschaftsmanagerin Doris Fitschen meinte: "Wir träumen vom Titel, das heißt aber nicht, dass wir sagen: Wir werden jetzt unbedingt Weltmeister."

Bescheidenheit steht im deutschen Team also im Vordergrund. Denn seit dem WM-Trauma des 9. Juli 2011, als Deutschland als Gastgeber im Viertelfinale gegen Japan scheiterte, ist viel passiert. Das Gesicht der Mannschaft hat sich gründlich verändert, und vor zwei Jahren feierte eine stark verjüngte Auswahl in Schweden den Gewinn des achten EM-Titels. Und doch sind die Nachwirkungen der bitteren Enttäuschung von einst vor dem Auftakt gegen die Elfenbeinküste am Sonntag (22.00 Uhr MESZ) in Ottawa wieder spürbar.

Gute Gründe für Zurückhaltung

Ein Kissen mit dem Motto der DFB-Frauen für die WM 2015 in Kanada mit der Aufschrift "TITELTRAUM" (Foto: Dennis Grombkowski/Bongarts/Getty Images)
Mit dem WM-Motto auf dem Kissen zum ErfolgBild: Getty Images/D. Grombkowski/Bongarts

Denn das Wort "Traum" fällt so häufig im deutschen Lager, als solle es den verbindlicheren Begriff "Ziel" ablösen. War 2011 der Titel die ausgegebene Mission, sei diesmal schon der Einzug ins Halbfinale als Erfolg zu werten, betonte Bundestrainerin Silvia Neid. Die erste WM mit 24 Teams, dazu noch auf Kunstrasen und an sechs Spielorten über ganz Kanada verteilt, wird ein hartes Stück Arbeit, denn auch der Favoritenkreis ist kontinuierlich größer geworden.

Da wäre zunächst einmal Titelverteidiger Japan. Doch dieses Mal sind die Japanerinnen nicht die Jäger, sondern die Gejagten. Nach dem Überraschungstriumph vor vier Jahren in Deutschland müssen sie jetzt mit einer völlig neuen Rolle zurechtkommen. "Wir müssen immer gewinnen. Frauenfußball ist in Japan jetzt so populär, alle schauen auf uns. Das ist schwer", sagte Yuki Ogimi. Dennoch, betonte die Stürmerin vom VfL Wolfsburg, sei der WM-Pokal das Ziel: "Wir wollen wieder den Titel holen und zeigen, dass wir uns weiterentwickelt haben."

Frankreich und USA lauern

Auch Frankreich gehört mit zu den Titelanwärtern, ob es will oder nicht. Denn wer binnen weniger Monate Deutschland, die USA, Brasilien und Kanada schlägt, schwingt sich zwangsläufig zu einem der ganz großen WM-Favoriten auf. Und die Französinnen haben genug davon, als Titelkandidat gehandelt zu werden und dann im entscheidenden Moment zu versagen. "Wir sind reifer und besser vorbereitet, weil wir viel mitgemacht haben", sagte Innenverteidigerin Laura Georges. Die erfahrenste Akteurin weiß: So gut und so ausgeglichen wie in diesem Jahr war der französische Kader noch nie.

Die deutsche Frauen-Fußball-Nationalmannschaft mit Bundestrainerin Silvia Neid, Leonie Maier, Anja Mittag, Lena Lotzen, Dzsenifer Marozsan, Pauline Bremer, Jennifer Cramer, Tabea Kemme und Co-Trainerin Ulrike Ballweg (obere Reihe von links), Sara Däbritz, Simone Laudehr, Annike Krahn, Saskia Bartusiak, Josephine Henning, Alexandra Popp, Melanie Leupolz, Lena Goeßling und Teammanagerin Doris Fitschen (mittlere Reihe von links), Torwarttrainer Michael Fuchs, Lena Petermann, Melanie Behringer, Almuth Schult, Nadine Angerer, Laura Benkarth, Bianca Schmidt, Celia Sasic und Babett Peter (untere Reihe, von links) steht in Wollerau in der Schweiz für ein Gruppenfoto zusammen (Foto: Patrick Seeger/dpa)
Sie sollen es richten: der WM-Kader der deutschen Frauenfußball- Nationalmannschaft mit Bundestrainerin Silvia NeidBild: picture-alliance/dpa/P. Seeger

Hoch motiviert sind die Fußballfrauen der USA. In Kanada soll der Traum vom dritten Stern endlich wahr werden. "Es ist zu lange her. Und wir haben eine Mannschaft, die das Zeug dazu hat", sagte Torjägerin Abby Wambach. Der große Vorteil der US-Girls ist der qualitativ sehr ausgewogene und erfahrene Kader. Die Finalniederlage gegen Japan bei der WM 2011 steckt noch immer in den Köpfen der Spielerinnen. "Wir haben es einfach verdient, dieses Mal diese Goldmedaille zu gewinnen. Es ist unser großer Traum", sagte die frühere Frankfurterin Ali Krieger.

Kanada "muss das Finale erreichen"

In Kanada ist die Vorfreude auf das Turnier groß. Auch der Gastgeber gehört zu den Titelfavoriten und Nationaltrainer John Herdman ist sicher, dass seine Mannschaft mit dem großen Erwartungsdruck umgehen kann: "Dieses Mal, als Gastgeber, haben wir keine Wahl. Wir müssen das Finale erreichen." Das Heim-Turnier sei für seine Spielerinnen nun die größte Herausforderung ihres Lebens, so der Engländer. Entsprechend sagte Torhüterin Karina LeBlanc vor dem Eröffnungsspiel gegen China am Samstag (16.00 Uhr MESZ) in Edmonton: "Ich brenne darauf, dass es nun endlich losgeht. Unser ganzes Team ist geradezu besessen." Die 35-Jährige ist sich sicher: "Wir haben das Zeug zum Weltmeister."

Die DFB-Frauen betreten einen Kunstrasenplatz in Ottawa zum Training (Foto: Dennis Grombkowski/Bongarts/Getty Images)
Kunstrasen in Ottawa: Übung macht den WeltmeisterBild: Getty Images/D. Grombkowski

Was für die Gastgeberinnen Alltag ist, ist für die deutschen Frauen eine Herausforderung: Das DFB-Team muss sich an den Kunstrasen erst noch richtig gewöhnen. Daran arbeiten die Deutschen schon länger akribisch, doch nun wird es langsam ernst. In Ottawa trainiert der zweimalige Welt- und achtmalige Europameister auf einem nagelneuen Platz, der mit dem gleichen Untergrund ausgestattet ist, der auch in den sechs Stadien verlegt ist. "Wir waren positiv überrascht", lautete Lena Goeßlings erleichtertes Fazit. "Der Kunstrasen ist wieder anders als im Trainingslager in der Schweiz. Er ist wesentlich weicher, hat viel Granulat und ist ganz anders zu bespielen, selbst bei flachen Pässen wird der Ball nicht so schnell", sagte Torjägerin Alexandra Popp: "Total abgefahren, aber gut, dass wir uns darauf einstellen können."

Gegen die Elfenbeinküste sollte das Geläuf dann kein Problem mehr sein, schließlich muss gegen den WM-Neuling ein Sieg her, damit der deutsche "TITELTRAUM" kein Traum bleibt. Nach dem Auftaktspiel geht es für die DFB-Frauen in der Vorrunde dann gegen Norwegen (11. Juni, 22.00 Uhr MESZ, Ottawa) und Thailand (15. Juni, 22.00 Uhr MESZ, Winnipeg) weiter. Alle Spiele der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft können Sie übrigens im DW-Liveticker mit verfolgen.