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Mubarak gegen Klinikaufenthalt in Deutschland

9. Februar 2011

Ägyptens Präsident Husni Mubarak kommt nicht zur medizinischen Behandlung nach Deutschland. Ein möglicher Weg zur Lösung der Krise ist damit versperrt. In Kairo gingen wieder Tausende gegen ihn auf die Straße.

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Mubarak im März 2010 in der Uniklinik Heidelberg (Foto:dpa)
Mubarak im März 2010 in der Uniklinik HeidelbergBild: picture-alliance/dpa

Es hätte ein vorzeitiger Abgang in Würde für Husni Mubarak werden können, aber der ägyptische Präsident will sich offenbar nicht in eine deutsche Klinik einliefern lassen. "Wir bedanken uns für das Angebot aus Deutschland, aber der Präsident braucht keine medizinische Behandlung", erklärte Mubaraks Vize Omar Suleiman in einem am Mittwoch (09.02.2011) veröffentlichten Gespräch mit Journalisten in Kairo.

Mubarak sei bei guter Gesundheit, sagte Suleiman. Es gebe keine Absprache mit Bundeskanzlerin Angela Merkel "über irgendetwas", zitierte die amtliche ägyptische Nachrichtenagentur MENA den Vizepräsidenten. Zugleich kritisierte Suleiman eine "ausländische Einmischung" in die inneren Angelegenheiten.

Mubarak (re) ernennt Suleiman Ende Januar zum Vizepräsidenten (Foto:AP)
Mubarak (r.) ernennt Suleiman Ende Januar zum VizepräsidentenBild: dapd

Berlin: Keine Anfrage aus Kairo

In Berlin bekräftigte Regierungssprecher Steffen Seibert die Position der Bundesregierung: Es habe wegen einer eventuellen Einreise Mubaraks nicht nur "keinerlei offizielle oder inoffizielle Anfragen bei der Bundesregierung gegeben … Es hat auch keinerlei offizielle oder nicht offizielle Angebote gegeben". Ein Sprecher des Auswärtigen Amts ergänzte, es habe auch keine Gespräche mit deutschen Kliniken zur Aufnahme von Mubarak gegeben.

Zuvor war in Medien unter Beteiligung von Politikern tagelang darüber spekuliert worden, der gesundheitlich angeschlagene Mubarak könnte sich für längere Zeit in ein deutsches Krankenhaus zurückziehen. Dies - so die Überlegungen - könnte für den 82-Jährigen ein guter Ausweg aus der politischen Krise in Ägypten sein: Er müsste nicht offiziell zurücktreten, wäre aber auch nicht mehr politisch aktiv. Mubarak war zuletzt vor knapp einem Jahr in Deutschland medizinisch behandelt worden: Damals wurde er in der Uniklinik Heidelberg an der Gallenblase operiert.

Tausende Demonstranten auf dem Tahrir-Platz in Kairo (Foto: dpa)
Tausende Demonstranten auf dem Tahrir-Platz in KairoBild: picture alliance/dpa

Demonstrationen gehen weiter

In Kairo setzten die Anhänger der Freiheitsbewegung ihre Demonstrationen fort, mit denen sie den Rücktritt Mubaraks erzwingen wollen. Den 16. Tag infolge versammelten sich tausende Regierungsgegner auf dem Tahrir-Platz im Zentrum Kairos. Protestaktionen gab es auch vor dem Sitz des Parlaments.

Auch in anderen ägyptischen Städten kam es wieder zu Protestaktionen. In der Oasenstadt Charga wurden bei Auseinandersetzungen zwischen Mubarak-Gegnern und Regierungskräften drei Menschen getötet. Für Freitag rief die Opposition zu einer neuen ägyptenweiten "Demonstration der Millionen" auf.

Vizepräsident Suleiman, bis vor kurzem noch Chef des Geheimdienstes, übte bei dem Treffen mit Medienvertretern auch scharfe Kritik an den Demonstranten. Sie handelten respektlos, wenn sie einen raschen Abgang Mubaraks forderten. Damit werde nicht nur der Präsident beleidigt, "sondern auch das ägyptische Volk". Mubarak sei ein "Held" des Krieges gegen Israel im Jahr 1973 gewesen.

Warnung vor Putsch

Die Regierung wolle die Forderungen der Demonstranten nach demokratischen Reformen in einem Dialog lösen und nicht die Polizei gegen "die ägyptische Gesellschaft" einsetzen, erklärte der Vize-Präsident. Die Alternative zu einem Dialog sei ein Putsch, und das würde hektische Entscheidungen und viel Unvernunft bedeuten. Auf Nachfrage der Journalisten sagte Suleiman, er spreche nicht von einem Militärputsch, sondern davon, dass "eine Macht, die nicht bereit ist für die Herrschaft", die staatlichen Institutionen umstürzen könnte. Vertreter der Opposition erklärten dazu, dies sei eine Drohung, das Kriegsrecht zu verhängen.

Gleichzeitig werden international die Forderungen nach einem wirklichen demokratischen Wandel am Nil lauter und drängender. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle sagte am Mittwoch im Bundestag, die Regierung in Kairo müsse ihren Worten nun Taten folgen lassen und den versprochenen Wandel auch einleiten. "Die Ankündigungen zählen wenig, sondern es zählen ausschließlich die Taten."

Klare Forderungen an Kairo

Außenminister Westerwelle und Bundeskanzlerin Merkel auf der Regierungsbank im Bundestag (Foto:dapd)
Außenminister Westerwelle und Bundeskanzlerin Merkel auf der Regierungsbank im BundestagBild: dapd

Westerwelle verlangte die Aufhebung des seit 30 Jahren bestehenden Ausnahmezustandes in Ägypten und ein Ende der offenen sowie verdeckten Einschüchterungen von Demonstranten und Journalisten. Außerdem forderte der Außenminister die Freilassung aller politischen Gefangenen und die unverzügliche Umsetzung der angekündigten Verfassungsreform.

Damit liegt Berlin auf einer Linie mit der Regierung in Washington. US-Vizepräsident Joe Biden mahnte am Dienstagabend in einem Telefongespräch mit Suleiman "sofortige Taten" an. Gemeinsam mit der Opposition müsse eine Strategie und ein Zeitplan für einen geordneten Übergang zur Demokratie entwickelt werden. Der Ausnahmezustand müsse "sofort" aufgehoben und "Festnahmen, Drangsalierungen und die Inhaftierung von Journalisten sowie politischen Aktivisten" sofort beendet werden, verlangte Biden.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warnte in New York davor, die Geduld des ägyptischen Volkes weiter auf die Probe zu stellen. Die Ägypter seien "deutlich frustriert" und verlangten "wagemutige Reformen".

Autor: Michael Wehling (dpa, rtr, dapd, afp)

Redaktion: Dirk Eckert / Martin Schrader