Missing Sons: Ein Jahrhundert der Trauer
Die Ausstellung Missing Sons in der Bonner Kunsthalle zeigt, wie der Erste Weltkrieg die Kultur des Trauerns veränderte und bis heute prägt. Was den Angehörigen bleibt, sind Gedenksteine mit den Namen der Opfer.
Ein Krieg aufstrebender Industrienationen
Der Erste Weltkrieg zeigte ein noch nie dagewesenes Maß an Zerstörung. Die hochindustrialisierten Staaten konnten erstmals Waffen wie Industrieprodukte massenweise herstellen, so auch Giftgas. Diese deutschen Soldaten erwarten einen Giftgasangriff. Die fliegende Taube signalisiert, dass die Gefahr noch fern ist.
Tote ohne Gesicht
Die bis dahin nicht gekannte, überwältigende Kraft der Artillerie führte dazu, dass die Körper der Toten bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, ja ausgelöscht wurden - irgendwo auf den Schlachtfeldern fern der Heimat. Die Ausstellung Missing Sons in der Bonner Kunsthalle zeigt, wie der Erste Weltkrieg mit seinen 17 Millionen Toten die Kultur des Trauerns veränderte.
Tote ohne Namen
Das Beinhaus der Gedenkstätte Verdun in Frankreich beherbergt die sterblichen Überreste von 130.000 unbekannten französischen und deutschen Soldaten. Es ist eine Ironie der Geschichte: Im Tod sind die Knochen der einstigen Feinde für alle Zeiten untrennbar verbunden.
Die Trauer um die Söhne
18 Jahre alt war Peter Kollwitz, als er im Oktober 1914 in Flandern bei Ypern fiel. Seine Mutter, die deutsche Bildhauerin Käthe Kollwitz, sollte bis zu ihrem Tod 1945 das Motiv der Trauer um ihren Sohn wieder und wieder künstlerisch darstellen.
Wohin mit dem Schmerz?
Den Trauernden, den Eltern, blieben keine Gräber, an denen sie ihre Toten beweinen konnten. Was ihnen blieb, waren einzig die Namen der Gefallenen. So entstanden Soldatenfriedhöfe als Orte der Trauer. Das Bild zeigt den Grabstein von Peter Kollwitz im belgischen Vladslo.
Missing Sons
Rudyard Kipling galt seinerzeit als der bedeutendste britische Schriftsteller, 1907 erhielt er den Literaturnobelpreis. Zu Kriegsbeginn ermunterte er seinen Sohn John, in den Krieg zu ziehen – und bereute das zeit seines Lebens. John wurde 1915 als vermisst gemeldet, seine sterblichen Überreste nie gefunden.
Was bleibt, sind die Namen
Das Ehrenmal für die Kriegstoten des Ersten Weltkriegs auf dem Friedhof Tyne Cot bei Ypern in Belgien. Die zentralen Gedenksteine der Commonwealth War Graves Cemeteries tragen alle den alltestamentarischen Spruch, den Rudyard Kipling auswählte: "Ihre Namen leben für immerfort."
Orte der Trauer
Der Kult der Namen, der im Ersten Weltkrieg seinen Ursprung nahm, wurde zur Blaupause für die Trauer um Millionen Menschen, deren Leben ausgelöscht wurde. Das Bild links zeigt das Denkmal am sogenannten Umschlagplatz in Warschau, von dem aus die Züge in die Konzentrationslager rollten, das Bild links zeigt das Mémorial de la Shoah in Paris.
Gegen das Vergessen
Die Namen der rund 58.000 US-Soldaten, die im Vietnam-Krieg starben, sind in den glatt polierten Stein des Vietnam War Veterans Memorial eingraviert. Die Zahl der vietnamesischen Opfer des Krieges, der von 1964 bis 1975 tobte, geht in die Millionen.
Trauer fängt mit der Gewissheit an
Während der argentinischen Militärjunta 1976 bis 1983 ließen die Machthaber Zehntausende politische Gegner verschwinden. Ihre Mütter organisierten sich und demonstrieren bis heute jeden Donnerstag vor dem Präsidentenpalast auf der zentralen Plaza de Mayo in Buenos Aires. Sie verlangen Aufklärung über das Schicksal ihrer Kinder.
Das Massaker von Srebrenica
Das Bild zeigt ein Untersuchungsteam des UN-Kriegsverbrechertribunals bei der Exhumierung von Dutzenden muslimischen Opfern. 1995 hatten Serben rund 8.000 Jungen und Männer getötet und ihre Leichen in Massengräbern verscharrt.
Tote ohne Grab
Die Hälfte der Opfer des Terroranschlags vom 11. September 2001 ist spurlos verschwunden. Die Liste ließe sich mühelos fortschreiben. Heute wie vor 100 Jahren brauchen die Hinterbliebenen einen Ort, an dem sie trauern können.