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Neue Sanktionen gegen Russland?

Klaus Jansen31. August 2014

Bisher sind es nur Drohungen, aber die Europäische Union könnte ihre Wirtschaftssanktionen gegen Russland bald ausweiten. Seit Monaten verschärft die EU ihr Vorgehen, aber Russland hält an seiner Ukraine-Politik fest.

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Rossiya Bank St. Petersburg - Foto: Igor Russak (RIA Novosti)
Bild: picture-alliance/dpa

Großbritanniens Premierminister David Cameron brachte es nach dem EU-Gipfel am Wochenende auf den Punkt: Das Verhalten Russlands gegenüber der Ukraine - mittlerweile sollen hunderte russische Soldaten in der Ostukraine stationiert sein - sei inakzeptabel. "Das haben wir in Europa von unserer eigenen Geschichte gelernt. Das muss einfach Konsequenzen haben", so Cameron.

Welche Konsequenzen das sind, das haben die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union auf ihrem Brüsseler Gipfel noch weitgehend im Unklaren gelassen. Innerhalb einer Woche soll die EU-Kommission prüfen, welche zusätzlichen Sanktionen jetzt folgen könnten. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von Einschränkungen im Finanz- und Energie-Sektor. Auch könnte die Liste der Menschen erweitert werden, deren Konten in der EU gesperrt sind und die dort auch nicht mehr einreisen können.

Drei Stufen gegen Russland

Die Taktik der Europäischen Union war lange Zeit ein Dreistufenmodell, das auf dem EU-Gipfel Anfang März beschlossen wurde. Erst wurden Gespräche über eine weitere Annäherung mit Russland gestoppt. Die EU verhandelte jetzt nicht mehr darüber, ob Russen auch ohne Visum in die Europäische Union einreisen dürfen. Außerdem wurden geplante Verhandlungen über ein Wirtschaftsabkommen unterbrochen. Dann flog Russland aus mehreren internationalen Gremien: Die G8 schrumpfte wieder zur G7, die deutsch-russischen Regierungskonsultationen wurden abgesagt.

In einer zweiten Stufe wurden Einreiseverbote und Kontosperren für bestimmte Russen und Ukrainer erlassen. Mittlerweile stehen 95 Personen auf dieser Sanktions-Liste der EU. Den Betroffenen wird vorgeworfen, für die Destabilisierung der Ukraine mit verantwortlich zu sein. Auch mehr als 20 Unternehmen und Organisationen können nicht mehr auf ihre Konten in der EU zugreifen.

Angela Merkel und Wladimir Putin (13.07.2014) - Foto: Alexkey Nikolsky (RIA Novosti)
Gesprächspartner Merkel und Putin: "Einschränkungen im Finanz- und Energie-Sektor"Bild: picture-alliance/dpa

Die lang angedrohte Stufe drei - Wirtschaftssanktionen - ist zumindest zum Teil seit einem Monat in Kraft. Die Europäische Union hat russischen Banken den Zugang zum EU-Kapitalmarkt erschwert. Auch ein Waffenembargo ist in Kraft: An die russischen Streitkräfte dürfen weder zivil noch militärisch nutzbare Güter geliefert werden. Auch Spezialgeräte zur Öl- und Gasförderung stehen auf der Verbotsliste. Russland antwortete darauf mit einem Importstopp für Fleisch, Obst, Gemüse und Milchprodukte aus der EU.

Unklare Wirkung

Was diese Schritte bisher gebracht haben, ist umstritten. "Die Sanktionen sind wichtig. Aber wir müssen jetzt erst mal sehen, welche Einfluss sie darauf haben, das russische Verhalten zu ändern", sagte der niederländische Regierungschef Mark Rutte am Wochenende in Brüssel. Viele EU-Länder überlegen schon seit Monaten, wie sie die russische Wirtschaft am besten von westlichen Märkten abschneiden können, ohne selbst zu stark getroffen zu werden. Die Hoffnung dabei ist auch, dass sich Russland das militärische Vorgehen gegen die Ukraine dann irgendwann buchstäblich nicht mehr leisten kann.

Um dieses Ziel zu erreichen, könnten die Wirtschaftssanktionen gegen Russland noch deutlich erweitert werden: Die russischen Finanzinstitute wie Sberbank, VTB Bank, Gazprombank, Vnesheconombank (VEB) oder die Russische Agrarbank könnten vom EU-Börsenhandel und weiteren Handelsplätzen ausgeschlossen werden. Genauso könnte es verboten werden, Aktien und Anleihen von Firmen zu zeichnen, die im russischen Finanz-, Energie- und Verteidigungssektor tätig sind. Das Kalkül dabei: Wenn solche Firmen keinen Zugriff mehr auf westliche Geldquellen haben, wären sie gezwungen, sich an den russischen Staat zu wenden. Das würde Russlands Staatshaushalt belasten.

Präsidenten Putin und Xi Jinping in Shanghai - Foto Mikhail Metzel (RIA Novosti)
Präsidenten Putin und Xi in Shanghai: Könnte China das Sanktions-Hin-und-Her nutzen?Bild: picture-alliance/dpa

Isolation nur eine fixe Idee?

Ein internes Papier, das den EU-Staatschefs vorliegt, geht davon aus, dass Russland auf diese Weise derart vom globalen Markt isoliert werden könnte, dass es politisch einlenken müsste. "Andere Staaten wie die Schweiz, Singapur, Hong Kong oder Tokio könnten nur zwischenzeitlich maßgebliche Ersatzfunktionen übernehmen. Den Verlust von EU- und US-Investoren könnten sich aber nicht völlig ausgleichen", heißt es im Schriftstück.

Andere Experten kommen zu anderen Schlüssen. Denn gerade China könnte das Sanktions-Hin-und-Her zwischen Russland und dem Westen nutzen. "China profitiert von der Isolation Russlands", ist Moritz Rudolph vom Chinastudien-Institut Merics überzeugt. Das Land habe einfach weniger internationale Konkurrenz und könnte die Lücke füllen, die der Westen hinterlässt. Die deutsche Industrie warnt seit Monaten, dass ihnen chinesische Konkurrenten in Russland die Aufträge wegschnappen. Schon jetzt importiert Russland 17 Prozent seiner Waren aus China. Das ist so viel, wie aus keinem anderen Land und so viel, wie Deutschland und die USA zusammengenommen nach Russland exportieren. Ob die Wirtschaftssanktionsschraube wirklich greift, scheint jetzt noch nicht absehbar zu sein.