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Neuer Streit ums alte Thema "Beutekunst"

29. April 2005

Das Thema war schon fast vergessen - eine Ausstellung in Moskau mit "Beutekunst" aus Deutschland hat den Streit um die Rückgabe der Kunstwerke aber wieder neu entflammt.

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"Beutekunst" im Moskauer Puschkin-MuseumBild: dpa

Das Moskauer Puschkin-Museum stellt zum 60. Jahrestag des Kriegsendes bislang unerschlossene Depots mit deutscher "Beutekunst" aus. Russische Fachleute hätten in fünf Jahren Arbeit aus Scherben und Trümmern etwa 350 Vasen, Statuen und Fresken wieder zusammengesetzt, hieß es zur Eröffnung der Ausstellung "Archäologie des Krieges. Rückkehr aus dem Nichts".

"Versuch der Legendenbildung"

Beutekunst, Hans Holbein in Moskau
Frauenporträt von Hans Holbein im Puschkin-Museum in MoskauBild: AP

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz teilte dazu mit, nichts von dem Projekt gewusst und nie Zugang zu den Objekten gehabt zu haben. Die Stiftung-Präsident Klaus-Dieter Lehmann übte harsche Kritik an der Moskauer Schau. Er wertete die Ausstellung als einen "erneuten Versuch zur Legendenbildung", da die Direktorin des Puschkin-Museums wieder die SS für Zerstörungen der in Berliner Bunker verbrachten Kunstschätze verantwortlich gemacht habe, was aber nicht den historischen Tatsachen entspreche. Die Kunstwerke seien Anfang Mai 1945 in unversehrtem Zustand an die Rote Armee übergeben worden.

Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, beklagte, dass alle Anfragen für den Zugang zu den Depots von russischer Seite abgelehnt worden seien. Er forderte gleichzeitig, "ohne Scheu und Vorbehalte auch über die Rückführung der Kulturgüter in ihren ursprünglichen Sammlungszusammenhang zu verhandeln".

"Keinerlei Folgen"

Schatz des Priamos im Puschkin Museum, Moskau
Auch der Schatz des Priamos gehört zur russischen BeutekunstBild: dpa

Im Puschkin-Museum lagert ein Großteil der auf sowjetischen Befehl abtransportierten Kunstschätze aus Deutschland, darunter die Troja-Funde von Heinrich Schliemann und der Eberswalder Goldschatz. Die Museumsdirektorin Irina Antonowa sagte bei der Eröffnung, aus Berlin sei noch keine Reaktion zu der Ausstellung erfolgt. "Selbst wenn eine Reaktion geflogen kommt, wird sie keinerlei Folgen haben." Das Museum unterstrich, dass die Gegenstände laut "Beutekunst"-Gesetz russisches Eigentum seien.

Die Diskussion rief auch das politische Berlin auf den Plan: Für den kultur- und medienpolitische Sprecher der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, Günter Nooke steht die Situation in der Beutekunst im krassen Gegensatz zu dem positiven Bild, das der Kanzler von den deutsch-russischen Beziehungen zeichnet. "Hier geht zurzeit politisch gar nichts." Die Staatsministerin Frau Dr. Weiss mache gute Miene zu diesem Trauerspiel. "Was fehlt, ist eine Initiative auf höchster politischer Ebene. Hier ist Deutschland zu zögerlich", sagte Nooke in Berlin.

"Politisch schwieriges Umfeld"

Kulturstaatsministerin Weiss (parteilos) betonte, auch im "politisch schwierigen Umfeld der Rückführungsverhandlungen" sei es "selbstverständlich, dass Deutschland seinen rechtsstaatlichen Verpflichtungen zur Rückgabe nachkommt". Die öffentliche Meinung in Russland zur Frage einer Rückführung der so genannten Beutekunst habe sich seit Mitte der 1990er Jahre "grundlegend verändert". Dies habe letztlich größere Rückgabeerfolge über die Kirchenfenster der Marienkirche in Frankfurt/Oder hinaus verhindert. (sams)