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Irlands künftiger Premier wirbt für EU

Martin Alioth 14. April 2008

Der künftige irische Premierminister Brian Cowen hat es nicht leicht: Kurz nach Amtsantritt stimmen die Iren über den Reformvertrag von Lissabon ab. Heikle Sache. Selbst Bundeskanzlerin Merkel eilt zu Hilfe nach Dublin.

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Julien Behal/PA Wire
Brian Cowen - ein volksnaher Typ. Kann er die Iren auch von der EU überzeugen?Bild: picture-alliance/dpa

Nur noch zwei Monate, dann stimmen die Iren in der wohl einzigen Volksabstimmung über den Reformvertrag von Lissabon ab. Eine unsichere Sache: Die Iren sind unberechenbar - zumindest wenn es um EU-Verträge geht. Als einziges Land ließ das Inselvolk bereits 2001 den Vertrag von Nizza in einem Referendum durchfallen.

Ausgerechnet kurz vor der neuen Abstimmung wirbelt ein kleiner Orkan durch die irische Innenpolitik: Der irische Premierminister Bertie Ahern tritt am 6. Mai wegen undurchsichtiger Geldgeschäfte vorzeitig zurück.

Brian Cowen – eine echte irische Seele

Der Neue im Amt des Premierministers wird Brian Cowen sein, der in der letzten Woche offiziell von seiner Parlamentsfraktion zum siebten Vorsitzenden der größten Partei Irlands, Fianna Fáil, gewählt wurde. In seiner ersten Pressekonferenz legte Cowen besonderen Wert auf seine irischen Wurzeln und begann seine Rede auf Irisch. Dabei gab er nicht bloß ein bisschen "cupla focal", also ein paar Brocken, zum Besten, sondern gleich ein paar Abschnitte.

Der 48-jährige Anwalt spricht fließend Irisch und ist damit der erste Regierungschef aus dem irischen Mittelland seit Menschengedenken. Kein Wunder, dass er deshalb auch den Patriotismus als Leitmotiv für seine Amtszeit als Taoiseach, als Regierungschef, wählte. In seiner Ansprache appellierte er außerdem an das kollektive Zusammengehörigkeitsgefühl, an Konsens und Kompromiss und das Gemeinwohl der Iren.

Irische Einigkeit auch auf politischer Ebene

Auch seine Partei, Fianna Fáil, verstand sich nie als ideologisch definierte Partei, sondern eher als nationale Bewegung. Cowen ist in erster Linie ein loyaler Parteimann, deshalb betonte er vor allem die Verpflichtung seiner Partei für einen glatten, würdigen Machtwechsel von Bertie Ahern auf ihn. Cowens Appelle wirken: Im Gegensatz zu früheren Flügelkämpfen ist die Partei dieses Mal geeint und die Zusammenarbeit mit grünen und liberalen Koalitionspartnern scheint ungefährdet.

AP Photo/John Cogill
2001 stimmten die Iren gegen den Vertrag von Nizza. Cowen war damals Außenminister. Als irischer Premier will er nun erst recht eine positive Abstimmung für den Reformvertrag von Lissabon erreichen.Bild: AP

Der neue Premierminister braucht eine gute politische Grundlage, denn bereits am 12. Juni wird Irland über den EU-Vertrag von Lissabon abstimmen. Die Erinnerung an das Scheitern der Abstimmung über den Vertrag von Nizza ist noch frisch – vor allem für Cowen, der damals irischer Außenminister war.

Der Reformvertrag von Lissabon: Die erste große Herausforderung für Cowen

Laut Cowen entscheiden die Iren im Juni nicht nur über den Vertrag, sondern auch über die irische Glaubwürdigkeit und Berechenbarkeit. Deshalb betonte er in seiner Rede auch noch einmal, wie wichtig der Vertrag für Irland sei.

Bei Nizza sei damals die Wahlbeteiligung einfach zu niedrig gewesen, das werde sich nicht wiederholen. Dieses Mal würden die Wähler die Vorlage unterstützen, denn die EU sei auch eine Voraussetzung für das Wohlbefinden Irlands.

Überzeugungshilfe für unentschlossene Iren

Ob diese Worte des künftigen Premiers auch bei den Iren auf Gehör stoßen, wird sich zeigen. Die Angst vor einem erneuten Scheitern sitzt tief, denn selbst die deutsche Bundeskanzlerin reist am Montag nach Dublin, um für den Reformvertrag von Lissabon zu werben.

Für die Iren steht trotzdem noch nichts fest bis auf die Tatsache, dass mit Cowen ein Mann ans Steuer kommt, der als hochintelligenter Pragmatiker und als hemdsärmliger Debattierer gilt. Er ist kein Politiker für hochfliegende Visionen und bleibt lieber auf dem Teppich, beziehungsweise auf dem Torf seiner heimatlichen Grafschaft Offaly. Vielleicht kann er gerade mit diesem bodenständigen, irischen Charme das Volk auch für den Reformvertrag überzeugen.