Sondersitzzung des Innenausschusses
17. Juli 2013Die 37 Mitglieder des Gremiums erwarten weitere Aufklärung über die flächendeckende Ausspähung deutscher Bürger durch den amerikanischen Geheimdienst NSA. Sie wollen wissen, was der Bundesinnenminister bei seinen Gesprächen in Washington am letzten Freitag erreicht und erfahren hat. "Wieso wurde Deutschland besonders in den Fokus genommen? Wieso wurde gerade die deutsche Bevölkerung ausspioniert?" fragte der FDP-Innenpolitiker Hartfried Wolff, vor Beginn der Sitzung. Für ihn sei klar, dass der Datenschutz auf eine bessere rechtliche Grundlage gestellt werden müsse. Darüber hinaus müsse die Kontrolle der Geheimdienste auch in Deutschland verbessert werden.
Die Obfrau der FDP-Fraktion im Innenausschuss, Gisela Piltz, fügte hinzu, die Liberalen könnten es nicht hinnehmen, dass jeden Tag gegen deutsches Grundrecht verstoßen werde. Sie erwarte, dass die Bundesregierung auch innerhalb der Europäischen Union für den Datenschutz der Bundesbürger eintrete und die Regierungen Großbritanniens und Frankreichs daran erinnere, dass "wir Freunde sind und ein solches massives Spähprogramm nicht dulden".
Alles nur Wahlkampf?
Rückendeckung erhielt Friedrich von den Abgeordneten der Union im Innenausschuss. Der Vorsitzende des Gremiums, Wolfgang Bosbach (CDU), rief die Abgeordneten dazu auf, die Sondersitzung nicht für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen. Er habe von den Kritikern keinen konkreten Vorschlag gehört, was der Innenminister bei seinem Besuch in den USA hätte anders machen können. Gleichwohl sprach sich auch Bosbach dafür aus, die massenhafte Ausspähung der Bundesbürger aufzuklären und Konsequenzen zu ziehen. Der Staat habe eine doppelte Schutzpflicht dem Bürger gegenüber. Er müsse seine Sicherheit gewährleisten, ihn gleichzeitig aber auch vor unbegründeter Ausspähung schützen. Es gehe darum, die richtige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit herzustellen.
Der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl unterstrich, dass der Bürger wegen der großen Fülle an Daten und der zahlreichen technischen Neuerungen derzeit nicht mehr Herr über seine Daten sein könne und der Staat die Daten seiner Bürger auch nicht mehr schützen könne. Trotzdem dürfe man datenschutzrechtlich nicht kapitulieren. Die Bundesregierung müsse gemeinsam mit den Staaten der Europäischen Union darüber beraten, wie man die Datenschutzsouveränität des Bürgers wieder herstellen und schützen könne.
Kritik von der Opposition
Heftige Kritik an Friedrich kam von den Abgeordneten der Opposition. Der SPD-Obmann im Ausschuss, Michael Hartmann sagte, Friedrich verheimliche vermutlich nichts vor den Parlamentariern, aber er wisse auch nichts. Das liege auch daran, dass er in den USA nicht entschieden genug nachgefragt habe. Teile der Bundesregierung agierten so, als sei der Ausspähskandal eine Lappalie. "Wir erwarten, dass unsere Freunde, die Vereinigten Staaten, erklären, dass sie jetzt und in Zukunft nicht mehr deutsche Bürger anlasslos auf deutschem Boden abhören werden", sagte Hartmann. Auch unter Freunden müsse man mitunter deutliche Worte geben. Dies habe der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder ( SPD) während des Irak-Krieges getan. Ähnlich müsse sich nun auch die Bundesregierung verhalten.
Der innenpolitische Experte der Grünen, Wolfgang Wieland, kritisierte, dass Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) nicht in den Innenausschuss gekommen sei. Sie habe mitteilen lassen, dass ihr Ressort keine Zuständigkeit für die Geheimdienste habe. Diese Erklärung könne er nicht akzeptieren, sagte Wieland. Auch Kanzleramtsminister Ronald Pofalla, zuständig für die Koordination der deutschen Geheimdienste, "schweigt und schweigt und schweigt". Er fürchte, dass die Bundesregierung weder den Willen noch die Kraft habe, den Skandal aufzuklären.
Supergrundrecht Sicherheit
Innenminister Friedrich war in der vergangenen Woche zu einem Kurzbesuch nach Washington gereist, um sich dort über die Ausspähung der Bundesbürger durch den amerikanischen Geheimdienst NSA informieren zu lassen. Am Montag hatte er dem geheim tagenden parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) über seine Gespräche berichtet. Im Anschluss an die Sitzung hatte er gegenüber Medienvertretern erklärt, Sicherheit sei ein "Supergrundrecht". Dies hatte bei politischen Gegnern und im Internet heftige Proteste ausgelöst.