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PolitikEuropa

Morawiecki wirft Belarus Staatsterrorismus vor

10. November 2021

Im belarussisch-polnischen Grenzgebiet sitzen tausende Migranten fest. Beide Länder haben Soldaten in der Region stationiert. EU-Ratschef Michel spricht in Warschau mit Regierungschef Morawiecki.

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Charles Michel (l.) und Mateusz Morawiecki
EU-Ratschef Charles Michel (l.) und Mateusz Morawiecki, Ministerpräsident von PolenBild: Marcin Obara/PAP/dpa/picture alliance

EU-Ratschef Charles Michel sagte nach einem Treffen mit dem polnischen Regierungschef Mateusz Morawiecki, dass es aus rechtlicher Sicht möglich sei, "physische Infrastruktur" - also beispielsweise Zäune - zum Grenzschutz aus EU-Mitteln zu finanzieren. Dies habe eine Stellungnahme des juristischen Diensts des Europäischen Rats ergeben. Die Entscheidung darüber müsse jedoch die EU-Kommission treffen - und diese lehnt es bisher ab, Grenzzäune aus EU-Mitteln zu bezahlen.

Michel betonte, diese Frage solle schnell geklärt werden. Bereits beim EU-Gipfel im Oktober habe man dazu eine ausführliche Debatte geführt. Zuvor hatten zwölf EU-Staaten in einem Brief an die EU-Kommission gefordert, dass physische Grenzbarrieren zumindest in Teilen aus dem gemeinsamen Haushalt bezahlt werden sollten. Polen, Litauen und Lettland haben angesichts der zunehmenden Migration über Belarus in ihre Länder und somit in die EU bereits damit begonnen, Hunderte Kilometer Grenzzaun zu errichten.

"EU soll destabilisiert werden"

Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki übte anlässlich des Besuchs des EU-Ratspräsidenten scharfe Kritik an Belarus. Angesichts der angespannten Lage im Grenzgebiet warf er der Regierung in Belarus "Staatsterrorismus" vor. Die Ereignisse an der polnisch-belarussischen Grenze seien keine "Migrationskrise", sondern eine politische Krise mit dem Ziel, die EU zu destabilisieren.

"Es ist auch eine stille Rache Lukaschenkos für die Unterstützung der demokratischen Wahlen in Belarus im vergangenen August und für die Unterstützung der demokratischen Veränderungen, von denen wir hofften, dass sie stattfinden würden", sagte der Ministerpräsident weiter. Seit vielen Wochen würden Menschen aus dem Nahen Osten mit Flugzeugen nach Minsk geholt und in Richtung der Grenzen von Belarus zu Polen und Litauen gebracht.

Von der Leyen wirft Belarus "hybriden Angriff" vor 

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bekräftigte nach einem Gespräch mit US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus in Washington: "Wir teilen absolut die Einschätzung, dass es sich um einen hybriden Angriff eines autoritären Regimes handelt, mit dem versucht wird, demokratische Nachbarn zu destabilisieren." Von der Leyen sprach von einer Herausforderung für ganz Europa.

Die Kommissionspräsidentin betonte, die EU werde ihre Sanktionen gegen Belarus Anfang nächster Woche ausweiten. Sie sollen sich gegen rund 30 Luftfahrtgesellschaften, Reisebüros oder andere Verantwortliche richten, die Belarus bei der Schleusung unterstützen. Die Kommission arbeite in der Krise sehr eng mit Litauen, Lettland und Polen zusammen, so von der Leyen weiter. 

Druck auf Deutschland wächst

Im Grenzgebiet zwischen Belarus und Polen sitzen derzeit 2000 bis 4000 Migranten, viele von ihnen Kurden aus dem Irak, bei eisigen Temperaturen fest. Beide Länder haben Soldaten in dem Gebiet stationiert. Beobachter befürchten eine Eskalation der Lage. Die EU wirft dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, absichtlich Migranten aus dem Nahen Osten in die EU-Staaten Lettland, Litauen und Polen zu schleusen, um auf diese Weise Vergeltung für Brüsseler Sanktionsbeschlüsse zu üben.

Der Druck auf Deutschland und die anderen EU-Staaten in dem Konflikt wächst; die meisten Flüchtlinge wollen von Polen aus weiter nach Deutschland. Bundesaußenminister Heiko Maas hatte Lukaschenko zuvor bereits mit einer Ausweitung und Verschärfung der EU-Sanktionen gedroht. Die EU sei "nicht erpressbar", erklärte Maas. "All diejenigen, die sich an der gezielten Schleusung von Migrantinnen und Migranten beteiligen, werden wir sanktionieren." Lukaschenko warf er vor, er nutze die Flüchtlinge "als Geiseln für sein zynisches Machtspiel".

hf/se (dpa, kna, afp)