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Neue Technik gegen illegalen Fischfang

Leonore Kratz
13. Oktober 2016

Illegale Fischerei ist ein großes Problem vor den Küsten Westafrikas. Darunter leiden vor allem die lokalen Fischer. Eine neue Technologie könnte den Menschen dort helfen, ihre Fischernetze wieder zu füllen.

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Trwaler in Afrika (Copyright: Seyllou/AFP/Getty Images)
Die großen Trawler kommen aus Russland, China und der EU nach WestafrikaBild: Seyllou/AFP/Getty Images

Die 50-jährige Verkäuferin Lucie Ekema sitzt auf dem Fischmarkt im kamerunischen Limbe. Sie hat heute keine Ware anzubieten. Schuld daran seien chinesische Fischerei-Unternehmen, die jede Nacht heimlich vor der Küste Kameruns in See stechen, sagt sie. "Die Chinesen haben ihre Netze. Sie schmeißen sie ins Meer, und alle Fische verfangen sich darin, auch die kleinen." Für die lokalen Fischer bleibe am nächsten Morgen nichts mehr zu fangen.

In illegale Fischerei sind aber nicht nur chinesische Unternehmen verstrickt, weiß Pavel Klinckhamers, der in den Niederlanden für die Nichtregierungsorganisation "Greenpeace" arbeitet. Auch Trawler aus Russland und der EU mischten kräftig mit. Zwar hätten die Unternehmen legale Abkommen mit den westafrikanischen Staaten, gäben aber oft nur die Hälfte ihrer dort gefischten Ware zur Versteuerung an. Einige fischten auch in den Gewässern von Ländern, für die sie gar keine Erlaubnis haben, oder wilderten in umweltgeschützten Gegenden, wo seltene Fischarten leben. Aber auch afrikanische Flotten betrieben illegale Fischerei, sagt Klinckhamers.  

Den Schaden haben die lokalen Fischer, die kleinen Unternehmen und Verkäufer wie Lucie Ekema. Denn ihre Netze bleiben leer. Dadurch steigen die Fischpreise in den westafrikanischen Ländern. Und am Ende leiden auch die Bewohner, denen ihr wichtigster Proteinlieferant auf dem Teller fehlt.

Fischerei in Malawi
Leere Netze bereiten den Fischern SorgenBild: RIPPLE

Mit neuer Technologie den Trawlern beim Fischen zugucken 

Seit einem Monat gibt es eine neue Technologie, die das Problem der illegalen Fischerei entscheidend verändern könnte. Sie heißt "Global Fishing Watch". Es ist die weltweit erste Online-Plattform, mit der Menschen über das Internet die Routen von Trawlern verfolgen können, und zwar fast in Echtzeit. Für das Projekt haben sich drei sehr unterschiedliche Partner zusammengeschlossen: Die internationale Nichtregierungsorganisation (NGO) "Oceana" zum Schutz der Ozeane mit Sitz in Washington, die NGO "SkyTruth", die von West Virginia aus satellitenbasierte Technik zum Schutz der Umwelt einsetzt, und das US-amerikanische Unternehmen Google.

Megan Jordan von "Oceana" erklärt im DW-Interview, was Nutzer mit der Plattform anstellen können: "Es gibt Linien, die Bewegungen von Schiffen anzeigen, und Punkte, die Fischerei-Aktivitäten anzeigen. Man kann beispielsweise die Fahrten einzelner Frachter verfolgen oder die Bewegungen mehrere Frachter in bestimmten Gebieten ansehen." Dafür nutzt "Global Fishing Watch" öffentlich zugängliche Daten aus einem automatischen Identifikations­system (AIS). Ursprünglich wurde das Funksystem eingesetzt, um die Bewegung von Schiffen im Verlauf der Zeit aufzuzeichnen und Kollisionen zu verhindern. Jeden Tag kommen mehr als 20 Millionen Datenpunkte zum AIS dazu. Die "Global Fishing Watch" macht diese Daten nun mit einer drei-Tages-Verzögerung für jeden sichtbar.

Und die Besucherzahl der Plattform wächst: "Wir haben derzeit etwa 20.000 registrierte Benutzer", sagt Jordan. "Politiker, die prüfen wollen, ob Frachter in unerlaubten Gewässern fischen, Journalisten und Wissenschaftler, die den Einfluss der kommerziellen Fischerei auf unsere Ozeane erforschen, viele NGOs und Einzelpersonen, die sich um den Zustand der Weltmeere sorgen." Außerdem natürlich Fischer, die anhand von "Global Fishing Watch" zeigen könnten, dass sie sich an die Regeln halten.

Illegale Fischerei begünstigt Sklaverei und Drogenhandel

Doch was, wenn Fischer sich nicht an die Regeln halten? Klinckhamers, der für "Greenpeace" ein Projekt zur Fischerei-Regulierung an der westafrikanischen Küste leitet, weiß, dass die Crews der illegal fischenden Trawler die Aufzeichnung ihrer Daten leicht umgehen können. Denn wenn die Frachter sich aus dem AIS abmeldeten, seien sie auf dem Radar nicht mehr sichtbar, und damit auch nicht auf der "Global Fishing Watch".

Fischer in Mauretanien (Copyright: DW)
Die lokalen Fischer finden nicht mehr genügend Fische für ihren LebensunterhaltBild: DW

Auch was sonst noch an kriminellen Aktivitäten auf den Schiffen vor sich gehe, sei kaum kontrollierbar, sagt Klinckhamers. So hielten gerade asiatische Besatzungen oftmals Menschen sklavenähnlich auf den Frachtern fest und ließen sie zu schlechten Bedingungen bis zu zwanzig Stunden am Tag arbeiten. Außerdem sei bekannt, dass auf den illegal fischenden Trawlern gerne Drogen und Waffen geschmuggelt würden, nur fehlten die Beweise. "Menschen, die in Drogen- und Waffenhandel involviert sind, schrecken nicht davor zurück, andere Menschen umzubringen. Es ist sehr leicht, so etwas auf hoher See unbemerkt zu tun", sagt Klinckhamers. 

Die Hoffnung liegt in der Zusammenarbeit

Genau diese Themen - illegale Fischerei, Waffen- und Drogenhandel - besprechen afrikanische Regierungsvertreter derzeit in Togos Hauptstadt Lomé. Bis zum 15. Oktober wollen sie eine Charta zur maritimen Sicherheit entwerfen und unterschreiben. Für Klinckhamers das richtige Signal. Der Wissenschaftler betont, dass Westafrika dringend eine nachhaltige Reform der Fischerei-Gesetze benötige. "Alle anderen Teile der Weltmeere werden von Organisationen beaufsichtigt. Die Fischerei-Länder treffen sich und vereinbaren Regeln. Außerdem wird erforscht, wie viel Fisch gerade in den Meeren ist und wer was fangen darf." Nur in Westafrika fehle bisher ein solches Kontrollorgan.

Auch für Megan Jordan von "Oceana" liegt die Verantwortung letztendlich bei den einzelnen Ländern. Sie hoffe, dass die Plattform "Global Fishing Watch" Staaten dazu animiere, Fischerei besser zu regulieren und alle Schiffe zu zwingen, sich im AIS anzumelden. Denn bisher müssten sich in Europa nur Frachter und Trawler registrieren, die länger als 15 Meter sind.

Doch nicht alle westafrikanischen Länder haben Interesse an multilateraler Zusammenarbeit, sagt Pavel Klinckhamers. So wäre einige Staaten das schnelle Geld durch Fischerei-Abkommen wichtiger. Auch wenn dies langfristig leere Ozeane zur Folge habe.

Mitarbeit: Moki Kindzeka