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Mookerji: "Vorsichtsmaßnahmen nötig"

Priya Esselborn23. August 2013

Wieder eine Gruppenvergewaltigung in Indien: Mehrere Männer fielen in Mumbai über eine 22 Jahre alte Fotografin her. Erst im Dezember 2012 hatte ein ähnlicher Fall für Entsetzen gesorgt.

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Die indische Journalistin Nivedita Mookerji aus Neu Delhi (Foto: privat)
Bild: Nivedita Mookerji

Die Deutsche Welle sprach mit der renommierten Journalistin Nivedita Mookerji, die für die Zeitung "Business Standard" in Neu Delhi arbeitet, über die Arbeitsbedingungen von Journalistinnen in Indien und die teilweise sensationsheischende Berichterstattung in den indischen Medien über die Vergewaltigungsfälle.

Deutsche Welle: Wie sicher sind Journalistinnen am Arbeitsplatz und wie gefährdet sind sie, wenn sie ihren Beruf ausüben?

Nivedita Mookerji: Ich würde nicht sagen, dass unsere Arbeit von Grund auf gefährlich ist, aber man muss Vorsichtsmaßnahmen treffen. Wir müssen es zum Beispiel vermeiden, nachts allein unterwegs zu sein. Aber fast alle meine Kolleginnen oder auch andere Journalistinnen, die ich kenne, gehen oft erst um zehn, elf oder auch nach Mitternacht nach Hause. Und es ist nicht so, dass wir alle überfallen und vergewaltigt würden. Aber es gibt tatsächlich immer wieder solche Fälle. Wir wissen, dass eine Stadt wie Delhi nicht sicher für Frauen ist und dass es vor allem in den Bussen gefährlich ist für Frauen, die U-Bahn ist sicherer. Da ist mehr Sicherheitspersonal, die U-Bahn wird besser überwacht und es gibt weniger Leute, die Frauen sexuell belästigen würden.

Welche Gefahren drohen Frauen in Indien im öffentlichen Nahverkehr, vor allem in Bussen am Abend oder in der Nacht?

Es sind weniger Menschen am Abend unterwegs, vor allem nach neun oder zehn Uhr. Wenn weniger Menschen an Bord sind, kann man angestarrt werden, man fühlt sich dann schon unsicher. Und wenn man aussteigt und nach Hause läuft, dann fühlt man sich auch unsicher, da die Straßen nicht gut beleuchtet sind. Es sind weitreichende Dinge, die einem passieren können, die von Belästigung oder einem Überfall bis hin zur Vergewaltigung reichen können. Aber man sollte nicht übertreiben, dies passiert nicht jeden Tag.

Als Journalistin muss man oft bis in den Abend hinein arbeiten oder sogar Nachtschichten machen. Gerade deshalb sagen viele in Indien, dass dies kein Beruf für Frauen sei. Wie reagieren die Arbeitgeber?

Inzwischen ist es so, dass fast überall Medienunternehmen Frauen nach zehn Uhr abends abholen bzw. nach Hause bringen. Auch wenn es etwas später wird, steht immer ein Fahrservice zur Verfügung. Und nach der Massenvergewaltigung im letzten Winter muss in jedem Auto auch ein Sicherheitsbeauftragter mitfahren. Man ist nicht allein. Und eine Frau ist niemals die letzte, die aussteigt. Der männliche Kollege muss nach ihr aussteigen.

Beim Fall der Gruppenvergewaltigung im vergangenen Dezember haben die Medien über jedes noch so kleine Detail berichtet, wie auch bei jedem weiteren neuen Fall. Es fehlte die Sensibilität gegenüber den Opfern. Haben die Medien daraus gelernt?

Ja, das stimmt, manchmal fehlt jegliche Sensibilität. Es ist auch nicht so, dass diese Vergewaltigungen ein neues Phänomen sind. Aber nach dem Fall im letzten Jahr, nach den Protesten, den vielen Aktionen wird jetzt mehr berichtet und oft eben auch sehr aggressiv. Und in den indischen Medien geht es immer nur um Quote, darum, einen Mitbewerber auszustechen. Und dann geht es eben nur um das Sensationelle und das ist falsch.

Doch was ist dann die Verantwortung der Medien? Können denn die Medien nicht auch einen Wandel herbeiführen, wie die Gesellschaft Frauen sieht?

Es gibt immer zwei Seiten der Medaille. Es ist doch zunächst einmal positiv, dass die Medien in Indien die gesellschaftliche Debatte aufgreifen und diese Themen bringen, vor allem Frauenthemen. Das hat auch die Politik dazu gezwungen, zu handeln. Früher erschienen solche Themen als Meldung versteckt auf Seite drei, heute erscheint eine solche Meldung auf der Titelseite. Und auch die Regierung, die Politiker, auch wenn es meist nur Lippenbekenntnisse sind, sind viel aktiver geworden. Heute hat es zum Beispiel wieder einen Aufruhr im Parlament gegeben.

Haben Sie denn eine Veränderung bemerkt?

Allgemein würde ich nicht sagen, dass sich etwas verändert hat. Denn diejenigen, die gebildet sind, vernünftig sind, besitzen eine gewisse Sensibilität im Umgang mit Frauen, die machen so etwas nicht. Und die anderen haben sich leider nicht dadurch verändert, dass jetzt in den Medien mehr über die Diskriminierung von Frauen berichtet wird beziehungsweise das Thema nach der Massenvergewaltigung nun im Mittelpunkt steht.