Neue Runde im Rechtsstreit Gurlitt
28. April 2015Als Cornelius Gurlitt am 6. Mai 2014 verstarb, vermachte er seine umfangreiche Sammlung von mehr als 1500 Bildern, die unter dem Verdacht der NS-Raubkunst stehen, dem Kunstmuseum Bern. Schon damals legte seine Cousine Einspruch ein und erhob Anspruch auf das Erbe. Das Gericht hatte allerdings im März 2015 den Antrag der Gurlitt-Cousine auf einen Erbschein abgelehnt und erklärt, es halte das Testament mit dem Kunstmuseum Bern als Alleinerben für wirksam.
Gutachten nicht gewürdigt?
Nun haben Uta Werners Anwälte in einem Brief an das Museum, an den bayerischen Justizminister Winfried Bausback und an Kulturstaatsministerin Monika Grütters fristgerecht Einspruch gegen den abschlägigen Bescheid eingelegt. Nach wie vor gehe ihre Mandantin davon aus, dass Gurlitt zu dem Zeitpunkt, als das Testament verfasst wurde, nicht mehr mit freiem Willen entscheiden konnte. Nach Einschätzung seiner Cousine litt Cornelis Gurlitt unter wahnhaften Vorstellungen. Dazu existiere auch ein psychologisches Gutachten, das vom Amtsgericht nicht ausreichend gewürdigt worden sei.
Großes Interesse deutscher Museen
Uta Werners Anwälte betonten, dass ihre Mandantin an der raschen Rückgabe als Raubkunst identifizierter Kunstwerke interessiert sei und diese nicht verzögern wolle, wie mehrmals behauptet wurde. Aus ihrer Sicht gehören die Werke als Dokumente der Zeitgeschichte nach Deutschland und nicht in die Schweiz. In der Sammlung befinden sich auch Bilder von Louis und Cornelia Gurlitt, beides Vorfahren der Familie. Auch sie müssten in der Obhut deutscher Museen bleiben, lässt Uta Werner über ihre Anwälte mitteilen. Das Interesse an den Kunstwerken ist in Deutschland groß. So erklärte kürzlich der künstlerische Leiter der documenta, Adam Szymczyk, dass er sie gern in der Weltkunstausstellung 2017 zeigen würde.
Die Prüfung der Beschwerde durch das Amtsgericht München wird umgehend erfolgen, hieß es am Dienstag. Sollte das Gericht seine Entscheidung abändern wollen, müssten nochmals alle Beteiligten gehört werden, teilte eine Sprecherin mit. Andernfalls würden die Akten dem Oberlandesgericht vorgelegt.
Kunstmuseum Bern lässt Arbeit an Forschungsstelle ruhen
Das Kunstmuseum Bern teilte unterdessen mit, dass es ihm in der aktuellen Situation verwehrt sei, die ihm testamentarisch vermachte Erbschaft anzutreten. "Die Aktivitäten des Kunstmuseums Bern in Sachen Gurlitt bleiben aufs Allernotwendigste beschränkt", erklärte das Museum in einer Mitteilung an die Medien. "Insbesondere wird die geplante Forschungsstelle ihre Arbeit vorläufig nicht aufnehmen." Wie lang sich das Verfahren um das Gurlitt-Erbe noch hinziehen wird, ist zum derzeitigen Zeitpunkt unklar.
suc/rey (dpa, SLB Kloepper Rechtsanwälte, KMB)