Mit Schlagstöcken gegen Tibeter-Protest
17. März 2011Bei Zusammenstößen zwischen der Polizei und tibetischen Demonstranten sind am Donnerstag (17.03.2011) in der südwestchinesischen Provinz Sichuan mehrere Menschen verletzt worden. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen versammelten sich rund 1000 Mönche und mehrere hundert Tibeter vor dem Kloster Kirti im Bezirk Aba zu einer Protest-Aktion. Damit reagierten sie auf den Tod eines jungen Mönchs. Dieser hatte sich am Mittwoch, dem dritten Jahrestag der anti-chinesischen Proteste in der Region, selbst angezündet. Er erlag später seinen Verletzungen.
Die Polizei ging mit Schlagstöcken gegen die Demonstranten in Aba vor. Es gab auch Festnahmen, berichteten Medien unter Berufung auf Exiltibeter. Die chinesische Armee habe das Kloster umstellt, berichtete ein Mönch, der im indischen Exil lebt. Auch das Mobilfunknetz wurde zeitweilig abgestellt.
Widersprüchliche Berichte
Der 21-jährige Mönch Phuntsog hatte sich am Mittwoch in der Provinz Sichuan offenbar aus Protest gegen die chinesische Regierung selbst in Brand gesetzt. Wie die in New York ansässige Menschenrechtsorganisation "Campaign for Tibet" berichtete, starb er noch am selben Tag an seinen schweren Verletzungen. Inzwischen haben auch die chinesischen Behörden den Tod des Mönchs bestätigt. Es gibt jedoch unterschiedliche Angaben dazu, wie genau der junge Mann nach dem Selbstmordversuch starb.
Die Behörden machen Mönche verantwortlich. Diese hätten Phuntsog bis Donnerstagmorgen im Kloster Kirti versteckt, die Polizei hätte ihn daher nicht rechtzeitig ins Krankenhaus bringen können, sagte ein Sprecher der Behörden. Exil-Tibeter, die mit Bewohnern der Region gesprochen hatten, berichteten hingegen, dass Polizisten zunächst versuchten, die Flammen zu löschen. Doch dann hätten sie auf den Mönch eingeschlagen. Empört über die angebliche Misshandlung seien die Demonstranten seien daraufhin die Hauptstraße von Aba entlang marschiert. Zuvor hätten sie den verletzten Mönch ins Kloster gebracht.
Der Freitod des 21-Jährigen sowie die kürzlich bekannt gewordenen Rückzugspläne des Dalai Lama rücken die Spannungen in Tibet und in den von Tibetern bewohnten Regionen West-Chinas wieder in den Fokus. Die Tibeter fühlen sich in China politisch, kulturell und wirtschaftlich diskriminiert. Im Bezirk Aba in der Provinz Sichuan kommt es deshalb immer wieder zu Protestaktionen von Mönchen und Bürgern. Phuntsog ist bereits der zweite Mönch, der sich seit den antichinesischen Protesten in der tibetischen Hauptstadt Lhasa 2008 selbst anzündete. Die chinesische Polizei hat inzwischen eingestanden, damals vier Tibeter erschossen zu haben. Tibetische Exilgruppen sprechen von bis zu 39 Opfern.
Darf der Dalai Lama gehen?
Indes hat die exil-tibetische Regierung in Indien Angst, ihren politischen Führer zu verlieren. Der Dalai Lama hatte in der vergangenen Woche seinen Rückzug angekündigt. Der 75 Jahre alte Mönch und Friedensnobelpreisträger bat das Exilparlament im indischen Dharmsala, seiner Entscheidung offiziell zuzustimmen. Er wolle die politische Macht an einen Vertreter abgeben, der am Sonntag gewählt werden soll. Versuche des Exilparlaments, ihn zum Bleiben zu überzeugen, wies der Dalai Lama am Donnerstag zurück. Eine Mehrheit der 43 Parlamentsabgeordneten will nicht, dass der Dalai Lama zurücktritt. Sie fürchten, dieser Schritt könnte dem Kampf der Tibeter für mehr Freiheit schaden. Der Dalai Lama gilt als Integrationsfigur der Tibeter und wird als Kämpfer für ihre kulturelle und religiöse Autonomie verehrt.
China hat Tibet 1951 besetzt und kontrolliert seitdem die autonome Region sowie die anliegenden Provinzen, in denen viele Tibeter leben. In diesem Monat begangenen die Tibeter den Jahrestag des am 10. März 1959 blutig niedergeschlagenen Aufstands gegen China. In dessen Folge ist der politische und geistliche Führer der Tibeter, der Dalai Lama, aus dem Land geflohen. Seit 50 Jahren sitzt in Indien eine tibetische Exil-Regierung.
Autorin: Julia Hahn (mit dpa, dapd, afp)
Redaktion: Dirk Eckert