Gas aus dem Irak für Europa
6. Juli 2009Das europäische Gaskonsortium Nabucco, das von der Europäischen Union unterstützt wird, glaubte sich im Mai 2009 schon einen wichtigen Schritt weiter. Der Chef von Nabucco, Reinhard Mitscheck, präsentierte seinen Plan, zusammen mit arabischen Energiekonzernen Gas aus dem kurdischen Norden des Iraks nach Europa zu importieren. Damit soll die transkontinentale Pipeline Nabucco gespeist werden, die von 2014 an Gas aus nicht-russischen Quellen nach Europa liefern soll. Einen Tag nachdem das Projekt mit der teil-autonomen kurdischen Region verkündet wurde, machte die irakische Zentralregierung dem europäischen Gaskonsortium einen Strich durch die Rechnung.
Das Gas könne zwar aus dem Irak kommen, hieß aus Bagdad, es dürfe aber nicht aus kurdischen Quellen im Norden stammen, sondern müsse auf dem Gasfeld Akkas im Süden des Landes gefördert werden. Das Ölministerium in Bagdad sieht sich für die Vermarktung der Energiequellen des Iraks als zuständig an. Die kurdische Autonomieregierung in Erbil sieht das anders. Jetzt muss Nabucco erneut verhandeln.
Iranisches Gasprojekt wackelt
Mit dem Iran hatte der österreichische Energiekonzern OMV bereits im April 2007 einen Kooperationsvertrag unterzeichnet. Danach wollte sich die OMV, die auch federführend im europäischen Nabucco-Konsortium ist, an der Erschließung eines Gasfeldes im Iran beteiligen. Jetzt droht die OMV aus dem Gasprojekt South Pars wieder auszusteigen. Die nationale iranische Ölgesellschaft dränge die Österreicher immer stärker in South Pars zu investieren. Die OMV zögert nach Angaben des Vorstandmitglieds Helmut Langaner aber noch. Notfalls müsse der Iran eben ohne die OMV auskommen, so Langaner gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Die Vereinbarung mit dem Iran sieht vor, eine Anlage zur Verflüssigung des Gases zu errichten. Das Gas soll dann per Tanker durch den Persischen Golf verschifft werden.
Russland schließt Verträge mit Aserbaidschan
Im stetigen Konkurrenzkampf um die Gasquellen der Zukunft zwischen Nabucco und Russland kann der Kreml wieder einen Erfolg vermelden. Nach russischen Medienberichten haben Russland und Aserbaidschan einen Liefervertrag abgeschlossen. Gas aus Aserbaidschan soll vom größten Gasfeld des Landes, Schah Denis, nach Russland verkauft werden. Um diese Gasreserven hatten sich auch die USA und die EU beim aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew bemüht. Die Einzelheiten des Liefervertrages wurden zunächst nicht bekannt. Der zuständige EU-Energiekommissar Andris Piebalgs erklärte, die russische Pipeline Southstream, die mit dem Gas aus Aserbaidschan befüllt werden könnte, stelle keine Gefahr für die Nabucco-Pipeline dar. Die beiden Systeme, die beide über Bulgarien bis nach Österreich geführt werden sollen, würden sich keine Konkurrenz machen.
NABUCCO startet Mitte Juli in Ankara
Energiekommissar Piebalgs kündigte an, dass die zwischenstaatliche Vereinbarung für den offiziellen Start von Nabucco Mitte Juli in der türkischen Hauptstadt Ankara unterzeichnet werden sollen. Österreich, Ungarn, Rumänien und Bulgarien wollen mit dem EU-Beitrittskandidaten Türkei entsprechende Verträge unterzeichnen. Die Türkei ist das wichtigste Transitland für die Gaspipeline Nabucco, die bis 2013 fertig sein soll. Die Türkei erhofft sich von ihrem Teilnahme an Nabucco auch neuen Schwung für die stockenden Beitrittsgespräche mit der Europäischen Union.
Insgesamt soll die über 3000 Kilometer lange Pipeline neun Miliarden Euro kosten, davon übernimmt die EU-Kommission rund 250 Millionen Euro. Langfristig soll Nabucco 31 Milliarden Kubikmeter Gas jährlich nach Europa pumpen. Anfangs werden 10 Milliarden Kubikmeter gebraucht. Noch ist das Nabucco-Konsortium auf der Suche nach potenten Lieferanten.
Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Andreas Ziemons