Mexikos leiser Protest
Am Weltfrauentag haben Millionen Frauen in Lateinamerika gegen Machismo und Patriarchat lautstark demonstriert. In Mexiko gehen sie am Montag den entgegengesetzten Weg: Sie treten in landesweiten Generalstreik.
Mehr als zehn Frauenmorde pro Tag
In Lateinamerika ist Gewalt gegen Frauen ein riesiges Thema. Pro Tag werden in der Region mehr als zehn Frauen ermordet, nur weil sie Frauen sind. Die Bezeichnung für solche Morde "feminicidio" ist dort wesentlich gängiger als der deutsche "Femizid". In Mexiko schrieben Aktivistinnen am Sonntag zum Internationalen Frauentag die Namen von 3000 Femizid-Opfern auf den zentralen Platz der Verfassung.
"Ein Tag ohne uns"
Als Zeichen gegen die Gewalt setzen die Mexikanerinnen am Montag ihren Protest fort: Sie gehen nicht zur Arbeit, nicht einkaufen, lassen den Haushalt liegen. Nicht alle Mexikanerinnen wollen oder können sich anschließen, aber der Blick am Montagmorgen in einen der exklusiven Frauenbusse in Mexiko-Stadt zeigt, dass viele sich dem stillen Protest anschließen.
Wachsendes Bewusstsein
Gewalt an Frauen geschehe nicht nur auf der Straße oder in Organisationen, sondern gerade auch im privaten Bereich, sagte am Montag die Soziologin Claudia Lozano in DW-TV. Gerade mit Blick auf häusliche Gewalt erklärte Lozano die Rolle solcher Proteste: "Die Frauenbewegung hat aus einem privaten ein öffentliches Problem gemacht." Und das nicht nur in Mexiko.
"Der Vergewaltiger bist du"
Laut Organisatoren demonstrierten am Weltfrauentag in Chile zwei Millionen Menschen. Doch damit nicht genug. Statt still zu Hause zu bleiben, haben die Chileninnen sich am Montagvormittag erneut versammelt. Am Abend wollen sie Töpfe trommelnd durch die Straßen ziehen. Zu den Wortführern gehört die Künstlergruppe LasTesis mit ihrem Lied "Der Vergewaltiger bist du".
Gegen Patriarchat und Präsident
Eher klein wirken da die vier- bis fünfstelligen Teilnehmerzahlen in Brasiliens Metropolen. Ein Ausdruck stärkerer Frauenrechte ist das nicht. Auch wenn es inzwischen härtere Gesetze gegen häusliche Gewalt oder Femizide gibt, hat sich das Frauenbild der Gesellschaft kaum geändert. Ein Indiz dafür ist die Wahl von Präsident Bolsonaro, der mehrfach durch frauenverachtende Sprüche aufgefallen ist.
Für legale Abtreibung
Eine zentrale Forderung feministischer Proteste ist die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Etwa ein Drittel aller Schwangerschaften in Lateinamerika wird frühzeitig beendet. Hundertausende Frauen werden wegen Komplikationen nach einer Abtreibungen behandelt, auch weil sie wegen des Verbots nicht professionell durchgeführt wurden. Ein Recht auf Abtreibung ist allerdings keineswegs Konsens.
Ja zum Leben
Parallel zu den Demonstrationen zum "Internationalen Tag der Frauen", feierten am Sonntag mehrere Tausend Argentinier eine Messe mit dem Erzbischof von Buenos Aires: Unter dem Motto "Sí a la vida" - "Ja zum Leben" - wandten sie sich gegen den Gesetzesvorschlag von Präsident Alberto Fernández, nach dem eine Abtreibung in den ersten Schwangerschaftswochen erlaubt sein soll.
"Nicht eine weniger"
In Argentinien hat auch "Ni una menos" - "Nicht eine weniger" - ihren Ursprung. Die feministische Bewegung hat sich mittlerweile über ganz Lateinamerika ausgebreitet. Sie setzt sich insbesondere gegen sexistische Gewalt gegen Frauen ein. In mehreren lateinamerikanischen Ländern stellt diese mittlerweile einen eigenen Straftatbestand dar.