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Neues gegen Diabetes

Michael Engel6. September 2012

Diabetes wird wie kaum ein anderes Leiden intensiv erforscht. Kein Wunder, schließlich steigt die Zahl der Zuckerkranken weltweit dramatisch. Ist die regelmäßige Insulinspritze bald eine Therapie von gestern?

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Blutzuckermessgerät über einem Finger mit Blutstropfen (Foto: Fotoimpressionen/Fotolia)
Diabetes Blutzuckermessung InsulinBild: Fotoimpressionen/Fotolia

Geforscht wird beispielsweise an der Immunintervention mit monoklonalen Antikörpern. Die Wissenschaftler suchen dabei nach Wirkstoffen, die den Angriff des Immunsystems auf die insulinproduzierenden Betazellen verhindern, erklärt Elmar Jäckel von der Medizinischen Hochschule Hannover.

Die Behandlung ist vor allem für Typ-1-Diabetiker interessant, weil die Patienten zum Zeitpunkt der Erstdiagnose häufig noch 15 Prozent intakte insulinproduzierende Zellen besitzen. Monoklonale Antikörper schützen die restlichen Zellen vor dem zerstörenden Zugriff des Immunsystems mit der Folge, dass die Betroffenen wenigstens nicht mehr so häufig Insulin spritzen müssen.

Internationale Studien sind allerdings unterschiedlich verlaufen: Während junge und schlanke Typ-1-Diabetiker aus Europa und Amerika von Präparaten wie Teplizumab durchweg profitierten, blieben die Behandlungserfolge bei Diabetikern im asiatischen Raum hinter den Erwartungen zurück.

Elmar Jäckel glaubt, dass Typ-1-Diabetes in asiatischen Ländern andere Ursachen hat und die Medikamente möglicherweise deshalb unterschiedlich wirken. Außerdem, so der Mediziner aus Hannover, hatten die Probanden mit Typ-1-Diabetes in Asien deutlich mehr Übergewicht. Typ-1-Diabetiker in Europa sind in der Regel sehr schlank. Weitere Forschungen sollen nun die Frage klären, warum nur manche, nicht aber alle Typ-1-Diabetiker von den Präparaten profitieren.

Neue friedliche Immunzellen

Neben den monoklonalen Antikörpern gibt es noch andere Strategien der Immunintervention. So experimentieren brasilianische Forscher mit Stammzellen aus dem Blut. Die Therapie läuft ähnlich ab wie eine Leukämiebehandlung: Erst wird das körpereigene Immunsystem unter Röntgenbestrahlung zerstört, dann erfolgt eine Infusion mit frischen Blutstammzellen in der Hoffnung, dass sich die neu ausbildenden Killerzellen des Immunsystems gegenüber den Betazellen der Bauchspeicheldrüse friedlich verhalten. Erste klinische Studien verlaufen vielversprechend.

Mikroskopaufnahme eines Insulinmoleküls (Foto: AP)
Typ-1-Diabetiker stellen selbst nicht mehr genügend Insulin her.Bild: AP

Eine andere Strategie, die in Israel, den USA und Deutschland verfolgt wird, zielt auf die Leber. Da sich das Organ ständig erneuert, können Teile des Gewebes problemlos entnommen werden, ohne den Patienten zu schädigen. Da sich die Zellen der Leber und der Bauchspeicheldrüse funktionell ähneln, genügen nur wenige genetische Veränderungen, um eine Leberzelle in eine insulinproduzierende Betazelle zu verwandeln.

"Im Tierversuch klappt das schon“, sagt Jäckel. Ob die Umprogrammierung von Leberzellen eine echte Alternative für den Menschen ist, würden aber erst die nächsten fünf bis zehn Jahre zeigen, so der Forscher.

Impfen oder Ausscheiden

Schon einen Schritt weiter, über Tierversuche hinaus, sind Impfstrategien gegen Diabetes Typ 1. Erste Vakzine könnten schon in drei Jahren auf den Markt kommen, vermutet Jäckel.

Insulin wird in Bauch gespritzt (Foto: Fotolia/Dmitry Lobanov)
Wird das Insulinspritzen in Zukunft unnötig?Bild: Fotolia/Dmitry Lobanov

Erfreuliche Nachrichten gibt es auch für Typ-2-Diabetiker. Kurz vor der Zulassung steht ein Wirkstoff, der nach Ansicht des Experten das Potential zum Blockbuster hat: Das Präparat, das wahrscheinlich unter dem Namen "Forxiga“ in die Apotheken kommt, regt die Nieren dazu an, überflüssigen Blutzucker einfach über den Harn auszuscheiden. Insulin müssten die Patienten dann wohl nicht mehr von außen zuführen. Das Komitee der Europäischen Arzneimittelagentur hat sich bereits positiv geäußert, woraus in der Regel eine Zulassung in den EU-Mitgliedsstaaten resultiert. Wann das Präparat auf den Markt kommt, ist derzeit noch nicht entschieden.