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Mladic wird an UN-Tribunal überstellt

27. Mai 2011

Ein Gericht in Belgrad hat entschieden, den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Ratko Mladic an den Internationalen Strafgerichtshof auszuliefern. Mladic ist in Den Haag wegen Völkermord angeklagt.

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Ratko Mladic (Foto: dapd)
Seit 1996 wurde Mladic international gesuchtBild: AP

Der 69-jährige Mladic sei gesundheitlich in der Verfassung, in Den Haag vor Gericht gestellt zu werden, sagte eine Richterin des zuständigen Untersuchungsgerichts in Belgrad am Freitag (27.05.2011). Alle Voraussetzungen seien erfüllt, Einwände wegen seines gesundheitlichen Zustandes nicht zutreffend.

Ratko Mladic als General (Foto: dapd)
Mladic soll für den Tod von 18.000 Menschen verantwortlich seinBild: AP

Mladic und sein Anwalt haben nun drei Tage Zeit, Berufung gegen die Entscheidung der serbischen Justiz einzulegen. Die Verteidigung kündigte den Schritt bereits an. Sollte der Antrag abgelehnt werden, könnte Mladic innerhalb weniger Stunden auf dem Weg in die Niederlande sein. Nach Angaben seines Anwalts benötigt Mladic medizinische Hilfe und sollte in seinem jetzigen Zustand nicht transportiert werden. Er forderte zudem die Untersuchung seines Mandanten durch eine unabhängige medizinische Kommission.

Mladic war am Donnerstag nach anderthalb Jahrzehnten auf der Flucht in Serbien verhaftet worden. Der als "Schlächter vom Balkan" bekannte Ex-General wurde 1995 vor dem Haager Tribunal für das ehemalige Jugoslawien wegen Völkermordes, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Bosnien-Kriegs (1992-1995) angeklagt. Seit 1996 wurde er international gesucht. Ihm werden die Belagerung Sarajevos mit rund 10.000 Toten und das Massaker in der bosnischen Stadt Srebrenica mit etwa 8000 Toten angelastet.

Verteidigung hält Mladic für nicht vernehmungsfähig

Festnahme von Ratko Mladic (Foto: dapd)
Mladic bei seiner Festnahme am DonnerstagBild: dapd

Die Staatsanwaltschaft erklärte, man halte Mladics Gesundheitsprobleme für eine Taktik, um seine Auslieferung zu verzögern. Der Ex-General nehme viele Medikamente, habe aber sehr rational auf die Geschehnisse um ihn herum reagiert, sagte der stellvertretende Staatsanwalt Bruno Vekaric. Eine Sprecherin des Haager Tribunals sagte, man sei für die medizinische Betreuung von Mladics Leiden gerüstet.

Eine erste Vernehmung war am Donnerstagabend schon nach kurzer Zeit abgebrochen worden. Mladic sei "psychisch und körperlich" in schlechter Verfassung und habe daher nicht mit dem Gericht kommunizieren können, hatte sein Anwalt erklärt.

Mladic Sohn Darko und seine Ehefrau Bosiljka Mladic (Foto: DAPD)
Mladic Sohn Darko und seine Ehefrau Bosiljka MladicBild: AP

Im Falle einer Auslieferung an das UN-Tribunal wolle sich Mladic nicht schuldig bekennen, kündigte sein Sohn Darko nach einem Besuch im Gefängnis an. Zum Gesundheitszustand seines Vaters sagte er: "Ich bin kein Arzt, aber meiner Meinung nach ist er im Moment nicht fit". Mladic sei zu krank, um an das UN-Tribunal in Den Haag ausgeliefert zu werden. "Ihm geht es sehr schlecht. Sein rechter Arm ist halb gelähmt, seine rechte Seite teilweise taub", so Darko Mladic.

Details von der Festnahme

Lazarevo im Nordosten Serbiens (Foto: DAPD)
Lazarevo im Nordosten Serbiens - hier hat Mladic gewohntBild: dapd

Serbischen Medienberichten zufolge leistete Mladic bei seiner Festnahme keinerlei Widerstand und gab sich sofort zu erkennen. Wie die Zeitung "Blic" berichtete, waren in dem Haus in Lazarevo im Nordosten des Landes, in dem er sich aufhielt, nur einige seiner Cousins anwesend. Soldaten hätten sich dort nicht aufgehalten. An dem Einsatz waren "Blic" zufolge sowohl der Geheimdienst BIA als auch ein Spezialteam zur Verfolgung von Kriegsverbrechen beteiligt.

"Blic" und die Zeitung "Politika" veröffentlichten ein Foto des 69-Jährigen, das ihn mit einer Baseballkappe und stark gealtert zeigte. Die Zeitung "Vecernje novosti" zitierte einen Nachbarn, der sagte, er habe Mladic nach dessen Festnahme beim Anziehen geholfen. Demnach lag Mladic im Bett, als er gefunden wurde.

Autorin: Naima El Moussaoui (afp, rtr, dapd)

Redaktion: Thomas Grimmer