Nawalny bestätigt Verlegung in Strafkolonie in Polarregion
26. Dezember 2023Nach seiner Verlegung in eine Strafkolonie in der russischen Polarregion hat der inhaftierte russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny versichert, dass es ihm "gut" gehe. "Machen Sie sich keine Sorgen um mich. Mir geht es gut. Ich bin total erleichtert, dass ich es endlich geschafft habe", schrieb Nawalny im Onlinedienst X. Die 20 Tage dauernde Verlegung zu seinem neuen Haftort sei "ziemlich anstrengend" gewesen. Er sei aber "immer noch gut gelaunt, wie es sich für einen Weihnachtsmann gehört", erklärte Nawalny mit Blick auf seine den klimatischen Bedingungen angepasste Winterkleidung und seinen während der langen Reise gewachsenen Bart.
Fernab der Zivilisation
Zuvor hatte bereits Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch in X mitgeteilt, dass der Kremlgegner in das Straflager IK-3 in Charp im Norden Russlands im Automonen Kreis der Jamal-Nenzen verlegt worden sei. Das Lager - auch "Polarwolf" genannt - liegt mehr als 2000 Kilometer von Moskau entfernt. Es wurde - etwa 60 Kilometer - nördlich des Polarkreises in den 1960er Jahren als Teil des ehemaligen sowjetischen Gulag-Systems als Zwangsarbeitslager eingerichtet. Die meisten Gefangenen wurden wegen schwerer Verbrechen verurteilt.
Laut Nawalnys Mitarbeiter Iwan Schdanow ist es eine der nördlichsten und entlegensten Kolonien überhaupt. "Die Bedingungen dort sind brutal", sagte Schdanow. Dort herrsche Dauerfrost. Es sei sehr schwer, dorthin zu gelangen; es würden keine Briefe in das Lager zugestellt.
Von Nawalny hatte mehr als 20 Tage jede Spur gefehlt. Sein Team und die Anwälte hatten eine Suchaktion gestartet. Es sei von Anfang an klar gewesen, dass Moskaus Machtapparat den Gegner von Kremlchef Wladimir Putin vor der Präsidentenwahl am 17. März isolieren wolle. "Sein Aufenthaltsort wurde geheim gehalten", kritisierte Schdanow.
Putins schärfster Kritiker
Der unter anderem wegen angeblichen Extremismus zu 19 Jahren Haft verurteilte Nawalny führt immer wieder Klagen gegen den Strafvollzug wegen Verletzung seiner Rechte. Er nutzt die Gerichtsauftritte zur Kritik an Putins autoritärem System. Zuletzt war er zu den Verhandlungen nicht mehr zugeschaltet worden. Seit Anfang Dezember war der Aufenthalt des schärfsten Gegners des russischen Präsidenten unbekannt gewesen. Die Sorge um den 47-Jährigen war auch deshalb groß, weil er gesundheitlich angeschlagen ist.
Mitarbeiter des Strafvollzugs hatten bei Gerichtsprozessen nur mitgeteilt, dass Nawalny nicht mehr im Straflager IK-6 rund 260 Kilometer östlich von Moskau im Gebiet Wladimir sei. Die Kremlgegner um Nawalny hatten Anfang Dezember auch die Kampagne "Russland ohne Putin" begonnen, mit der sie Wähler vor der Präsidentenwahl dazu aufrufen, durch die Stimmabgabe für andere Kandidaten ihren Protest zu äußern.
Putin tritt zum fünften Mal bei der Abstimmung an, mögliche Mitbewerber gelten als chancenlos. Nawalny, der 2020 auch einen Mordanschlag mit dem Nervengift Nowitschok überlebt hatte und in Deutschland medizinisch behandelt worden war, ist seit fast drei Jahren in Haft. Er wird international als politischer Gefangener anerkannt.
haz/qu/sti (dpa, rtr, afp)