Milliarden für Flüchtlinge
24. Mai 2016Mit welchen Gesamtkosten rechnet die Bundesregierung?
Nach Medienberichten plant das Finanzministerium bis 2020 insgesamt rund 93,6 Milliarden Euro für die Flüchtlinge ein. In dieser Kalkulation sind Ausgaben für die Unterbringung und die Integration der Flüchtlinge enthalten, aber auch Gelder für die Bekämpfung von Fluchtursachen in Krisengebieten.
Wie viele Flüchtlinge kommen nach Deutschland?
Bei seiner Schätzung unterstellt das Finanzministerium, dass in diesem Jahr 600.000 Flüchtlinge nach Deutschland kommen, im nächsten Jahr 400.000 und in den Folgejahren jeweils 300.000.
Im vergangenen Jahr wurden im EASY-System des Bundes mehr als eine Million Flüchtlinge registriert. 477.000 von ihnen stellten einen Asylantrag.
Welche Leistungen bekommen Asylbewerber?
Das ist im Asylbewerberleistungsgesetz geregelt. Demnach steht jedem Asylbewerber das zu, was er zum Leben braucht, also etwa Nahrungsmittel, Kleidung, Medikamente und Haushaltsgeräte. In den sogenannten Erstaufnahmeeinrichtungen erhalten Alleinstehende dafür 135 Euro Taschengeld im Monat. Alternativ sind auch Sachleistungen möglich.
Wohnen die Asylbewerber nicht mehr in den Erstaufnahmeeinrichtungen, erhalten sie 354 Euro monatlich. Außerdem übernimmt der Staat die Miete und weitere Kosten.
Ohne Deutschkenntnisse keine Integration
Seit November 2015 dürfen Asylbewerber und Geduldete mit "guter Bleibeperspektive" an den Integrationskursen des Bundes teilnehmen. Die Kurse bestehen aus einem Sprachkurs mit 600 Unterrichtsstunden und einem Orientierungskurs mit 60 Stunden.
Am Ende sollen die Teilnehmer im Idealfall so gut Deutsch sprechen, dass sie eine Arbeit aufnehmen können. Allerdings gibt es vielerorts mehr Interessenten als freie Plätze in den Kursen. Nach der Berechnung des Finanzministeriums fallen bis 2020 für die Sprachkurse 5,7 Milliarden Euro an.
Hohe Kosten für Städte und Gemeinden
Die Kosten für die Versorgung der Flüchtlinge werden zwischen Bund und den Ländern aufgeteilt. Die Länder reichen das Geld an die Städte und Gemeinden weiter. Diese finanzieren dann etwa die Erstaufnahmeeinrichtungen, die Willkommensklassen in den Schulen oder die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge. Der Etat vieler Kommunen ist dadurch stark belastet.
Lastenteilung zwischen Bund und Ländern
Im vergangenen September sagte die Bundesregierung den Ländern pauschal 670 Euro pro Flüchtling zu. Diese Unterstützung wird fällig, solange die Flüchtlinge unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen. Diese Summe reicht aber bei Weitem nicht aus.
Die Länder wollen mehr Geld
Durch die 670 Euro würden nur maximal 20 Prozent der Kosten der Länder gedeckt, räumte Bundeskanzlerin Angela Merkel ein, als sie sich im April mit den Ministerpräsidenten der Länder traf. Das Verlangen der Länder und Kommunen nach einer fairen Lastenteilung sei daher berechtigt. Geht es nach den Ländern, soll der Bund 50 Prozent der Kosten übernehmen. Allerdings berechnen Bund und Länder die Kosten unterschiedlich. Endgültig geklärt werden soll diese strittige Frage auf einer Bund-Länder-Konferenz am 31. Mai.
Großstädte besonders belastet
Viele Flüchtlinge zieht es in die Ballungsräume und in die großen Städte, weil dort schon Landsleute leben oder weil sie sich bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt ausrechnen.
Die Hauptstadt Berlin etwa, die besonders knapp bei Kasse ist, rechnet in diesem Jahr mit 900 Millionen Euro Kosten für die Versorgung der Flüchtlinge. Der Berliner Senat hat in seinem Haushalt dafür aber nur 600 Millionen Euro eingeplant und hofft nun auf Hilfe vom Bund.
Muss der Bundesfinanzminister neue Schulden machen?
Wahrscheinlich nicht, denn die Steuereinnahmen in Deutschland steigen und gleichen die Mehrkosten für die Flüchtlinge aus. Nach der jüngsten Steuerschätzung können Bund, Länder und Gemeinden bis zum Jahr 2020 mit 42,4 Milliarden Euro höheren Einnahmen rechnen.
Damit werde die "schwarze Null" in diesem und im nächsten Jahr gehalten, hofft Finanzminister Wolfgang Schäuble, CDU. Der oberste Kassenwart der Nation ist stolz darauf, dass der Bund seit 2014 keine neuen Schulden mehr macht. Von diesem Kurs will er möglichst nicht abweichen. Das bedeutet aber auch, dass Steuerentlastungen für die Allgemeinheit nicht machbar sind. Dieser Spielraum entfällt durch die Mehrausgaben für Flüchtlinge.