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Tourismus in Myanmar

Gero Simone28. November 2012

Die Regierung Myanmars will das Land touristisch erschließen und diese Entwicklung von Anfang an wirtschaftlich, ökologisch und sozial verantwortlich gestalten. In Deutschland wächst das Interesse an nachhaltigen Reisen.

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ARCHIV - Das wichtigste religöse Wahrzeichen Birmas, die Shwedagon-Pagode in Rangun, ist auch einer der größten Touristenattraktionen (Archivfoto vom 02.10.2008). Nach dem niedergeschlagenen Mönchsaufstand und dem verheerenden Zyklon Nargis kommen nur noch wenig Touristen. Foto: Christiane Oelrich (zu dpa-Korr.-Bericht: "Leere an Birmas Pagodenpracht: Desaster schrecken Touristen ab" vom 13.10.2008) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Tourismus in BirmaBild: picture-alliance/dpa

Seit der Machtübernahme von Präsident Thein Sein befindet sich Myanmar auf einem Liberalisierungs- und Demokratisierungskurs, der nun auch Auswirkungen auf die Besucherströme erkennen lässt. Denn durch die allmähliche Öffnung des Landes wächst das internationale Interesse: In der ersten Hälfte dieses Jahres kamen, verglichen mit dem gleichen Zeitraum im vergangenen Jahr, bereits 30 Prozent mehr Touristen nach Myanmar.

Doch dort ist man sich der Gefahren des Massentourismus bewusst. Umweltzerstörung, Kommerzialisierung der Kulturgüter und unfaire Arbeitsbedingungen für die lokale Bevölkerung sollen vermieden werden, bevor sich die Strukturen im Tourismussektor gefestigt haben. Daher entwickelte die Regierung in Zusammenarbeit mit Vertretern der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft sowie der deutschen Hanns-Seidel-Stiftung ein Strategiepapier zur Tourismusentwicklung in Myanmar. Die "Responsible Tourism Policy" listet Richtlinien auf, anhand derer die Umwelt geschützt, eine stabile wirtschaftliche Entwicklung eingeleitet und Armut verringert werden soll. Nachhaltigkeit heißt das Ziel der Regierung, das sie so weit wie möglich umsetzen will. 

Konferenzteilnehmer diskutieren über Richtlinien, die einen nachhaltigen Tourismus in Myanmar ermöglichen sollen (Foto: DW)
Teilnehmer einer Konferenz zum Thema "Nachhaltiger Tourismus" in MyanmarBild: Nicole Häusler

Drei-Säulen-Modell

"Nachhaltiger Tourismus fußt auf den drei Säulen der wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Verantwortung", erklärt Achim Munz, Repräsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Myanmar. Um dem wirtschaftlichen Aspekt Rechnung zu tragen, müsse die Regierung den Ausbau des Tourismussektors ganz oben auf ihre Agenda setzen. "Investitionen in den Tourismus - beispielsweise durch den Ausbau der Infrastruktur - sind sehr wichtig für die künftige Wirtschaftsentwicklung Myanmars ", so Munz. Man müsse zudem den Markt genauer steuern um die Preise auf akzeptablem Niveau zu halten: "Im Moment explodieren die Preise für Hotelzimmer, so werden Besucher abgeschreckt."

Im ökologischen Bereich plane die Regierung, auf bessere Abwasseranlagen und Recyclingsysteme zu achten und die Solarenergie zu fördern, so Munz. "Außerdem will man umweltfreundlichere Busse einsetzen."Mit dem Aspekt der sozialen Verantwortung kennt sich Tourismusberaterin Nicole Häusler aus. Sie war an der Erarbeitung des Strategiepapiers maßgeblich beteiligt. "Es wird besonderer Wert darauf gelegt, Arme, Frauen und Jugendliche viel stärker zu integrieren und ihnen Aus- oder Weiterbildung zu ermöglichen." Die Menschen vor Ort sollen leichter Arbeit in Hotels, Gasthäusern und Restaurants oder als Reiseführer finden, und so von den Einnahmen im Tourismussektor profitieren. "Die Regierung will Kleinunternehmer fördern, die Handarbeit oder Kunst verkaufen. Aber auch Bauern und kleinere Betriebe sollen vom Tourismus profitieren, da in Hotels und Restaurants lokale Produkte und Lebensmittel bevorzugt angeboten werden sollen", so Häusler.

Einheimische und Touristen besuchen die Shwedagon-Pagode in Rangun (Foto:DW/ Lothar Ferstl)
Touristenattraktion: das wichtigste religiöse Wahrzeichen Myanmars, die Shwedagon-PagodeBild: picture-alliance/dpa

Noch ist es allerdings nicht so weit. Dass die Umsetzung solcher Strategien zu umwelt- und sozial verträglichem Tourismus nicht immer leicht ist, weiß Petra Thomas. Die Reiseveranstalterin hat sich auf nachhaltige Touren nach Myanmar spezialisiert. "Dort müssen wir häufig Kompromisse eingehen. Das gilt besonders dort, wo uns die lokale Infrastruktur Grenzen setzt. Wir können zum Beispiel noch nicht auf Inlandsflüge verzichten, da die Straßen in sehr schlechtem Zustand sind."

Wachsende Beliebtheit

Wenn Reiseveranstalter wie Petra Thomas jedoch ihre Urlauber in Privatunterkünften unterbringen oder ihnen Einblick in Familienbetriebe vor Ort gewähren, dann kommt das bei immer mehr Menschen in Deutschland gut an. Tourismusexperte Edgar Kreilkamp von der Leuphana Universität Lüneburg bestätigt: "Das Interesse an nachhaltigen Reisen wächst von Jahr zu Jahr und hat über das Thema Klimawandel nochmal einen starken Schub bekommen."

Aus den Ergebnissen einer aktuellen Analyse zum Reiseverhalten der Deutschen, herausgegeben von der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR), wird deutlich, dass derzeit ein Drittel der Deutschen darauf achtet, Reisen zumindest teilweise nachhaltig zu gestalten. "Ihnen geht es darum, die Umwelt nicht nutzlos zu ruinieren und sorgsam mit seinen Mitmenschen umzugehen. Das entspricht ihrer persönlichen Wertvorstellung", erklärt Martin Lohmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter der FUR. Allerdings müsse zunächst einmal der Preis stimmen. Erst im zweiten Schritt ziehe der Kunde das  Produktmerkmal der Nachhaltigkeit hinzu. Lohmann fordert daher: "Nachhaltiges Reisen sollte für viele Menschen erschwinglich sein. Massentourismus und Nachhaltigkeit stehen nicht in einem Widerspruch, sie sollten vielmehr miteinander verknüpft werden."

Eine Urlauberin lässt sich in einer Sänfte zu einem Touristenziel tragen (Foto DW/Lothar Ferstl)
Wegen der Öffnung des Landes strömen immer mehr Touristen nach MyanmarBild: picture-alliance/dpa

Welche Konturen ein nachhaltiger Tourismus in Myanmar künftig annimmt, wird sich bereits im nächsten Jahr zeigen. Denn anhand der Richtlinien der "Responsible Tourism Policy" soll bis zum Frühjahr 2013 ein "Masterplan" mit konkreten Maßnahmen erarbeitet werden.