Mini-Erde auf dem Weg ins All
18. Februar 2011Anzeige
Wer verstehen will, was in den Tiefen unseres Planeten geschieht, der muss paradoxerweise hoch hinaus. Denn im Weltall herrschen die besten Bedingungen, um den Magmafluss in unserer Erde zu erforschen. Und das Weltraumexperiment Geoflow II fliegt wörtlich ganz hoch: Seit Mittwochabend wird es mit dem europäischen Raumfrachter "Johannes Kepler" zur internationalen Raumstation ISS gebracht – wenn alles gut geht, wird der automatische Raumtransporter Ende Februar an der internationalen Raumstation andocken. Wenige Tage später kann dann das Experiment Geoflow II beginnen.
Doch was sich so spektakulär anhört, wirkt auf den ersten Blick enttäuschend klein. Denn die Mini-Erde Geoflow II ist nicht viel größer als ein Schuhkarton. Es gibt Elektromotoren, Schläuche und einen Hochspannungsgenerator, doch das Wichtigste an Geoflow II verbirgt sich inmitten dieses Gewirrs aus Schläuchen und Elektronik: Es ist ein kleine Metallkugel, die von einer großen Glaskugel umschlossen ist. Zwischen diesen Kugeln ist eine zähe Flüssigkeit eingefüllt – sie soll das Magma in unserer Erde simulieren.
Honigartige Flüssigkeit simuliert irdisches Magma
Das Besondere dabei: Die innere Kugel, die den Erdkern darstellt, wird beheizt, die äußere Glasschale als Erdmantel hingegen gekühlt. So entsteht ein Temperaturgefälle. Wie auch im Erdinneren beginnt dadurch die Masse zwischen Kern und Mantel zu fließen. "Wenn sie sich ein Honigglas vorstellen und sie halten an einer Seite dieses Glases ein Feuerzeug unter den Honig, dann schmilzt er ihnen an der Stelle auf, aber im Rest des Glases bleibt er fest", erklärt der Projektleiter Professor Christoph Egbers von der Brandenburgisch-Technischen Universität Cottbus das Prinzip. "Genau eine solche Art von Flüssigkeit nutzen wir hier auch in diesem Kugelschalenmodell."
Wie auch im Erdinneren kommt es durch das Temperaturgefälle zu Strömungen, Geophysiker sprechen dabei von Mantelkonvektionen. Aus Modellen ist bekannt, dass sich das Magma dabei pilzförmig ausfächert. Doch wie es sich wirklich verhält, lässt sich bisher nur indirekt beobachten, durch Experimente mit Erdbebenwellen etwa. Geoflow II soll das ändern.
Laserkamera dokumentiert Bewegung zwischen den Kugeln
Eine Laserkamera fotografiert deshalb die genauen Bewegungen in dem Modell, ein bis zweimal am Tag werden die Bilder in das Kontrollzentrum an der Universität Cottbus geschickt. Hier können die Forscher genau analysieren, wie die Masse zwischen den Kugeln fließt, welche Formen und Muster sich bilden. Und obgleich das Modell viel kleiner ist als unsere wirkliche Erde, lassen sich Parallelen zum Magmafluss im Erdinneren ziehen.
Dass die Forscher die Mini-Erde im Weltraum einsetzen und nicht direkt an der Uni Cottbus, hat einen einfachen Grund, wie Egbers sagt: "Im Weltraum gibt es keine Kräfte, die unser Experiment beeinflussen." Auf der Erde würde die Erdanziehung die Forschung unmöglich machen, denn die Flüssigkeit zwischen den Kugeln würde quasi einseitig nach unten gezogen, die Ergebnisse somit verzerrt. Auf der ISS hilft hingegen ein elektrisch erzeugtes Kraftfeld nach, dass gleichmäßig von allen Seiten wirkt. "So ein Kraftfeld ist notwendig, um ein künstliches Gravitationsfeld von Planeten wie der Erde zu simulieren", sagt Egbers.
Genauere Erkenntnisse über Erdbeben und Vulkanausbrüche
Schließlich wird die Mini-Erde noch in eine Art Kugellager gesetzt und rotiert: Rotation, elektrisch erzeugte Gravitation und Temperaturgefälle ermöglichen schließlich, dass die zähe Masse zwischen den Kugeln fließt.
Die Wissenschaftler um Christoph Egbers treibt dabei vor allem die reine Forschernatur: Sie wollen verstehen, was sich tief in unserem Planeten abspielt – denn anders als Erdoberfläche und Atmosphäre bleibt das Erdinnere unserem direkten Blick verborgen. Gerade einmal rund 13 Kilometer wurde bisher in die Erde hineingebohrt. Das klingt viel - ist aber nicht mehr als ein Kratzen an der äußeren Schicht, wenn man bedenkt, dass es von der Erdoberfläche bis zum Mittelpunkt unseres Planeten etwa 6300 Kilometer sind. Und angesichts der enormen Druck- und Temperaturverhältnisse wird wohl auch nie ein Mensch ganz nach unten vordringen.
Geoflow II bleibt bei der reinen Grundlagenforschung, doch natürlich ist ein praktischer Nutzen nicht ganz auszuschließen - beschäftigen sich die Wissenschaftler doch mit unserem Heimatplaneten. Und je genauer die Forscher verstehen, was in seinem Inneren passiert, umso genauer könnten beispielsweise auch Erdbebenprognosen werden, so die vorsichtige Hoffnung.
Autor: Thomas Gith
Redaktion: Theresa Tropper
Doch was sich so spektakulär anhört, wirkt auf den ersten Blick enttäuschend klein. Denn die Mini-Erde Geoflow II ist nicht viel größer als ein Schuhkarton. Es gibt Elektromotoren, Schläuche und einen Hochspannungsgenerator, doch das Wichtigste an Geoflow II verbirgt sich inmitten dieses Gewirrs aus Schläuchen und Elektronik: Es ist ein kleine Metallkugel, die von einer großen Glaskugel umschlossen ist. Zwischen diesen Kugeln ist eine zähe Flüssigkeit eingefüllt – sie soll das Magma in unserer Erde simulieren.
Honigartige Flüssigkeit simuliert irdisches Magma
Das Besondere dabei: Die innere Kugel, die den Erdkern darstellt, wird beheizt, die äußere Glasschale als Erdmantel hingegen gekühlt. So entsteht ein Temperaturgefälle. Wie auch im Erdinneren beginnt dadurch die Masse zwischen Kern und Mantel zu fließen. "Wenn sie sich ein Honigglas vorstellen und sie halten an einer Seite dieses Glases ein Feuerzeug unter den Honig, dann schmilzt er ihnen an der Stelle auf, aber im Rest des Glases bleibt er fest", erklärt der Projektleiter Professor Christoph Egbers von der Brandenburgisch-Technischen Universität Cottbus das Prinzip. "Genau eine solche Art von Flüssigkeit nutzen wir hier auch in diesem Kugelschalenmodell."
Wie auch im Erdinneren kommt es durch das Temperaturgefälle zu Strömungen, Geophysiker sprechen dabei von Mantelkonvektionen. Aus Modellen ist bekannt, dass sich das Magma dabei pilzförmig ausfächert. Doch wie es sich wirklich verhält, lässt sich bisher nur indirekt beobachten, durch Experimente mit Erdbebenwellen etwa. Geoflow II soll das ändern.
Laserkamera dokumentiert Bewegung zwischen den Kugeln
Eine Laserkamera fotografiert deshalb die genauen Bewegungen in dem Modell, ein bis zweimal am Tag werden die Bilder in das Kontrollzentrum an der Universität Cottbus geschickt. Hier können die Forscher genau analysieren, wie die Masse zwischen den Kugeln fließt, welche Formen und Muster sich bilden. Und obgleich das Modell viel kleiner ist als unsere wirkliche Erde, lassen sich Parallelen zum Magmafluss im Erdinneren ziehen.
Dass die Forscher die Mini-Erde im Weltraum einsetzen und nicht direkt an der Uni Cottbus, hat einen einfachen Grund, wie Egbers sagt: "Im Weltraum gibt es keine Kräfte, die unser Experiment beeinflussen." Auf der Erde würde die Erdanziehung die Forschung unmöglich machen, denn die Flüssigkeit zwischen den Kugeln würde quasi einseitig nach unten gezogen, die Ergebnisse somit verzerrt. Auf der ISS hilft hingegen ein elektrisch erzeugtes Kraftfeld nach, dass gleichmäßig von allen Seiten wirkt. "So ein Kraftfeld ist notwendig, um ein künstliches Gravitationsfeld von Planeten wie der Erde zu simulieren", sagt Egbers.
Genauere Erkenntnisse über Erdbeben und Vulkanausbrüche
Schließlich wird die Mini-Erde noch in eine Art Kugellager gesetzt und rotiert: Rotation, elektrisch erzeugte Gravitation und Temperaturgefälle ermöglichen schließlich, dass die zähe Masse zwischen den Kugeln fließt.
Die Wissenschaftler um Christoph Egbers treibt dabei vor allem die reine Forschernatur: Sie wollen verstehen, was sich tief in unserem Planeten abspielt – denn anders als Erdoberfläche und Atmosphäre bleibt das Erdinnere unserem direkten Blick verborgen. Gerade einmal rund 13 Kilometer wurde bisher in die Erde hineingebohrt. Das klingt viel - ist aber nicht mehr als ein Kratzen an der äußeren Schicht, wenn man bedenkt, dass es von der Erdoberfläche bis zum Mittelpunkt unseres Planeten etwa 6300 Kilometer sind. Und angesichts der enormen Druck- und Temperaturverhältnisse wird wohl auch nie ein Mensch ganz nach unten vordringen.
Geoflow II bleibt bei der reinen Grundlagenforschung, doch natürlich ist ein praktischer Nutzen nicht ganz auszuschließen - beschäftigen sich die Wissenschaftler doch mit unserem Heimatplaneten. Und je genauer die Forscher verstehen, was in seinem Inneren passiert, umso genauer könnten beispielsweise auch Erdbebenprognosen werden, so die vorsichtige Hoffnung.
Autor: Thomas Gith
Redaktion: Theresa Tropper
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