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Politik

Trump droht WHO mit endgültigem Austritt

19. Mai 2020

Inmitten der Corona-Pandemie erhöht der US-Präsident den Druck auf die Weltgesundheitsorganisation. Die WHO sei eine Marionette Chinas, so Donald Trump. Das Missmanagement sei verantwortlich für die vielen Corona-Toten.

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USA PK Donald Trump
Bild: Reuters/K. Lamarque

US-Präsident Donald Trump hat in einem Brief an WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus seine Kritik an der Organisation deutlich verschärft - und diese zugleich gewarnt: Sollte sich die Weltgesundheitsorganisation innerhalb der kommenden 30 Tage nicht zu "wesentlichen Verbesserungen" in ihrer Arbeit verpflichten, werde seine Regierung Zahlungen endgültig stoppen und die Mitgliedschaft der USA in der Organisation "überdenken", heißt es in dem Schreiben, das Trump auf Twitter veröffentlichte.

Schon Mitte April hatte Trump die Zahlungen an die WHO weitgehend eingestellt und angekündigt, dass seine Regierung untersuchen werde, welche Rolle die WHO bei dem Missmanagement in der Corona-Krise gespielt habe. Eine Maßnahme, die auf internationale Kritik stieß. Die Ergebnisse der Überprüfung hätten nun viele seiner Bedenken bestätigt, erklärte Trump in dem Brief. So wirft der US-Präsident der Sonderorganisation der Vereinten Nationen "gravierende Mängel" im Umgang mit dem Ausbruch der unzähligen Infektionen in China und der anschließenden Eindämmung der Pandemie vor.

Ein "trauriger Job" der WHO

Die Weltgesundheitsorganisation habe Berichte von Fachleuten ignoriert und habe keine Untersuchungen veranlasst, die die Angaben der chinesischen Regierung in Frage stellten. Die WHO sei eine Marionette Chinas. "Sie sind China-zentriert, um es freundlicher auszudrücken", sagte Trump im Weißen Haus. Die Organisation habe in der letzten Zeit einen "sehr traurigen Job" gemacht. "Es ist klar, dass die wiederholten Fehltritte, die Sie und Ihre Organisation sich bei der Reaktion auf die Pandemie geleistet haben, die Welt extrem teuer zu stehen gekommen sind", erklärte er an Tedros gerichtet. 

Die Regierung in Washington habe bereits Gespräche über eine Reform der Organisation gestartet. "Aber es muss schnell gehandelt werden. Wir haben keine Zeit zu verlieren", erklärte Trump. Er könne nicht zulassen, dass das Geld der amerikanischen Steuerzahler einer Organisation zugute komme, die nicht amerikanischen Interessen diene.

"Konsequentes Durchgreifen" 2003 

Als positives Beispiel nannte Trump den Umgang mit der SARS-Epidemie im Jahr 2003. Die damalige WHO-Generaldirektorin Gro Harlem Brundtland habe sich durch ein konsequentes Durchgreifen, rechtzeitige Reisebeschränkungen und öffentlicher Kritik am Umgang Chinas mit Whistleblowern und zensierten Medien ausgezeichnet. Viele Leben hätten gerettet werden können, wäre Tedros ihrem Beispiel gefolgt, meinte Trump. 

Obdachlose in der Pandemie

Kritiker in den USA halten dem Präsidenten vor, einen Sündenbock zu suchen, um von seinem Zögern zu Beginn der Corona-Krise abzulenken. In den USA erreichte die Zahl der Toten nach einer Corona-Infektion inzwischen einen Wert, mit dem einige Wissenschaftler noch vor wenigen Wochen erst im Hochsommer gerechnet hatten: Nach Angaben der Universität Johns Hopkins starben bereits mehr als 90.000 Menschen nach einer Infektion. Mehr als 1,5 Millionen Infektionen sind nachgewiesen.

"Wichtiges Zeichen der Geschlossenheit"

Ungeachtet der Schelte des US-Präsidenten sprachen die 194 Mitgliedsländer der WHO ihr Vertrauen aus. Mit einer Entschließung verlangten sie zum Abschluss ihrer Jahrestagung einen "weltweiten, zeitnahen und gerechten Zugang" zu Impfstoffen und Medikamenten gegen die Krankheit COVID-19, die durch das Virus ausgelöst werden kann. Ärmere Länder haben Sorge, dass die reichen Staaten zunächst nur ihre eigene Bevölkerung bedienen. Bundesaußenminister Heiko Maas lobte den Beschluss als großen Erfolg und als "wichtiges Zeichen unserer internationalen Geschlossenheit".

Mit der Resolution wird auch eine unabhängige Untersuchung verlangt, wie die Welt und die WHO auf die Corona-Bedrohung reagiert haben. Weder die USA noch China erhoben Einsprüche. Allerdings distanzierten sich die Vereinigten Staaten später von einigen Formulierungen des Papiers. Darunter war die Forderung nach einem freiwilligen Pool für Patente. Damit soll verhindert werden, dass Pharmafirmen Corona-Medikamente rechtlich schützen, die Herstellung einschränken und Profit daraus schlagen. Die USA hätten Sorge, dass solche Formulierungen "die Fähigkeit der Länder beeinträchtigen könnte, Anreize für die Entwicklung neuer Arzneimittel zu schaffen", teilte die US-Delegation mit. Ein grundsätzlicher Einwand kam von Ärzte ohne Grenzen. Die Resolution basiere allein auf Freiwilligkeit und lasse sich daher auch nicht durchsetzen, erklärte die Nichtregierungsorganisation.

Das Budget der in Genf ansässigen WHO besteht nach eigenen Angaben zu weniger als einem Viertel aus den verpflichtenden Beiträgen der Mitgliedsstaaten. Die USA sind in diesem Kreis der größte Zahler: Für die Jahre 2020 und 2021 sind jeweils fast 116 Millionen Dollar fällig. Chinas Beitrag liegt für diese beiden Jahre bei jeweils rund 57 Millionen Dollar.

Die Höhe der Mitgliedsbeiträge hängt laut WHO von der Bevölkerungsgröße und dem Wohlstand des Landes ab. Hinzu kommen freiwillige Beiträge, die sich im Fall der USA laut WHO in den Jahren 2018 und 2019 auf insgesamt mehr als 656 Millionen Dollar beliefen. 

sam/wa (afp, dpa)