Nach US-Wahlen: Iran sucht Nähe zu Trumps Verbündeten
9. November 2024Ab Januar 2025 will Donald Trump für weitere vier Jahre das Ruder im Weißen Haus übernehmen. Seine erste Amtszeit markierte allerdings den Tiefpunkt der iranisch-amerikanischen Beziehungen. Der Iran sehe dabei "eine Gelegenheit zur Neubetrachtung der fehlgeleiteten Politik der Vergangenheit", sagt Esmaeil Baghaei, Sprecher des iranischen Außenministeriums. In einer ersten Reaktion auf den Ausgang der US-Wahlen sagte Baghaei am Donnerstag (07.11): "Wir haben sehr schlechte Erfahrungen mit der Politik und Vorgehensweise der US-Regierungen in der Vergangenheit gemacht."
Die Beziehungen zwischen den USA und dem Iran sind seit vier Jahrzehnten ohnehin äußerst angespannt. Zu den Streitpunkten bis heute zählen unter anderem das umstrittene iranische Atomprogramm sowie die Feindschaft zwischen dem Iran und Israel, einem Verbündeten der USA, im Nahen Osten.
Noch am Montag (11.11.) drohte Israels neuer Verteidigungsminister Israel Katz mit Angriffen auf die iranischen Atomanlagen. "Wir haben die Möglichkeit, unser wichtigstes Ziel zu erreichen, die existenzielle Bedrohung des Staates Israel zu vereiteln und zu beseitigen", schrieb Katz nach seinem ersten Treffen mit dem israelischen Generalstab auf der Plattform X.
Als Vermittler stehen nämlich die USA zwischen beiden Fronten. 2018 kündigte der damalige US-Präsident Trump das Atomabkommen mit dem Iran. Diese multilaterale Vereinbarung war nach zwölf Jahren internationalen Verhandlungen zustande gekommen. Trump wollte einen "besseren Deal" erzielen als seine Vorgängerregierung. Kurz vor Ende seiner Amtszeit ordnete Trump 2020 die Tötung des iranischen Generals Kassem Soleimani durch einen Drohnenangriff in der irakischen Hauptstadt Bagdad an. Soleimani war ein ranghoher Kommandeur der Revolutionsgarden und verantwortete die Spezialeinsätze im Ausland.
Gespräche über Drittparteien?
Der Ton gegenüber Teheran war schon im Wahlkampf zwischen Trump und seiner demokratischen Gegenkandidatin Kamala Harris rau gewesen. Trump beschuldigte die iranische Führung, Anschlagspläne gegen ihn zu schmieden, und hatte dem Iran mit Vernichtung gedroht. Wiederholt kritisierte der Republikaner den amtierenden US-Präsident Joe Biden, gegenüber dem Iran zu schwach zu sein. Unter seiner Führung, so Trump, würde sich alles ändern.
"Es ist wichtig, die Iran-Politik von Donald Trump realistisch zu betrachten", sagt Sanam Vakil, Direktorin des Nahost-Nordafrika-Programms beim britischen Thinktank Chatham House. "Trump versucht, Irans regionale und nukleare Aktivitäten einzudämmen und durch maximalen wirtschaftlichen Druck eine Verhaltensänderung zu erzwingen." Teheran werde sich bei der Kommunikation mit der neuen US-Regierung auf informelle Kanäle stützen. "Katar spielt eine wichtige Rolle bei der Vermittlung dieser Absicht", so Vakil im DW-Interview.
Trump macht Hoffnung auf Frieden im Nahost
Im Wahlkampf betonte Trump wiederholt seine Position, den Iran daran zu verhindern, Atombomben zu bauen. Washington müsse eine Einigung mit dem Iran erzielen, um dessen Atomprogramm zu stoppen, sagte er im September. Mitte Oktober sagte er in einem Interview mit dem Sender Al-Arabiya, dass Frieden im Nahen Osten möglich sei, wenn er die Wahl gewinne.
Dabei verwies er auf die Abraham-Abkommen, die während seiner Amtszeit unterzeichnet wurden. Die haben die Beziehungen zwischen Israel und mehreren arabischen Staaten normalisiert. Die Abraham-Abkommen bezeichnete Trump als seine größte außenpolitische Errungenschaft und als Grundstein für einen möglichen Frieden im Nahen Osten. Nun wolle er auch den Iran mit mindestens einem Dutzend weiterer Länder in die Abraham-Abkommen einbeziehen.
"Donald Trump möchte als Friedenstifter in seine nächste Amtszeit starten. Doch bis zu seinem Amtsantritt im Januar kann noch viel passieren", sagt Farzan Sabet vom Global Governance Centre im schweizerischen Genf gegenüber der Deutschen Welle. Der Experte für Sicherheitsfragen im Nahen Osten sagt, dass angesichts der jüngsten Eskalationen zwischen dem Iran und Israel die Spannungen zwischen den USA und dem Iran weiter zugenommen hätten.
"Donald Trump als Präsident würde viele Optionen haben, um massiven Druck auf den Iran auszuüben", so Sabet. "Neben weiteren Sanktionen könnten gezielte militärische Aktionen und die Stärkung Israels und sunnitischer arabischer Staaten dazugehören, um dem Iran entgegenzuwirken. Das außenpolitische und nationale Sicherheitsteam der künftigen Regierung würde voraussichtlich von bekannten Iran-Hardlinern geleitet werden, die nicht verhandlungsbereit sind. Um direkt mit Präsident Trump zu verhandeln, müsste die iranische Führung zunächst diese Barriere überwinden."
Saudi-Arabien als Vermittler?
Schon seit Monaten wurde ein mögliches Comeback von Donald Trump im Iran diskutiert. Im Juni 2024, als der neue Präsident im Iran gewählt wurde, thematisierte der spätere Gewinner Massud Peseschkian die Möglichkeit von Trumps Rückkehr ins Weiße Haus. Schon im Wahlkampf hatte er seinen Mitstreitern vorgeworfen, keine Pläne für einen Sieg Trumps zu haben. Er wolle dagegen Experten und Trump-Kenner engagieren, um mit ihm umzugehen.
Diese Woche sagte Peseschkian der Agentur Irna, das Wahlergebnis in Washington mache "keinen Unterschied" für den Iran. Er werde "der Entwicklung der Beziehungen zu anderen islamischen Ländern und den Nachbarstaaten" Priorität einräumen.
Der Iran bemüht sich derzeit intensiv um die Normalisierung seiner Beziehungen zu Saudi-Arabien. Unter chinesischer Vermittlung hatten der Iran und Saudi-Arabien Ende 2023 diplomatische Beziehungen wieder aufgenommen. Der iranische Außenministers Abbas Araghchi war Anfang Oktober in Riad zu Besuch und traf den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman.