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Missbrauch im US-Turnen: Ex-Trainer begeht Suizid

26. Februar 2021

Der ehemalige Erfolgstrainer John Geddert, gegen den im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal im US-Kunstturnen ein Ermittlungsverfahren läuft, hat sich kurz nach Erhebung der Anklage das Leben genommen.

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Gymnastik Coach John Geddert
Der ehemalige Turntrainer John GeddertBild: Greg DeRuiter/Lansing State Journal/USA Today Network/REUTERS

Dana Nessel, die Generalstaatsanwältin des US-Bundesstaates Michigan, bestätigte den Suizid am Donnerstag. "Mein Büro wurde darüber informiert, dass die Leiche von John Geddert am späten Nachmittag [Ortszeit, d.Red.] gefunden wurde", sagte Nessel: "Dies ist ein tragisches Ende einer tragischen Geschichte für alle Beteiligten."

Zuvor war bekanntgegeben worden, dass Geddert unter anderem wegen Menschenhandels und krimineller sexueller Handlungen angeklagt wurde. Insgesamt wurden 24 einzelne Punkte in der Anklageschrift gegen den 63-jährigen Geddert aufgeführt. Er hatte die US-Frauen bei Olympia 2012 in London zu Gold geführt.

"Verbaler, physischer und sexueller Missbrauch"

Geddert wurde eine große Nähe zum ehemaligen Teamarzt Larry Nassar vorgeworfen, einem überführten und verurteilten Sexualverbrecher, der wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger und des Besitzes kinderpornografischen Materials zu 165 Jahren Haft verurteilt worden war. Nassar arbeitete in einem Trainingskomplex, dessen Besitzer Geddert war.

"Bei diesen Vorwürfen geht es um verschiedene Arten von verbalem, physischem und sexuellem Missbrauch, begangen von dem Beklagten gegen verschiedene junge Frauen", schrieb Generalstaatsanwältin Nessel bei Twitter. Sie dankte den "Überlebenden, die mit uns bei den Ermittlungen kooperiert und mutig ihre Geschichte erzählt haben".

Geddert wusste von Nassars Taten

Geddert soll unter anderem Nassars Taten gedeckt und seine Athleten gezwungen haben, sich von dem Arzt behandeln zu lassen. Als im Jahr 2018 die Ermittlungen gegen ihn aufgenommen wurden, behauptete der Trainer jedoch, von Nassars Machenschaften nichts gewusst zu haben.

Eine ehemalige Turnerin, Rachael Denhollander, twitterte dagegen: "Gedderts Missbrauch war - wie so vieles - nie ein Geheimnis. Nie." Sie war 2016 die erste Frau, die Nassar öffentlich des sexuellen Übergriffs beschuldigt hatte: "In meinen Memoiren habe ich darüber geschrieben, dass ich sogar als Turnerin auf Vereinsebene im Jahr 2000 davon wusste. Denn wir müssen uns mit der Realität auseinandersetzen, dass es bekannt war, und niemand hat ihn aufgehalten. Stattdessen wurde er befördert und bekam immer mehr Macht."

Weitere sexuelle Übergriffe

Weder der ehemalige Trainer noch sein Anwalt hatten sich zu den am Donnerstag vorgebrachten Anklagepunkten geäußert. Zudem wurde Geddert zweier sexueller Übergriffe beschuldigt. In beiden Fällen geht es um namentlich nicht genannte Athletinnen im Alter von 13 und 16 Jahren.

Weiterhin habe Geddert laut Anklage Zwang und Androhung von Gewalt genutzt, um junge Sportler gefügig zu machen. Er habe die Sportler unter harten, teilweise unwürdigen Bedingungen arbeiten lassen. Dabei hätten die Athletinnen zum Teil Verletzungen erlitten.

asz/ck (SID, Reuters)

Die Deutsche Welle berichtet zurückhaltend über das Thema Suizid, da es Hinweise darauf gibt, dass manche Formen der Berichterstattung zu Nachahmungsreaktionen führen können. Sollten Sie selbst Selbstmordgedanken hegen oder in einer emotionalen Notlage stecken, zögern Sie nicht, Hilfe zu suchen. Infos zu Hilfsangeboten in Ihrem Land gibt es auf der Internetseite www.befrienders.org. In Deutschland hilft Ihnen die Telefonseelsorge unter den kostenfreien Telefonnummern 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222.