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Nobelpreis für Wirtschaftwissenschaften verliehen

10. Oktober 2016

Den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften bekommen in diesem Jahr zwei Ökonomen, die in den USA leben und lehren: der aus England stammende Oliver Hart und der in Helsinki geborene Bengt Holmström.

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Schweden Bekanntgabe Wirtschfts-Nobelpreis 2016 in Stockholm
Bild: Reuters/TT News Agency/S. Stjernkvis

Das Leben in unseren Gesellschaften ist ohne Verträge nicht denkbar. Sie entscheiden über die Grundlagen unserer Existenz. Das ist mit der Globalisierung immer wichtiger geworden - aber die Wissenschaft von den Verträgen, Vertragstheorie genannt, ist schon deutlich älter. Vertragstheorien haben schon Thomas Hobbes im 17. Jahrhundert oder der römische Politiker und Philosoph Cicero vor mehr als 2000 Jahren formuliert.

Die Schwedische Reichsbank, die den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften gestiftet hat und verleiht, zeichnet in diesem Jahr zwei Ökonomen dafür aus, dass sie dieser Disziplin "neue theoretische Werkzeuge" zur Verfügung gestellt haben, mit denen es möglich ist, Verträge und die Institutionen, die sie verhandeln, besser verstehen zu können. Auch Fallstricke beim Verfassen von Verträgen könnten damit schneller erkannt werden.

Gewinner Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften

Die amerikanischen Preisträger kommen aus Europa

Oliver Simon D'Arcy Hart, so sein vollständiger Name, wurde 1948 in Großbritannien geboren und studierte unter anderem am King's College in Cambridge und an der Universität von Warrick. Hart, der die amerikanische  Staatsbürgerschaft besitzt, lehrt an der Harvard University. Der Vater zweier Söhne ist mit einer Medizinerin verheiratet und hat zwei Enkel.

Bengt Robert Holmström ist 1949 in der finnischen Hauptstadt Helsinki geboren worden. In seiner Heimatstadt hat er auch studiert, nämlich Mathematik, Physik und Statistik. Seine Studien schloss er an der Stanford Universität in den USA ab. Nach einer Zwischenstation in Schweden kehrte er in die USA zurück. Seit 2007 lehrt er am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge, Massachusetts.

Die Fallstricke unvollständiger Verträge

In den 1970er Jahren beschrieb Holmström, wie ein Vertragspartner, etwa ein Aktionär, einen optimalen Vertrag mit einem Agenten aushandeln sollte. Die Schwierigkeit dabei: Der Auftragsgeber kann die Tätigkeit des Agenten nur bedingt einsehen und beurteilen. Holmströms sogenanntes "Informativeness Principle", so schreiben die Preisverleiher in ihrer Begründung, stellt klar, wie der Vertag zwischen Aktionär und Agent formuliert sein muss, damit die Leistung des Agenten nachvollziehbar bezahlt werden kann.

Einige Jahre später hat Oliver Hart die Leistung erbracht, für die er nun ausgezeichnet wird: Er habe, so das Preiskomitee, einen fundamentalen Beitrag zu sogenannten unvollständigen Verträgen erbracht. Weil es unmöglich ist, in einem Vertrag alle Eventualitäten zu berücksichtigen, formuliert die Hart'sche Theorie Kontrollmechanismen, die die Fragen beantworten hilft: Welcher Vertragspartner soll welche Entscheidung unter welchen Umständen treffen dürfen?

Auch zur Berechnung von Banker-Boni geeignet

"Durch ihre Beiträge", schreibt das Preiskomitee, "haben Hart und Holmström der Vertragstheorie ein fruchtbares Feld für die Grundlagenforschung bestellt. Ihre Analysen optimaler Verträge legen auf vielen Feldern eine intellektuelle Grundlage zur Verhandlungsführung fest - beispielsweise bei der Korruptionsbekämpfung."

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, lobte die Entscheidung des Komitees und wies auch darauf hin, wo die Gedanken von Hart und Holmström noch Anwendung finden können: "Die Gestaltung vieler Versicherungsverträge geht auf die Analysen der beiden Nobelpreisgewinner zurück", sagte er. "Die Politik sollte sich die Arbeit von Hart und Holmström anschauen, um Boni für Banker so zu gestalten und zu beschränken, dass diese mehr im Interesse der Gesellschaft und weniger im eigenen Interesse handeln."

Preis für amerikanische Ökonomen

Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaft, dessen aktuelle Träger heute bekannt gegeben wurden, ist streng genommen gar kein "Nobel"-preis. Jedenfalls geht er nicht auf den letzten Willen des Dynamit-Erfinders Alfred Nobel (1833-1896) zurück. Der Schwede hatte in seinem Testament nur bestimmt, dass Preise in Medizin, Physik, Chemie, Literatur und Frieden vergeben werden sollten. Den Wirtschaftspreis stiftete die schwedische Reichsbank in Erinnerung an Nobel nachträglich 1968.

Seitdem sind vor allem Ökonomen aus den USA ausgezeichnet worden - allerdings nicht in den letzten zwei Jahren: 2014 bekam der Franzose Jean Tirole den Preis, 2015 erkannte die Jury ihn dem britisch-amerikanischen Wissenschaftler Angus Deaton zu. Bislang hat nur ein Deutscher die Auszeichnung bekommen: Der Bonner Spieltheoretiker Reinhard Selten erhielt ihn 1994 mit zwei anderen Ökonomen.

Überreicht wird der Wirtschaftspreis gemeinsam mit den anderen Nobelpreisen am 10. Dezember, Nobels Todestag.

dk/hb (Schwedische Reichsbank, rtr/dpa)