Neue Vorwürfe gegen FIFA-Spitze
2. Juni 2015Jetzt gerät auch ein enger Vertrauter des wiedergewählten FIFA-Präsidenten Sepp Blatter ins Visier der amerikanischen Justizbehörden. Sie haben FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke (Artikelbild) im Verdacht, dem mittlerweile geschassten Vizepräsidenten Jack Warner im Jahr 2008 zehn Millionen Dollar von einem FIFA-Konto überwiesen zu haben. Das berichtet die "New York Times" unter Berufung auf Ermittlerkreise der Bundespolizei FBI. Im Gegenzug habe Warner Südafrika als WM-Ausrichter 2010 seine Unterstützung zugesagt.
Die US-Behörden ermitteln gegen Warner wegen des Verdachts des Betruges, der Geldwäsche und der Bestechung. Er gehört zu den Funktionären, die auf Betreiben der US-Justiz vergangene Woche in der Schweiz festgenommen wurden. Warner selbst bezeichnete die Anschuldigungen wiederholt als Revanche der USA für die Niederlage des Landes bei der Abstimmung über die Vergabe der WM-Endrunde 2022 gegen Katar. Das US-Justizministerium hat die Auslieferung Warners beantragt. Ihm wird organisierte Kriminalität, Korruption und Geldwäsche vorgeworfen. Der Funktionär war in seinem Heimatland Trinidad und Tobago in der vorigen Woche nach einem Gerichtstermin gegen eine Kaution von 2,5 Millionen Dollar auf freien Fuß gesetzt worden.
FIFA und Valcke dementieren
Valcke wird in der amerikanischen Anklageschrift nicht als Beklagter genannt und auch nicht einer Straftat beschuldigt. Gleichwohl handele es sich bei dem "hochrangigen FIFA-Funktionär", den die Staatsanwaltschaft in der Anklage beschreibe, um Valcke, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters. Diese Person soll die umstrittenen Zahlungen in drei Tranchen zwischen Januar und März 2008 auf Konten veranlasst haben, die Warner kontrolliert habe. Valcke bestritt in einer Mail an die "New York Times" seine Verwicklung in die finanzielle Transaktion. Er erklärte, weder habe er die Zahlung angewiesen noch habe er die Macht dazu.
Auch die FIFA selbst hat inzwischen eine Verwicklung von Valcke in die jüngsten Korruptionsvorwürfe zurückgewiesen. Weder Valcke noch andere Mitglieder der FIFA-Führung seien "an der Initiierung, der Bewilligung und Ausführung" einer Zehn-Millionen-Überweisung auf ein US-Konto beteiligt gewesen, hieß es in einer FIFA-Stellungnahme. Darüber hinaus teilte der Weltverband mit, dass Valcke nicht bei der Eröffnung der Frauen-WM in Kanada dabei sein werde. "Es ist wichtig, dass er sich um Angelegenheiten im FIFA-Hauptquartier in Zürich kümmert". Das Turnier beginnt am Samstag mit der Partie zwischen Gastgeber Kanada und China in Edmonton.
Am vergangenen Mittwoch waren in Zürich sieben Fußball-Funktionäre wegen des Verdachts der Korruption und Geldwäsche festgenommen worden. Bislang richtete sich die Anklage der US-Staatsanwaltschaft gegen 14 Personen, darunter neun FIFA-Offizielle. Zudem ermittelt die Schweizer Bundesanwaltschaft wegen "Unregelmäßigkeiten" bei den WM-Vergaben an Russland und Katar. Der Name Blatter taucht dort bisher nicht auf.
Zweiter Rückzug aus England
Nach der umstrittenen Wiederwahl Blatters kündigte die Engländerin Heather Rabbatts am Montag ihren sofortigen Rückzug aus der Antidiskriminierungskommission des Weltverbandes an. Wie viele andere finde sie es inakzeptabel, dass so wenig getan wurde, um die FIFA zu reformieren, schrieb die 59-jährige Rechtsanwältin in einem Brief an Generalsekretär Valcke. Durch die Wiederwahl Blatters sei klar, "dass der Ruf des Fußball-Weltverbandes weiter beschädigt wird". Dies untergrabe die Glaubwürdigkeit jeglicher Arbeit gegen Antidiskriminierung. Zuvor hatte bereits ihr Landsmann David Gill seinen sofortigen Rückzug aus dem FIFA-Exekutivkomitee bekanntgegeben. Rabbatts war das einzige weibliche Mitglied des englischen Fußballverbandes in der Kommission. Blatter war am Freitag trotz des Korruptionsskandals um führende Fußball-Funktionäre zum fünften Mal zum FIFA-Präsidenten gewählt worden.
kle/as (sid, rtr, afpe, ape)