Nelson Mandela: Der südafrikanische Gandhi?
29. September 2011Ramesh Sharma von der Gandhi Peace Foundation in Neu Delhi erinnert sich noch immer gerne an seine Begegnung mit Nelson Mandela: an das herzliche Lachen, die gütigen, funkelnden Augen, die weißen, krausen Haare. Genau wie Mahatma Gandhi ist Mandela für Ramesh Sharma ein Politiker von Weltrang, eine Symbolfigur, die mit ihrem kompromisslosen Kampf eine ganze Nation prägte. Mandela, so Ramesh, ist einer von Gandhis Erben: "Es ist wirklich beispielhaft, wie konstruktiv Mandela seine Wut einsetzte. Er ist den Weg der Gewaltfreiheit gegangen. Dadurch hat nicht nur der Kampf Südafrikas gegen die Apartheid an Kraft gewonnen, sondern jedes Individuum hat die Macht des gewaltfreien Widerstandes begriffen."
Gandhi und Mandela: Parallelen
Tatsächlich zeigen das Leben Mandelas Parallelen zu Gandhi, der selbst einige Jahre seines Lebens in Südafrika verbrachte. Wie Gandhi studierte auch Nelson Mandela Jura, gründete 1953 eine Anwaltskanzlei und arbeitete einige Jahre als Rechtsanwalt. Auch er erfuhr Rassentrennung und Diskriminierung am eigenen Leib. Wie Gandhi wurde Mandela für seine politischen Aktivitäten ins Gefängnis gesteckt.
Seit 1943 war Mandela im African National Congress aktiv und gehörte zunächst zu dessen bewaffneten und gewaltbereiten Flügel. Für Mandela war es ein längerer Prozess, den Prinzipien Gandhis zu folgen und den Weg der Gewaltlosigkeit zu gehen.
Abkehr von der Gewalt
27 Jahre verbrachte Mandela im Gefängnis. Am 11. Februar 1990 kam er endlich frei. Am Tage seiner Freilassung leitete er in einer Rede vor 120.000 Zuhörern in einem Stadion in Soweto öffentlich seine Politik der Versöhnung ein.
Er rief alle Menschen auf "die Apartheid aufzugeben" und an einem "geeinten und demokratischen Südafrika mit allgemeinen, freien Wahlen und Stimmrecht für alle" mitzuarbeiten.
Vier Jahre später wurde Nelson Mandela zum ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas gewählt. Während seiner Amtszeit bemühte er sich darum, den Versöhnungsprozess voranzutreiben. Auch nach dem Ende seiner Präsidentschaft 1999 setzte er sich weiterhin für Gewaltfreiheit innerhalb der Gesellschaft Südafrikas ein.
Mit Hilfe von Gandhis Lehre sei die Apartheid besiegt worden, sagte Mandela später: "Gandhis Ideen haben für Südafrikas Transformation eine große Rolle gespielt. Doch obwohl die Welt inzwischen sehr viel gelernt hat, sind Frieden und Gewaltfreiheit nicht automatisch garantiert."
Botschafter für den Frieden
Der Politikwissenschaftler Ajay Kumar Dubey von der renommierten Jawaharlal-Nehru-Universität in Neu Delhi glaubt, dass Mandela und Gandhi für das Ansehen ihrer Heimatländer extrem wichtig sind: "Wenn Südafrika sich als afrikanische Macht beweisen will, muss es zeigen, dass es auch eine Persönlichkeit von Weltrang besitzt - jemand wie Nelson Mandela, der die friedliche Transformation des Landes erreicht hat. Natürlich versucht man daher, ihn als eine Art Gandhi Südafrikas darzustellen."
2004 sagte Mandela in einer Rede, dass es nur dann Frieden geben könne, wenn jeder einzelne wohlhabend sei, egal wo er lebe, egal welcher gesellschaftlichen Schicht er angehöre. Genau wie Mahatma Gandhi, der Kasten- und Religionsgrenzen überwinden wollte, kämpfte auch Nelson Mandela für die Überwindung der Armut. Für sein Lebenswerk erhielt er 1993 den Friedensnobelpreis. Auch Gandhi hätte diese Auszeichnung erhalten, wenn er nicht im Januar 1948 von einem Attentäter erschossen worden wäre.
Autorin: Abha Mondhe
Redaktion: Ana Lehmann